Beworben hatten sich für die Winterspiele 1960 etablierte Orte wie Garmisch, Sankt Moritz und - der absolute Favorit Innsbruck. Den Zuschlag jedoch gab das IOC einem Stück amerikanischem Niemandsland - mit bloß einem Sessellift und zwei Schleppliften! Squaw Valley war eigentlich gar keine Gemeinde. Weshalb das Los trotzdem auf das unberührte Tal fiel, erklärt Professor Stephan Wassong, wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Olympische Studien in Köln:
"Es war ein Ski-Ort, der entwickelt worden ist durch Alexander Cushing, ein Harvard Absolvent, New Yorker Rechtsanwalt. Cushing kaufte dort jede Menge Land für 400.000 Dollar, um dort ein Skiressort zu entwickeln. Er hat die Spiele ursprünglich mit einer Million Dollar geplant, daraus wurden 20 Millionen. Der 'selling point' war für Cushing einfach die unangetastete Natur, die es da noch gab. Er versprach, eine ideale Infrastruktur zu bauen. Dass die Wettkämpfe, die Wettkampforte in 'walking distances' sind, war sicherlich auch ein kräftiges Argument."
Das Tal der Indianerfrau war also für zehn Tage Mittelpunkt der Sportwelt. Eröffnet wurden die Spiele von US-Vize-Präsident Richard Nixon:
"I now declare open the winter games of Squaw Valley, celebrating the eighth winter games."
Erstmals standen 1960 Biathlon und Eisschnelllauf der Frauen auf dem Olympiaprogramm. Es gab Überraschungssieger, auch auf deutscher Seite. Beispielsweise in der Königsdisziplin der Alpinen, dem Abfahrtslauf:
"Heidi Biebl ist unterwegs, wir wissen nichts über ihre Zwischenzeit, wir wissen nur, dass sie, wenn sie noch ganz vorn sein will, in den nächsten 20 Sekunden ins Ziel kommen muss. Da kommt sie, Heidi Biebl ist sehr gut, kommt wahrscheinlich nicht an die Bestzeit ran. Eine der besten Zeiten erreicht sie auf jeden Fall. Fünf Sekunden fehlen ihr noch zu Penny Pitou. Da kommt Heidi Biebl ins Ziel, sie ist vor Penny Pitou! "
Mit ihrem Abfahrtssieg avancierte die 19-jährige Oberstaufenerin zur jüngsten Siegerin der Spiele. Nicht weniger überraschend war der Ausgang in der Nordischen Kombination. Dort brach ein Schwarzwälder Postbote erstmals die Vorherrschaft der Skandinavier: Georg Thoma aus Hinterzarten wurde zum Publikumsliebling. Das Olympia-Gold stieg ihm trotzdem nicht zu Kopf.
"Besonders was drauf eingebildet habe ich mir an und für sich nie, ich habe mich gefreut über die Erfolge, aber dass ich meine, ich sei deswegen was Besonderes, das war nie der Fall."
Obwohl die Spiele von 1960 technische Neuerungen wie die elektronische Zeitmessung brachten, dauerte es einige Zeit, bis die Kombination aus Springen und Langlauf ausgewertet war, erinnert sich Thoma:
"Damals war es halt so, man musste noch langwierig umrechnen, Punkte vom Langlauf zum Springen dazu, und keiner wusste letztendlich, wer hat jetzt gewonnen. Und es ging relativ lange."
Georg Thoma und Heidi Biebl, die beiden westdeutschen Gold-Medaillengewinner, standen mit ihren ostdeutschen Kollegen im gesamtdeutschen Team. Das wurde erstmals 1956 in Italien in Cortina gebildet. Auch diesmal waren erbitterte Verhandlungen zwischen den beiden deutschen nationalen Olympischen Komitees unter Aufsicht des Internationalen Olympischen Komitees vorausgegangen.
1958 gab es deutsch-deutsche Querelen, weil während der Vierschanzentournee in Oberstdorf anstelle der DDR-Hymne versehentlich die BRD-Hymne gespielt wurde. Das rief Ärger in der DDR-Führung hervor. Die Bundesregierung fand einen Reibungspunkt in der DDR-Flagge. Schwarz-Rot-Gold mit Hammer und Zirkel wurde in der Bundesrepublik als Spalterflagge gebrandmarkt und durfte auf ihrem Boden aus politischen Gründen nicht gehisst werden - auch nicht bei Sportwettkämpfen. IOC-Präsident Avery Brundage lehnte nationale Alleingänge bei Flaggen und Hymnen strikt ab:
"Er beharrt eben darauf, dass als Hymne bei Siegerehrungen Beethovens 'Ode an die Freude' gespielt worden ist, und dass als Fahne die schwarz-rot-goldene Fahne mit weißen Ringen als Fahne der gesamtdeutschen Mannschaft galt."
Und noch ein Novum dieser Winterspiele im Zeichen des Kalten Krieges: Die US-Regierung ließ DDR-Journalisten aus ideologischen Gründen nicht einreisen. Daraufhin übernahmen ostdeutsche Funktionäre die Berichterstattung für die DDR. So kommentierte der Generalsekretär des ostdeutschen Skiverbandes, Ludwig Schröder, den ersten Sieg eines DDR-Athleten bei Olympischen Winterspielen.
"Gleich wird die Schanze freigegeben für Helmut Recknagel, jetzt ist Helmut in der Spur, jetzt will Helmut alles wissen, Helmut mach's gut! Der Absprung hat geklappt, die Haltung ist gut. Gut, Helmut, gut. Eine gute Weite, 85 Meter, ich korrigiere mich: 84,5 Meter wird angezeigt, Helmut hat eine einwandfreie Haltung, ich glaube, Helmut ist reif für die Goldmedaille hier in Squaw Valley."
Tatsächlich gewann der Thüringer Helmut Recknagel das Spezialspringen. Das vierte deutsche Gold holte die Ostberlinerin Helga Haase im Eisschnelllauf über 500 Meter. Gesamtbilanz: zweimal Gold für ostdeutsche und zweimal Gold für westdeutsche Athleten. Insgesamt wurde die Sowjetunion bei ihrer zweiten Teilnahme an Olympischen Winterspielen mit sieben Goldmedaillen erfolgreichste Nation. In Squaw Valley waren vorwiegend Amateursportler am Start. Das Tempo des Wintersports – zum Beispiel im Abfahrtslauf - lag deutlich unter heutigem Niveau. Trotzdem gilt Squaw Valley als Geburtsstunde der "Abfahrtshocke": Der französische Abfahrtssieger Jean Vuarnet raste als Pionier im aerodynamischen "Abfahrtsei" ins Tal. Mit gerade einmal 80 Kilometern pro Stunde.
"Es war ein Ski-Ort, der entwickelt worden ist durch Alexander Cushing, ein Harvard Absolvent, New Yorker Rechtsanwalt. Cushing kaufte dort jede Menge Land für 400.000 Dollar, um dort ein Skiressort zu entwickeln. Er hat die Spiele ursprünglich mit einer Million Dollar geplant, daraus wurden 20 Millionen. Der 'selling point' war für Cushing einfach die unangetastete Natur, die es da noch gab. Er versprach, eine ideale Infrastruktur zu bauen. Dass die Wettkämpfe, die Wettkampforte in 'walking distances' sind, war sicherlich auch ein kräftiges Argument."
Das Tal der Indianerfrau war also für zehn Tage Mittelpunkt der Sportwelt. Eröffnet wurden die Spiele von US-Vize-Präsident Richard Nixon:
"I now declare open the winter games of Squaw Valley, celebrating the eighth winter games."
Erstmals standen 1960 Biathlon und Eisschnelllauf der Frauen auf dem Olympiaprogramm. Es gab Überraschungssieger, auch auf deutscher Seite. Beispielsweise in der Königsdisziplin der Alpinen, dem Abfahrtslauf:
"Heidi Biebl ist unterwegs, wir wissen nichts über ihre Zwischenzeit, wir wissen nur, dass sie, wenn sie noch ganz vorn sein will, in den nächsten 20 Sekunden ins Ziel kommen muss. Da kommt sie, Heidi Biebl ist sehr gut, kommt wahrscheinlich nicht an die Bestzeit ran. Eine der besten Zeiten erreicht sie auf jeden Fall. Fünf Sekunden fehlen ihr noch zu Penny Pitou. Da kommt Heidi Biebl ins Ziel, sie ist vor Penny Pitou! "
Mit ihrem Abfahrtssieg avancierte die 19-jährige Oberstaufenerin zur jüngsten Siegerin der Spiele. Nicht weniger überraschend war der Ausgang in der Nordischen Kombination. Dort brach ein Schwarzwälder Postbote erstmals die Vorherrschaft der Skandinavier: Georg Thoma aus Hinterzarten wurde zum Publikumsliebling. Das Olympia-Gold stieg ihm trotzdem nicht zu Kopf.
"Besonders was drauf eingebildet habe ich mir an und für sich nie, ich habe mich gefreut über die Erfolge, aber dass ich meine, ich sei deswegen was Besonderes, das war nie der Fall."
Obwohl die Spiele von 1960 technische Neuerungen wie die elektronische Zeitmessung brachten, dauerte es einige Zeit, bis die Kombination aus Springen und Langlauf ausgewertet war, erinnert sich Thoma:
"Damals war es halt so, man musste noch langwierig umrechnen, Punkte vom Langlauf zum Springen dazu, und keiner wusste letztendlich, wer hat jetzt gewonnen. Und es ging relativ lange."
Georg Thoma und Heidi Biebl, die beiden westdeutschen Gold-Medaillengewinner, standen mit ihren ostdeutschen Kollegen im gesamtdeutschen Team. Das wurde erstmals 1956 in Italien in Cortina gebildet. Auch diesmal waren erbitterte Verhandlungen zwischen den beiden deutschen nationalen Olympischen Komitees unter Aufsicht des Internationalen Olympischen Komitees vorausgegangen.
1958 gab es deutsch-deutsche Querelen, weil während der Vierschanzentournee in Oberstdorf anstelle der DDR-Hymne versehentlich die BRD-Hymne gespielt wurde. Das rief Ärger in der DDR-Führung hervor. Die Bundesregierung fand einen Reibungspunkt in der DDR-Flagge. Schwarz-Rot-Gold mit Hammer und Zirkel wurde in der Bundesrepublik als Spalterflagge gebrandmarkt und durfte auf ihrem Boden aus politischen Gründen nicht gehisst werden - auch nicht bei Sportwettkämpfen. IOC-Präsident Avery Brundage lehnte nationale Alleingänge bei Flaggen und Hymnen strikt ab:
"Er beharrt eben darauf, dass als Hymne bei Siegerehrungen Beethovens 'Ode an die Freude' gespielt worden ist, und dass als Fahne die schwarz-rot-goldene Fahne mit weißen Ringen als Fahne der gesamtdeutschen Mannschaft galt."
Und noch ein Novum dieser Winterspiele im Zeichen des Kalten Krieges: Die US-Regierung ließ DDR-Journalisten aus ideologischen Gründen nicht einreisen. Daraufhin übernahmen ostdeutsche Funktionäre die Berichterstattung für die DDR. So kommentierte der Generalsekretär des ostdeutschen Skiverbandes, Ludwig Schröder, den ersten Sieg eines DDR-Athleten bei Olympischen Winterspielen.
"Gleich wird die Schanze freigegeben für Helmut Recknagel, jetzt ist Helmut in der Spur, jetzt will Helmut alles wissen, Helmut mach's gut! Der Absprung hat geklappt, die Haltung ist gut. Gut, Helmut, gut. Eine gute Weite, 85 Meter, ich korrigiere mich: 84,5 Meter wird angezeigt, Helmut hat eine einwandfreie Haltung, ich glaube, Helmut ist reif für die Goldmedaille hier in Squaw Valley."
Tatsächlich gewann der Thüringer Helmut Recknagel das Spezialspringen. Das vierte deutsche Gold holte die Ostberlinerin Helga Haase im Eisschnelllauf über 500 Meter. Gesamtbilanz: zweimal Gold für ostdeutsche und zweimal Gold für westdeutsche Athleten. Insgesamt wurde die Sowjetunion bei ihrer zweiten Teilnahme an Olympischen Winterspielen mit sieben Goldmedaillen erfolgreichste Nation. In Squaw Valley waren vorwiegend Amateursportler am Start. Das Tempo des Wintersports – zum Beispiel im Abfahrtslauf - lag deutlich unter heutigem Niveau. Trotzdem gilt Squaw Valley als Geburtsstunde der "Abfahrtshocke": Der französische Abfahrtssieger Jean Vuarnet raste als Pionier im aerodynamischen "Abfahrtsei" ins Tal. Mit gerade einmal 80 Kilometern pro Stunde.