Schon früh wurde ihm die Unpersönlichkeit des wissenschaftlichen Stils, Formgefangenheit und eitle Schreibskepsis vorgehalten. Dazu kommt längst die Erkenntnis, daß viele Techniken der konkreten Poesie, die Heißenbüttel ja selbst anwandte, partiell kopierbar sind und eine Tendenz zur Selbstgenügsamkeit haben - die Anzahl wirklich gelungener Beispiele ist begrenzt. Arbogast zeigt Heißenbüttel in seiner Auswahl nicht als einen typischen "Konkreten" - er akzentuiert vielmehr in seinem gleichwohl repräsentativen Lesebuch eher den Heißenbüttel, der fortgesetzt Ungegenständliches und Gegenständliches aufeinander zuspannt. Die komplizierten Konzepte, die intellektuellen Reflektionen scheinen für den Autor geradezu eine zwingende innere Voraussetzung gewesen zu sein, sich selbst Bilder, Anschauungen und Beobachtungen zu erlauben, die - und das ist immer wieder das Überraschende - unmittelbar einleuchten und aufleuchten.
Brigitte Kronauer beschreibt in ihrem klugen und feinfühligem Nachwort, wie eben die Bewegung von Gedanken zu den Wahrnehmungsbildern Heißenbüttels unverwechselbare Handschrift ausmache. Der Duktus des Autors ist zugegebenermaßen äußerst spröde. Immer wieder kann man auch in Arbogasts Auswahl nachlesen, wie sich da einer vorsätzlich selbst ein Bein stellt, sich unterbricht, beinahe pedantisch vorgeht - bis dann, um es in einem Bild zu sagen, der frische Wind der Anarchie den bleiernen Himmel aufreißt, und die Wolken stieben. Während der Lektüre assoziiert man häufig das Attribut "norddeutsch": Sprödigkeit, Kühle, Strenge - aber "norddeutsch" läßt eben auch an die zarte Geometrie und Genauigkeit dieser Landschaft denken. In Heißenbüttels Naturbeobachtungen artikuliert sich ein unangestrengtes Staunen, ein Unmittelbares, in dem sich Momente eines, wiederum sehr zarten Glücksgefühls mitteilen. In den "Trostsprüchen" wird mit holpriger Anmut gereimt: "Sprühregen bindet blaßblaugrüne Ferne/ Kuhrückenhorizont hat wehenden Himmel gerne." Oder: "Katze einzeln quert Wintersaat/ Bussard absegelt Planquadrat." Oder, in einem Text über den Stoff, den sich die Einbildung ausgedacht hat: "Wenn er auf den Deich geht, morgens, die Sonne scheint lang und es ist diesig, schlägt gleichsam das Panorama aus Land und Wasser langsam, sehr langsam, sein Auge auf und wieder zu." Oder: "Winter ist eine Ansammlung von Saatkrähen und Wollschafen auf einer zugeschneiten Weide." Widerspricht nicht diese mühelose Schönheit aus Sorgfalt plus Schwebe dem ganzen poetologischen Apparat Heißenbüttels? Vielleicht steht dieses mathematische Zeichen, dieses "plus", für die Zumutung und Provokation, die Heißenbüttels Texte von Anfang an darstellen: Respektlos gesagt, ohne seinen Theoriekram ist gerade dieser Autor durchaus nicht zu haben; der ist ein Teil seines Rhythmus´, seines Arbeitsprozesses, und Prozesse dürfen weit gespannt und widersprüchlich sein. In allem Respekt liest man schließlich auch immer wieder die Sinnlichkeit des Reflektierens, wenn Heißenbüttel sagt, was ihm sagbar ist: "Eingewickelt in Maschen aus Meinung und Sprichwörtern und all solch Nachschleifendem. All dies Nachschleifende hinter mir herschleifend. Wenn ich mich rühre, wird immer alles mitberührt ... Verheddert sich. Zieht sich stramm. Spannt reißt schleift hängt. Ich halte mich still und es bewegt sich alles durch mich hindurch."