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Delle Colombe gegen Galileo
Das Supernova-Scharmützel

Im Herbst 1604 sorgte die Supernova im Sternbild Schlangenträger für großes Aufsehen unter den Gelehrten Europas. Sie widersprach der Lehre des antiken Philosophen Aristoteles, nach der die Sphäre der Fixsterne unveränderlich sein sollte.

Von Dirk Lorenzen | 15.10.2019
Auf dieser Sternkarte ist die Position der Supernova mit der Jahresangabe "1604" (links unten) eingezeichnet
Auf dieser Sternkarte ist die Position der Supernova mit der Jahresangabe „1604“ (links unten) eingezeichnet (Bode)
Bei manchen lagen die Nerven blank, denn gut ein halbes Jahrhundert zuvor hatte Nikolaus Kopernikus seine Theorie veröffentlicht, nach der die Sonne im Zentrum der Welt steht, umkreist von der Erde – was ebenfalls nicht zum antiken Weltbild passt.
Der Italiener Lodovico delle Colombe veröffentlichte zwei Jahre nach dem Erscheinen der Supernova ein Büchlein, in dem er große Verrenkungen unternahm, um das Objekt nicht als neuen Stern anzusehen. Demnach habe es schon immer existiert, es sei allerdings nur selten sichtbar.
Anfang des 17. Jahrhunderts bekämpfte man sich nicht in den sozialen Medien, sondern mit Büchern. Galileo Galilei verfasste unter einem Pseudonym eine Gegenschrift, in der er die Argumente delle Colombes lächerlich machte.
Titelseite des Büchleins von Lodovico delle Colombe über die Supernova 1604
Titelseite des Büchleins von Lodovico delle Colombe über die Supernova 1604 (Biblioteca Roma)
Er machte sich sogar über den Namen lustig – Colombe bedeutet Taube – und sprach von "unserem Täubchen". Astronomie solle auf Beobachtungen und Mathematik beruhen und bedürfe keiner konstruierten Modelle, um sie mit Aristoteles in Einklang zu bringen.
Zwei Jahre später schlug delle Colombe zurück, attackierte die Idee des Kopernikus und brachte sie direkt mit Galilei in Verbindung. Später widersprach er auch Galileis Sichtweise zur Bewegung der Erde und zur Beschaffenheit des Mondes. Das Scharmützel der beiden ging über viele Jahre.