Elektronische Kommunikation findet nicht mehr nur per Telefon oder SMS statt. Heute gibt es zahlreiche Kommunikationsdienste wie Skype, WhatsApp oder den Facebook Messenger, die auf der Infrastruktur des Internets aufbauen. Das hat auch die EU-Kommission erkannt. Mit der Reform der EPrivacy-Richtlinie sollen in Zukunft für all diese Anbieter, die gleichen Anforderungen in Sachen Vertraulichkeit der Kommunikation gelten. Im Grunde sei die Reform der 15 Jahre alten Regeln ein logischer Schritt, meinte der zuständige Vize-Kommissionspräsident Andrus Ansip bei der Vorstellung der Kommissionspläne. Das hohe Datenschutzniveau der nächstes Jahr in Kraft tretenden Datenschutzgrundverordnung soll dann auch für die Telekommunikationsanbieter gelten.
"Die Bürger werden immer das Recht haben, Ja oder Nein zu sagen, wenn es um die Nutzung ihrer Daten geht. Das gilt für den Inhalt von Nachrichten, wie auch für die Metadaten. Das gleiche gilt auch für die Informationen auf mobilen Endgeräten."
Dreiviertel der Einnahmen von Websiten durch Werbung
Das könnte klare Folgen für die Werbewirtschaft haben. Online-Tracking, also das Aufzeichnen und Analysieren des Surfverhaltens, zum Beispiel mithilfe von Cookies, wird deutlich schwieriger. In jedem Fall müssten Nutzer nach den neuen Regeln dafür vorher ihr Einverständnis geben. Nur dann könnte personalisierte Werbung überhaupt auf Nutzer zugeschnitten werden.
Das könnte sich auf die vielen kostenlosen Angebote im Netz auswirken, mein Matthias Matthiesen von IAB Europe, dem Verband der Online-Werbeindustrie. Dreiviertel der Webseiten-Einnahmen in Europa kämen durch Werbung zustande:
"Wenn man diesem Geschäftsmodell den Boden unter den Füßen wegzieht, dann bedeutet das, dass im Endeffekt es entweder weniger Angebote gibt oder Angebote zahlungspflichtig werden. Und ob das im Sinne des Verbrauchers ist, wage ich zu bezweifeln."
Wir bezahlen mit unseren Daten
Kostenlose Dienste bezahlen wir mit unseren Daten. Vielen sei das nicht bewusst, meint der Aktivist Joe McNamee von der Datenschutzorganisation EDRi. Der Vorschlag der Kommission sei deshalb ein Fortschritt:
"Man braucht Macht über seine Daten. Und wenn man Macht über seine Daten hat, dann kann man besser mit seinen Daten bezahlen. Weil man dann weiß, was man zählt. Und solange wir einen Markt haben, wo keiner weiß, was er zählt, hat man keinen Markt. Sie sind kein Konsument, Sie sind das Produkt."
Cookie-Müdigkeit
Die Werbeindustrie habe deshalb gar kein Interesse an mehr Transparenz, meint McNamee. Die strengeren Regeln könnten in der Praxis allerdings auch zu weniger Datenschutz führen, entgegnet Matthias Matthiesen vom Online-Werbeverband IAB:
"Wenn man tagtäglich mit Einwilligungserklärungen bombardiert wird und die immer die Gleichen sind, dann schert man sich da irgendwann nicht mehr drum."
Es setzt die sogenannte Cookie-Müdigkeit ein: Nutzer klicken die Cookie-Hinweise einfach weg, ohne sie sich durchzulesen.
Das Problem hat auch die Kommission erkannt. In Zukunft sollen Nutzer in ihrem Browser voreinstellen können, ob sie Cookies akzeptieren, mit denen Werbetreibende ihr Surfverhalten analysieren könnten. Ursprünglich war sogar geplant, dass Browser nach der Installation standardmäßig mit den strengsten Datenschutz-Einstellungen versehen sein müssen – die dann vom User angepasst werden können. Privacy by Design, so der Name dieses Prinzips. Dieser Vorschlag ging dann aber auch der Kommission zu weit. Nun werden sich das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten mit dem Kommissionsentwurf befassen. Ziel ist, dass die neuen Regeln in gut einem Jahr zusammen mit der Datenschutzgrundverordnung in Kraft treten können.