Archiv

Debatte um Merkel-Nachfolge
Medien im "Personalisierungsexzess"

In der Berichterstattung über die Debatte um die CDU-Führung sieht Bernhard Pörksen eine Neigung zum Hype und zur Personalisierung. Einzelne Politiker würden "zu Erlösergestalten hochgeschrieben", sagte der Medienwissenschaftler im Dlf. Hier offenbare sich ein Sinnvakuum der gesellschaftlichen Mitte.

Bernhard Pörksen im Gespräch mit Michael Borgers |
    Friedrich Merz (CDU) spricht im März 2018 mit Journalisten im Landtag in Düsseldorf, zu sehen auf dem Display einer Kamera, die das Statement mitfilmt.
    Schon wenige Stunden nach Angela Merkels Rückzugsankündigung vom CDU-Parteivorsitz ist Friedrich Merz in aller Munde - sogar als potentieller Kanzlerkandidat. Doch für welche Inhalte steht er? (dpa / Federico Gambarini)
    Bernhard Pörksen, Professor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen, kritisiert die aktuelle Berichterstattung über die Nachfolge von CDU-Parteichefin Angela Merkel. Statt zu streiten und über Inhalte zu diskutieren beginne so etwas wie "der dunkle Herbst der fortwährenden Machtanalyse" und ein regelrechter "Personalisierungsexess".
    Pörksen sieht hier ein Zusammenspiel von Politikern, die sich im Sinne der Personalisierung anbieten, und der Medien, die diese Geschichten dankbar aufgreifen würden.
    Porträtaufnahme von Bernhard Pörksen
    Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen sieht die aktuell personalisierte Berichterstattung als Symptom dafür, "dass man das Streiten über Inhalte zunehmend verlernt hat" (Bild: Peter-Andreas Hassiepen)
    "Die Emotion ersetzt im Moment die Vision"
    Wenn man allerdings Politik nur als politischen Machtkampf beschreibe, dann abstrahiere man von den Inhalten. An denen fehle es der Debatte zur Zeit. Sie würden zunehmend zu Slogans verkürzt.
    "Wir sind in einem definierenden Moment der Zeitgeschichte", so Pörksen. In der Entleerung politischer Berichterstattung offenbare sich ein Sinnvakuum der gesellschaftlichen Mitte.
    Von dieser "Unlust, über inhaltliche Fragen zu streiten", würden die "Emotionsproduzenten von rechts" profitieren: "Die Emotion ersetzt im Moment die Vision in der Debattenlandschaft". Die gesellschaftliche Mitte und der politische Journalismus müssten der "populistischen Polarisierung" eine "programmatische Polarisierung" entgegensetzen. Diese brauche ein Denken in Alternativen und einen Streit über Ideen.