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Demokratie gibt es im Irak nur auf dem Papier

Die Menschen im Irak leiden. Seit dem Einmarsch westlicher Truppen am 20. März 2003 hat sich vor allem die humanitäre Lage verschlechtert. Und auch die Sicherheit ist nicht gewährleistet. An eine Heilung durch Demokratie glauben nur noch wenige Menschen.

Von Ulrich Leidholdt | 19.03.2013
    Unterwegs in Bagdad. Gepanzerte Fahrzeuge, bewaffnete Begleiter, Funkverkehr. Alltag für Ausländer, Politiker und Geschäftsleute in einer der gefährlichsten Städte der Welt. Die US-Soldaten sind weg, die Gefahr bleibt. Selbstmordanschläge, ferngezündete Sprengsätze, Autobomben. Realität im Irak.

    "Sicherheit ist das Wichtigste,"

    weiß Journalist Shamal Aqrawi:

    "In Bagdad rechnen sie ständig mit Bomben. Wenn sie arbeiten oder einkaufen gehen, verabschieden sie sich von ihren Familien, weil sie nicht wissen, ob sie wiederkommen. Sie rechnen immer mit dem Tod."

    "Zehn Jahre nach Saddams Ende ist alles schlechter,"

    sagt Lehrerin Inas Ibrahim aus Bagdad:

    "Es gibt keine Sicherheit. Jeden Tag Anschläge und Morde. Die religiöse Gewalt kehrt zurück. Was mies war, wird noch schlechter. Ich kann nichts Positives erkennen. Die Sicherheitskräfte haben die Lage nicht unter Kontrolle und die Wirtschaft liegt am Boden."

    Es ist nicht mehr so wie 2006, mit zehnmal so vielen Opfern durch ethnisch-religiösen Terror, gezielten Mord, Anschläge und Entführungen. Dennoch:

    "Nach wie vor haben wir im Zentrum, also in Bagdad, Sicherheitsfragen, die nicht so gelöst sind, wie wir uns das wünschen würden, aber es wird von allen Seiten versprochen, dass es besser werden soll,"

    sagt Peter Mayr vom Lkw-Hersteller MAN. Er kommt regelmäßig nach Bagdad. Hier im Zentrum der Macht verschanzt sich die Regierung hinter meterhohen Betonmauern, Stacheldraht, bewacht von waffenstarrenden Sicherheitsposten an gestaffelten Checkpoints und Zufahrtssperren – die Grüne Zone, ein real-irreales Stück Irak. Hier sitzt die Regierung und hier bleibt Washington weiter präsent - 16000 offiziell als Diplomaten geführte Amerikaner in ihrer weltweit größten Botschaft.

    Irak: ein Unsicherheitsfaktor nach dem US-Abzug, der eigentlich - so Hilal Khashan von der Amerikanischen Universität Beirut - keiner ist:

    "Die USA werden im Irak auf Dauer präsent sein. Sie haben doch den ganzen Aufwand nicht umsonst getrieben, um dann zu verschwinden. Die USA werden im Irak bleiben, so wie in Europa."

    Oder mit den Worten von US-Verteidigungsminister Panetta beim Abschied seiner letzten Soldaten in Bagdad – alles auf Anfang:

    "This is not the end – this is truly the beginning…"

    Hemin Hawrani widerspricht. Er ist Berater des Präsidenten der kurdischen Nordregion, Mesud Barzani.

    Zeitweise seien über 100.000 US-Soldaten im Irak gewesen; jetzt nicht mehr. Auch politisch seien die USA hier viel mehr engagiert gewesen. Der Abzug ihrer Truppen habe das verändert.

    Jetzt, so Hawrani, gehe es um originär irakische Lösungen. Die müssten unabhängig von den USA gefunden werden, unbeeinflusst auch vom Iran, der Türkei oder anderen Staaten. Es gehe um eigene Probleme. Die müsse man selbst bewältigen, da dürfe man nicht auf das Ausland vertrauen.

    Unsicherheit und Probleme bleiben. Über 110.000 zivile Tote, zwei Millionen Vertriebene im In- oder Ausland, anhaltende Konflikte zwischen von Saddam verfolgten Schiiten und der sunnitischen Minderheit, Gebietsstreit zwischen Bagdad und den nach mehr Unabhängigkeit strebenden Kurden.

    "Unsere Sicherheitslage ist ein Spiegelbild der politischen Zustände. Die Regierung sorgt nicht für Stabilität, weil der schiitische Regierungschef Maliki Sicherheitskräfte gebildet hat, die sich zu ihm loyal verhalten, aber nicht zu unserem Land. Wir Kurden etwa sind mit weniger als drei Prozent in der Armee vertreten. Auch die Sunniten fühlen sich nicht ausreichend repräsentiert. Der Sicherheitsapparat ist unterwandert von Terrororganisationen, al-Qaida und Saddams Baath-Partei."

    Ein brisantes Erbe.
    "Es gibt Zuversichtliche, und es gibt auch Pessimisten. Alle teilen ein bisschen das Gefühl des Unbehagens und alle – wenn sie ehrlich sind - sagen: wir können die Situation nicht voraussehen was passiert,"

    sagt Martin Kobler. Er leitet die UN-Mission im Irak. Für ihn sind jetzt die Iraker am Zug.

    "Positiv ist sicher die grundlegende Veränderung der Verhältnisse,"

    sagt Journalist Shamal.

    "Bis vor zehn Jahren hätte sich doch niemand vorstellen können, dass es mal keinen Präsidenten Saddam Hussein mehr geben würde. Davon haben wir nicht mal geträumt. Diese Entwicklung ist wirklich gut. Aber wenn Du Dir sonst so den Irak anschaust, ist doch Vieles sehr negativ. Zu allererst ist Irak ein sehr gefährlicher Ort zum Leben."

    Armee und Polizei sind immer wieder Ziel von Anschlägen. Die Attentäter wollen die Staatsmacht vorführen. Sie schafft es nicht, die Sicherheitsministerien Innen und Verteidigung zu besetzen.

    Shamal: "Saddam ist weg – aber nicht aus den Köpfen. Da ist er immer noch sehr präsent. Klar haben wir demokratische Regeln, Wahlen, ein Parlament. Aber demokratische Kultur hat in Bagdad noch nicht Fuß gefasst. Die Tendenz geht eher zu einer Diktatur von Premier Maliki. Denn der ist unfähig zur Partnerschaft auf Augenhöhe mit Sunniten, Kurden und selbst seinen eigenen schiitischen Partnern. Er selbst hat sich das Innen- und Verteidigungsministerium unter den Nagel gerissen. Vergleicht man mal die öffentlichen Dienstleistungen mit den 700 Milliarden Dollar, die Maliki als Regierungschef von 2006 bis 12 zur Verfügung hatte, dann ist Bagdad die weltweit schrecklichste Hauptstadt zum Leben. Kein staatlicher Service, kein Vertrauen, kaum Investitionen. Maliki ist der Hauptgrund für die anhaltende Gefahr eines neuen Bürgerkriegs. Fragst Du Leute, besonders in Bagdad, dann schimpfen sie, sie hätten kaum Strom und sauberes Wasser, keine ordentlichen Straßen oder Wohnungen. Verglichen mit anderen Ländern der Region fehlt Irakern fast alles. Sie haben Freiheit, aber können sich nichts dafür kaufen."

    "Es gibt keinerlei Fortschritt",

    beklagt sich auch der Polizist Shafeo Alomer.

    "Unser Land entwickelt sich zurück. Die Leute sind viel fertiger als vor zehn Jahren, frustriert. Seither wurden hier Hunderte Milliarden Dollar verbraten, aber Du hast den Eindruck, es ist schlimmer als vorher. Liegt’s an der Korruption oder an der Politik? Alle Regeln, unsere gesamte Gesellschaft und unsere Sozialsysteme wurden verändert. Als Bürger hat mir das überhaupt nichts gebracht. Es gibt keine Entwicklung zum Positiven. Länder um uns herum, die machen Fortschritte - auf unsere Kosten, und wir fallen zurück. Die kriegen unser Öl und unsere Experten. Als Iraker hast Du keine Hoffnung. Da kannst Du jeden fragen. Aber keiner hat mehr Lust, drüber zu reden."

    Politischer Stillstand mit hohem Gefährdungspotenzial.

    "Sehen Sie sich die Arbeitslosen- und die Armutsquote an. Ein Viertel der Iraker hat weniger als einen Dollar am Tag. Mehr als 20 Prozent Arbeitslose. Wer trägt die Schuld? Es gibt überhaupt keinen Plan, das ist das Hauptproblem. Politiker haben keinen, auch nicht Regierung und Parlament. Alle Iraker werden irgendwie aus dem Ausland unterstützt. Viele Politiker hängen ab vom Iran, der Türkei, Jordanien, Syrien, den Golfstaaten oder den USA. Das macht die Lage so schwierig."
    Kriege, interne Konflikte und Sanktionen haben Iraks Infrastruktur zerstört. Milliarden für den Wiederaufbau des Landes verschwanden. Einem der ölreichsten Länder mangelt es am Nötigsten.

    "Kraftwerke liefern nicht genug Strom,"

    klagt Irfan in Basra.

    "Vier bis sechs Stunden am Tag, mehr nicht. Wir sind auf Generatoren angewiesen und die kosten eine Menge Geld."

    Wasser: kostbar, selten - und gefährlich. Für Iraker tägliche Quelle von Angst, Ärger und Verzweiflung. Auch für Sami Hassan. Der 55-Jährige vegetiert mit seinen sieben Kindern in einer Ruine in Bagdad.

    "Wir leiden sehr und sind wütend. Eigentlich gibt es hier alles: Wasser, Strom und die nötigen Werke. Aber nichts kommt an. Bei den Versorgungsbetrieben sind sie alle korrupt. Das Geld verschwindet in ihren Taschen."

    Geld, das dringend für Modernisierung maroder Anlagen benötigt würde. Erst recht fehlt sauberes Wasser. Kinderarzt Ehssan Ali kennt die Folgen:

    "Verdrecktes Wasser ist ein Problem. Tote durch Cholera. Cholera, Durchfall, Nierensteine und andere Krankheiten sind an der Tagesordnung. Jeder kann es mit bloßem Auge sehen: Unser Wasser ist verseucht."

    Armut oder Mangel an Alternativen zwingen viele Iraker ins Risiko. Sie trinken ungeklärtes Wasser oder bohren Brunnen in verseuchtem Untergrund. Milliarden Hilfsgelder versickerten wie Wasser aus defekten Leitungen.

    So müssen sie also weiter mitten in der Nacht aufstehen, weil da der Wasserdruck höher ist, die Pumpen seltener von Stromausfall bedroht sind und etwas aus den Hähnen tröpfelt, das ihre Tanks füllen kann. Krankheiten durch verseuchtes Wasser werden sich ausbreiten, prophezeit Kinderarzt Ehssan Ali.

    "Den ständigen Beteuerungen, das Wasser werde immer wieder getestet und sei nicht belastet, steht die Masse der Krankheitsfälle gegenüber. Sie beweisen: Irakisches Wasser darf man nicht trinken."

    Dieses Geräusch kennen alle Iraker – wenn bei Temperaturen nahe 50 Grad mal wieder die Steckdose tot bleibt und sie sich außer Haus wie von einem riesigen Föhn angeblasen fühlen, dann wird der Stromgenerator zur letzten Hoffnung – vorausgesetzt, man kann die nötigen Dollars oder Dinare locker machen.

    Salima Ahmed ist 33, hat vier Kinder und gerade acht Dollar am Tag.

    "Strom höchstens ab und zu, eine Tochter mit gebrochenem Bein, das ist schwierig. Diesel für den Generator kostet mich fünf Dollar am Tag. So geht das seit Jahren."

    Sabah Hassan ist 66. Generatoren fielen bei über 50 Grad oft aus, klagt sie:

    "Lebensmittel im Kühlschrank kannst Du vergessen – alles hin. Strom vielleicht zwei Stunden. Was bringt das? Zehn Nachbarhäuser haben gar keinen."

    Ali Hussain studiert.

    "Wegen des Strommangels warten wir bis nachmittags, wenn die Hitze ein bisschen nachlässt. Im Hörsaal schreiben wir ganz schnell bei den Temperaturen."

    Hochsommer in Bagdad. Mancher hat eine Stunde Strom am Tag, andere vier oder fünf. Ein Paradies für Kriminelle, die die Leitungen städtischer E-Werke anzapfen und Strom überteuert an hitzegeplagte Haushalte verkaufen. Mit kleinen Kindern oder Kranken besteht kaum eine Alternative. Besitzer von Notstrom-Aggregaten erleichtern die Leute oft um ein Drittel ihres Einkommens für ein paar Stunden Licht oder Klimaanlage.

    "Iraker leiden darunter, obwohl wir das seit Saddam kennen. Da ist nicht ein anständiger Politiker, der das Ministerium zwingen würde, unseren Anspruch auf Strom durchzusetzen,"

    klagt Offizier Salim Emad.

    Kraftwerke liefern höchstens die Hälfte des Bedarfs. Krankenhäuser halten mit Notstrom gerade ihre Geräte in Gang, Patienten schlafen bei unerträglicher Hitze im Freien.

    "Da ändert sich nichts; das bleibt so wie gehabt."

    Resignation macht sich breit, wie bei Arbeiter Mehdi. Der alltägliche Mangel birgt Sprengstoff. Bei Protesten gab es bereits Tote.
    "Ich möchte nur noch weg aus dem Irak",

    wünscht sich Wachmann Samurai.

    "Mir geht es physisch und psychisch schlecht. Seit Jahren tut die Regierung nichts: Nicht mal einfachste Sachen wie Strom, Wasser und Sicherheit funktionieren."

    Da bleibt vielen - wie Hausfrau Munira Fadel - nicht mehr als blindes Gottvertrauen.

    "So Gott will, kommt eine neue Regierung, die uns Wasser, Strom und Sicherheit bringt. Wir möchten, dass es unsere Kinder besser haben."

    Iraker verlieren das Vertrauen in die versprochene Demokratie. Ihre Regierung kann weder für Strom, sauberes Wasser, Müllabfuhr noch ein anständiges Gesundheitswesen sorgen.

    "Nichts hat sich geändert und es wird sich auch nichts ändern,"

    empört sich Ex-Offizier Sami Hussan.

    "Es wird nur immer nur mieser. Das sind doch alles Loser, sie versorgen nur ihre eigenen Leute. Wenn sie sich nicht endlich mal um die Sorgen aller Menschen hier kümmern, dann bleibt das auch weiter so. Das Parlament - und nicht nur das aktuelle - zieht unsere Fahne, unseren Stolz als Iraker in den Dreck. Wasser, Strom, Wiederaufbau des Landes. Nichts haben sie erreicht. Vor den Leuten tun die Politiker immer so, als ob sie sich über die beste Lösung streiten. Aber hinten rum ist man in ihrer Clique gut Freund, alles Vetternwirtschaft."

    Korruption grassiert, Irak steht da ganz hinten in der Weltrangliste. Juliana Al-Bazi, Chefin einer Frauenzeitung, beschreibt, wie es läuft:

    "Vetternwirtschaft ist ganz üblich. Man bringt die Familie bei der Firma unter, für die man arbeitet. Milliarden verschwinden einfach so in Ministerien. Das zu ändern ist ganz schwierig."

    Infrastrukturprobleme ließen sich lösen. Öl ist ausreichend vorhanden. Doch die Anlagen sind verrottet. Keine Wartung über Jahre, Anschläge. Wenige Kontrakte wurden neu vergeben. Es gibt Streit - auch ums Öl, von dessen Erträgen Irak zu 95 Prozent abhängt.

    "Das Ölgesetz ist immer noch nicht verabschiedet. Es gibt eine Förderung von drei Millionen Barrel am Tag. Das will verteilt werden. Und Geld ist Macht."

    Kein Krieg mehr, aber auch kein Frieden. Wut auf die Amerikaner bestimmt noch immer viele Gefühle – man erinnert sich an willkürliche Haft, Demütigung Gefangener, nicht geahndete Todesschüsse der Bodyguards von Blackwater, viele Opfer unter der Bevölkerung und uneingelöste Versprechen für ein besseres, freies Leben nach Saddam.

    "Auch wenn viele Iraker das frühere Regime ablehnen, für dessen Politik Irak einen hohen Preis zahlt, kann doch niemand bestreiten, dass die Besatzung viel schlimmer war als das Saddam-Regime,"

    sagt Abdel Al-Rahman Ali, Korrespondent des Irakischen Fernsehens.

    "Heute bezahlen wir für die Besatzung mit religiöser Feindschaft und Arbeitslosigkeit. Dieses Desaster kostet Irak seine führende Rolle in der arabischen Welt."

    Demokratische Ansätze blieben stecken. In der Regierung des Schiiten Maliki beäugen sich Koalitionäre misstrauisch und blockieren sich wechselseitig. Irans Einfluss wurde nicht eingedämmt, sondern ist gewachsen. Ein instabiler Irak dient seinem Machtstreben in der Region.

    "Iran ist unser Nachbar mit einer langen Grenze und einer langen Geschichte",

    sagt der kurdische Präsidentenberater Hawrani.

    "Aber unsere Beziehungen müssen auf Prinzipien beruhen, auf gemeinsamen Interessen: politisch, wirtschaftlich, kulturell und sozial. Wir sind kein Anhängsel Irans, mischen uns nicht in seine Angelegenheiten ein und erwarten das umgekehrt genauso. Wir wollen gute Beziehungen, das heißt: Iran hält sich aus unseren Problemen raus und macht sie nicht zu seinen."

    Auch dem Nachbar im Westen gilt die Aufmerksamkeit Iraks. Syrien. Al-Qaida und Co. wechseln nahezu unbehelligt über die gemeinsame Grenze. Früher kamen die Kämpfer aus Syrien, um im Irak ethnisch-religiöse Auseinandersetzungen mit Attentaten, Selbstmordanschlägen und Entführungen anzuheizen; heute fährt der Zug eher in die andere Richtung. Terrorerfahrene Kämpfer mischen aus dem Irak kommend im syrischen Bürgerkrieg mit. Ihr Ziel ist es, das Nachbarland für ihre islamistischen Ziele zu destabilisieren.

    "Wir stehen an der Seite der Syrer und unterstützen ihre demokratischen Rechte,"

    sagt Außenpolitiker Hawrani.

    "Wir akzeptieren jede Entscheidung des syrischen Volkes – ob es Assad behalten oder ihn aus dem Präsidentenamt vertreiben will. Wir schlagen uns in diesem Konflikt nicht auf eine Seite. Wir sind aber überzeugt, dass Assad nicht da weiter machen kann, wo er im März vor zwei Jahren stand. Wir verfolgen die Lage in Syrien sehr aufmerksam. Wichtig ist, dass es da kein Vakuum gibt, das Terroristen oder bewaffnete Gruppen füllen können - Syrien darf kein gescheiterter Staat werden. Wir unterstützen die syrische Revolution, aber friedlich. Wir hoffen auf eine schnelle Lösung des Konflikts – aber das muss Sache des syrischen Volkes bleiben und nicht des Auslands."

    Irak zehn Jahre nach dem Einmarsch der internationalen Militärkoalition unter Führung der USA. Ein Land immer noch auf der Kippe. Was muss sich ändern, damit Irak nicht erneut auf den falschen Weg gerät? Hemin Hawrani, der Berater des Präsidenten im einigermaßen stabilen kurdischen Norden und Azad Othman, Politikprofessor der Salaheddin-Universität in Erbil mit Einschätzungen und Voraussetzungen für eine stabile Entwicklung im multireligiösen Vielvölkerstaat Irak.

    Azad Othman: "Wir haben eine Verfassung und entsprechende Regeln. Alle Parteien, die Sunniten und auch die meisten Schiiten teilen die Meinung von uns Kurden, dass die regierende nationale schiitische Allianz entweder Malikis Verhalten ändern muss, indem sie uns und die Sunniten mehr an der Führung des Staates beteiligt, oder sie müssen ihren Premier Maliki ablösen, denn er ist längst Teil unserer politischen Probleme und nicht ihrer Lösung. Das große Problem ist: Es gibt kein Vertrauen zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden. Demokratie braucht Kultur. Leider haben wir hier lange unter der Kultur der Gewalt gelebt. Religion hat auch großen Einfluss. Die Bevölkerung will, dass die Regierung und das Parlament in Bagdad sich einsetzen für die Sache des Volkes – also für Elektrizität, für Wasserprojekte, für Arbeitsplätze. Solange das Spiel zwischen den politischen Parteien nicht richtig gelöst wird, werden die Leute in alle Teilen Politikverdrossenheit haben."

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