Monika Wagner hat eine Kunstgeschichte des zwanzigsten Jahrhunderts geschrieben, die überaus kenntnisreich und spannend die Geschichte der Kunst aus der Perspektive der Materialien neu erzählt. Die Gretchenfrage des unverständigen Kunstkonsumenten: "was soll das alles?" versucht das Buch umsichtig und anschaulich zu beantworten. Es beschreibt, inwieweit ein Künstler, der bisher diskriminierte und nicht für kunstwürdig befundene Stoffe bearbeitet, mit seinem Werk pointierte Aussagen über den Zustand der Gegenwart trifft. Und es zeigt, dass moderne Bilder mehr denn je, auch "Denkbilder" von elementarer Eindringlichkeit sind. Unbestritten ist Joseph Beuys der Künstler, der, so Monika Wagner, "wesentlich dazu beigetragen hat, die Materialität eines Kunstwerks überhaupt ins Bewußtsein zu heben". Fett und Filz, mit denen er ab 1963 gearbeitet hat, sind die beiden Materialien, mit denen er hitzige Debatten in Gang setzte. Die symbolische Dimension von Fett und Filz ist weitreichend. Die Stoffe sind in der Bearbeitung verwandlungsfähig wie das formbare Plastik. Anders aber als das Industrieprodukt, das die Spuren der Arbeit nicht zeigt, besitzen sie eine geradezu archaische Stofflichkeit. Fett ist ein Grundnahrungsmittel, das im zweiten Weltkrieg nach Plan bewirtschaftet wurde. Es ist für Beuys zugleich ein organischer, wie ein abstrakter Wert, mit dem alles verrechnet werden kann. Fett ist, so Monika Wagner, die besondere Beuyssche Maßeinheit, die in seinem Werk dem Messen des Nährwerts einer Speise in Kalorien entspricht. Auch Filz birgt eine historische Tiefendimension. Der unverwüstliche Werkstoff hatte von der Lazarettdecke bis zur Feldflasche im zweiten Weltkrieg seinen bevorzugten Einsatz. "Am Filz klebt die ganze Schwere des Krieges und zugleich etwas Rettendes" kommentiert Wagner die Bedeutung des Filzes.
Monika Wagner ordnet ihre andere Geschichte der Kunst nach Materialgruppen und bespricht Werke europäischer, amerikanischer und japanischer Künstler. Das Spektrum reicht von erdverbundenen Materialien wie Stein, Erde, Wasser über Industrieprodukte wie Lumpen, Plastik, Müll, bis hin zu Körperstoffen wie Blut, Haare und selbst Fleisch. Die Arbeit mit diesen Materialien ist Arbeit an der Grenze des ästhetisch Darstellbaren. Nicht selten überschreitet sie die kulturellen Schwellen des Ekels und des Schmerzes.
Die Geschichte der Kunst ist aber auch die Geschichte ihrer Rezeption und hier verzeichnet Wagner eine geschlechtsspezifische Zuordnung die gerade in der Kunstkritik noch schillernde Blüten treibt. Noch immer gilt formloses Material als weiblich. Noch immer wird die Künstlerin, die sich im Grenzbereich bewegt mit der Niedrigkeit ihres Werkstoffs gleichgesetzt, während der männliche Künstler als aggressiver Kämpfer gilt.
Warum aber hat sich gerade im zwanzigsten Jahrhundert die Kunst von der Suche nach der vollendeten Form abgewendet und sich den Materialien selbst verbunden, die es doch bisher in der künstlerischen Gestaltung zu überwinden gegolten hatte? Monika Wagner sieht in der Ausstellung des Materials eine Antwort auf Fotografie, Film und digitale Medien. Die neuen Stoffe können noch weniger reproduziert werden als die Werke traditioneller Malerei und Plastik. Dort konnte immerhin noch eine materialunabhängige Form gezeigt werden. Erbarmungslose Taktilität ersetzt in der modernen Kunst die mediale Homogenisierung, die das digitale Zeitalter mit allen Körpern vorgenommen hat. Nicht immer gelingt dieser Authentizitätsanspruch der neuen Kunst. Monika Wagner setzt hier besonders ein Fragezeichen hinter die Arbeit von Künstlern, die bis hin zur Selbstverstümmelung ihren eigenen Körper als Material einsetzten. Gentechnologie und Schönheitschirurgie, die sich mitunter selbst als ‚Skulptur am Lebendigen' versteht, haben die Kunst hier längst überboten.
Monika Wagner ordnet ihre andere Geschichte der Kunst nach Materialgruppen und bespricht Werke europäischer, amerikanischer und japanischer Künstler. Das Spektrum reicht von erdverbundenen Materialien wie Stein, Erde, Wasser über Industrieprodukte wie Lumpen, Plastik, Müll, bis hin zu Körperstoffen wie Blut, Haare und selbst Fleisch. Die Arbeit mit diesen Materialien ist Arbeit an der Grenze des ästhetisch Darstellbaren. Nicht selten überschreitet sie die kulturellen Schwellen des Ekels und des Schmerzes.
Die Geschichte der Kunst ist aber auch die Geschichte ihrer Rezeption und hier verzeichnet Wagner eine geschlechtsspezifische Zuordnung die gerade in der Kunstkritik noch schillernde Blüten treibt. Noch immer gilt formloses Material als weiblich. Noch immer wird die Künstlerin, die sich im Grenzbereich bewegt mit der Niedrigkeit ihres Werkstoffs gleichgesetzt, während der männliche Künstler als aggressiver Kämpfer gilt.
Warum aber hat sich gerade im zwanzigsten Jahrhundert die Kunst von der Suche nach der vollendeten Form abgewendet und sich den Materialien selbst verbunden, die es doch bisher in der künstlerischen Gestaltung zu überwinden gegolten hatte? Monika Wagner sieht in der Ausstellung des Materials eine Antwort auf Fotografie, Film und digitale Medien. Die neuen Stoffe können noch weniger reproduziert werden als die Werke traditioneller Malerei und Plastik. Dort konnte immerhin noch eine materialunabhängige Form gezeigt werden. Erbarmungslose Taktilität ersetzt in der modernen Kunst die mediale Homogenisierung, die das digitale Zeitalter mit allen Körpern vorgenommen hat. Nicht immer gelingt dieser Authentizitätsanspruch der neuen Kunst. Monika Wagner setzt hier besonders ein Fragezeichen hinter die Arbeit von Künstlern, die bis hin zur Selbstverstümmelung ihren eigenen Körper als Material einsetzten. Gentechnologie und Schönheitschirurgie, die sich mitunter selbst als ‚Skulptur am Lebendigen' versteht, haben die Kunst hier längst überboten.