Eine Gelehrtengemeinschaft im Dienste des wissenschaftlichen Fortschritts, herausragend, aber nicht einmalig, erzählt die Pressesprecherin Katharina Wiedemann:
" Das Vorbild des Wissenschaftskollegs ist das Institute for Advanced Study in Princeton, das 1930 gegründet wurde und das in Europa vor allem bekannt wurde, weil Exil-Denker wie Albert Einstein dort lange geforscht haben. Institute for Advanced Study widmen sich tatsächlich vor allem der Forschung und laden Wissenschaftler ein, ein Jahr, manchmal auch einen kürzeren Zeitraum, an diesem Institut zu verbringen um ein bestimmtes persönlich gewähltes Arbeitsvorhaben zu verfolgen - ganz intensiv und ohne Ablenkung. "
Auch heute noch kann das Wissenschaftskolleg eine Art "Fluchtpunkt" für Wissenschaftler sein, glaubt der Rektor Professor Dieter Grimm. Denn Forscher müssen zunehmend unter Bedingungen arbeiten, die mit ihrer eigentlichen Aufgabe nicht viel zu tun haben, so Grimm:
" Es gibt Verwaltungsarbeit, es gibt viele Gremiensitzungen, man muss in zunehmenden Maße Geld einwerben, Anträge stellen, herumreisen dafür, und die Zeit für das eigentliche, was ein Wissenschaftler tun soll, Forschung, wird immer knapper. Und deswegen ist die Grundidee: wir geben Wissenschaftlern, und zwar den besten, die wir kriegen können, ein Jahr, in dem sie ohne jede Ablenkung, wenn sie wollen, in voller Konzentration auf ein wichtiges Werk, hier arbeiten können. Und das noch in einem anregenden Kontext. Wir würden sie nicht gerne wie Mönche in der Einzelzelle sitzen haben, sondern sie sollen natürlich davon profitieren, dass neben ihnen selbst gleichzeitig noch 40 andere ebenso gute da sind. "
1000 "Fellows" waren seit 1980 schon am Wissenschaftskolleg, darunter der Sozialphilosoph Ivan Illich, der französische Historiker Philippe Ariès oder der Pädagoge Hartmut von Hentig. Die Mehrzahl der Kandidaten wird vorgeschlagen, manche bewerben sich auch selbst; außerdem sucht das Kolleg gezielt, um konkrete Themen zu besetzen. Jeder einzelne Kandidat wird mehrfach von verschiedenen Gremien begutachtet und diskutiert. Mit der Auswahl befasst sich unter anderem Dr. Katharina Biegger:
" Also wichtig ist uns in erster Linie wissenschaftliche Qualität; wir sind nicht ein Institut für Doktoranden, also man erwartet in der Regel schon ein fortgeschrittenes Stadium, wir streben eine gute Mischung an zwischen jung und alt, wir streben auch eine möglichst internationale Gruppe an für jedes Jahr, d.h. wir möchten vielleicht ein Viertel bis ein Drittel deutsche Fellows haben, (damit die "Erdung" hier auch funktioniert und) dass die Verbindung zum deutschen Umfeld auch da ist, aber im übrigen möchten wir möglichst alle Erdteile vertreten haben, möglichst viele Sprachen, möglichst viele Kulturen, das klappt natürlich nicht so, wie wir uns das träumen und sowieso nicht jedes Jahr, aber insgesamt kann man glaub ich schon sagen, dass wir ein relativ großes Einzugsgebiet erreichen. Dann, und das ist eigentlich das allerwichtigste, gucken wir natürlich nach den Projekten. "
Immer noch sind die Mehrzahl der 40 jährlichen Fellows Männer, eine Widerspiegelung der internationalen Wissenschaftslandschaft. Und es kommen nur wenige Naturwissenschaftler, sagt Wiedemann:
" Die sind häufig nicht in der Lage, auf längere Zeit ihre Labors zu verlassen. Wir können hier keine Laboreinrichtungen zur Verfügung stellen, dennoch ist es ein Anliegen, auch immer mal Wissenschaftler, die normalerweise in Labors oder in der Natur forschen, hierher einzuladen, und die kommen dann häufiger für einen kürzeren Zeitraum. "
Viele, gerade jüngere Fellows kommen inzwischen auch mit Familie nach Berlin. Das Kolleg stellt Wohn- und Arbeitsräume zur Verfügung, organisiert Sprachkurse und hilft bei der Schul- oder Kindergartensuche. Es bietet, so Katharina Wiedemann, "viele Möglichkeiten und möglichst wenige Vorschriften":
" Aber es gibt drei Pflichten, die sie doch gebeten werden einzuhalten: Das ist einmal die Residenzpflicht, während dieses akademischen Jahres sollen diese Fellows möglichst hier in Berlin bleiben und nicht permanent zu Vortragsreisen aufbrechen - nicht alles lässt sich vermeiden - Die zweite Pflicht ist: jeder Fellow muss einmal während dieses Jahres ein Kolloquium für die andern Fellows halten, also sein Arbeitsprojekt vorstellen und auch zur Diskussion stellen. Und das dritte ist: die Fellows sollen einmal am Tag miteinander essen. Auf diese Weise kommen sie einmal am Tag aus ihren einzelnen Klausen heraus und haben die Gelegenheit, sich auszutauschen. "
Das verspricht auf jeden Fall interessante Begegnungen und Diskussionen. Denn neben Anthropologen, Physikern, Soziologen oder Kybernetikern aus aller Welt saßen auch schon die Schriftsteller Rolf Hochhuth und Imre Kertèsz, der Komponist Hans Werner Henze oder die Politikerin Antje Vollmer als Fellows mit am gemeinsamen Mittagstisch.
Aber neben intellektuellen Grenzerfahrungen für die einzelnen Wissenschaftler will das Kolleg auch die Wissenschaftsentwicklung insgesamt vorantreiben. Rektor Dieter Grimm:
" Was immer mal vorgekommen ist, dass man mit Hilfe des Wissenschaftskollegs Gelegenheit hatte, Forschungsströmungen, die in Deutschland noch ein bisschen schwach sind, auf den Weg zu bringen Wo in Deutschland lange Zeit wenig gearbeitet wurde, ist die Wissenschaftsgeschichte, über die Bedingungen, unter denen wissenschaftliches Wissen produziert wird und über die Bedingungen unter denen es wieder rezipiert und verwendet wird, ist hier lange Zeit nicht viel geforscht worden - in anderen Ländern ja. "
Und auch mit aktuellen Fragen befassen sich Forscher im Wissenschaftskolleg, betont der Jurist und ehemalige Bundesverfassungsrichter:
" Ehe die Konflikte, die wir heute alle kennen, wie sie im Karikaturenstreit einen gewissen Gipfel erreicht haben, aber auch in vielen selbst kriegerischen Auseinandersetzungen, ehe die manifest wurden, hat mein Vorgänger Wolf Lepenies die richtige Einschätzung gehabt, dass Religionskonflikte eine zunehmende Bedeutung haben werden, und auch gesagt, über den Islam wissen wir viel zu wenig. Und dann ist es aber gut, wenn man darüber mehr wissen will, dass man auch versucht mit denjenigen, deren kulturelle Heimat das ist, zusammen zu forschen und das ist der Beginn für die Einladung von vielen Islamwissenschaftlern, aber eben auch Islamwissenschaftlern aus dem Islam selber gewesen. "
Allerdings, so Dieter Grimm, sei ein Prinzip des Hauses, die Auseinandersetzung mit einem Thema nicht gleich in aller Öffentlichkeit auszutragen.
" Damit will ich nicht sagen, dass alles nur in völliger Abgeschlossenheit vor sich geht. Wir haben ja mindestens einmal im Monat eine Veranstaltung für ein größeres Publikum, und da würden wir solche Themen nicht aussparen natürlich, aber man muss erstmal ein Klima schaffen, in dem man sich offen und vertrauensvoll äußert, und das ist nicht sofort herzustellen, wenn man sofort alles öffentlich macht. "
Das Wissenschaftskolleg zu Berlin: Kein "Elfenbeinturm" also, aber ein Ort des Denkens - ohne an die sofortige Verwertbarkeit denken zu müssen.
" Das Vorbild des Wissenschaftskollegs ist das Institute for Advanced Study in Princeton, das 1930 gegründet wurde und das in Europa vor allem bekannt wurde, weil Exil-Denker wie Albert Einstein dort lange geforscht haben. Institute for Advanced Study widmen sich tatsächlich vor allem der Forschung und laden Wissenschaftler ein, ein Jahr, manchmal auch einen kürzeren Zeitraum, an diesem Institut zu verbringen um ein bestimmtes persönlich gewähltes Arbeitsvorhaben zu verfolgen - ganz intensiv und ohne Ablenkung. "
Auch heute noch kann das Wissenschaftskolleg eine Art "Fluchtpunkt" für Wissenschaftler sein, glaubt der Rektor Professor Dieter Grimm. Denn Forscher müssen zunehmend unter Bedingungen arbeiten, die mit ihrer eigentlichen Aufgabe nicht viel zu tun haben, so Grimm:
" Es gibt Verwaltungsarbeit, es gibt viele Gremiensitzungen, man muss in zunehmenden Maße Geld einwerben, Anträge stellen, herumreisen dafür, und die Zeit für das eigentliche, was ein Wissenschaftler tun soll, Forschung, wird immer knapper. Und deswegen ist die Grundidee: wir geben Wissenschaftlern, und zwar den besten, die wir kriegen können, ein Jahr, in dem sie ohne jede Ablenkung, wenn sie wollen, in voller Konzentration auf ein wichtiges Werk, hier arbeiten können. Und das noch in einem anregenden Kontext. Wir würden sie nicht gerne wie Mönche in der Einzelzelle sitzen haben, sondern sie sollen natürlich davon profitieren, dass neben ihnen selbst gleichzeitig noch 40 andere ebenso gute da sind. "
1000 "Fellows" waren seit 1980 schon am Wissenschaftskolleg, darunter der Sozialphilosoph Ivan Illich, der französische Historiker Philippe Ariès oder der Pädagoge Hartmut von Hentig. Die Mehrzahl der Kandidaten wird vorgeschlagen, manche bewerben sich auch selbst; außerdem sucht das Kolleg gezielt, um konkrete Themen zu besetzen. Jeder einzelne Kandidat wird mehrfach von verschiedenen Gremien begutachtet und diskutiert. Mit der Auswahl befasst sich unter anderem Dr. Katharina Biegger:
" Also wichtig ist uns in erster Linie wissenschaftliche Qualität; wir sind nicht ein Institut für Doktoranden, also man erwartet in der Regel schon ein fortgeschrittenes Stadium, wir streben eine gute Mischung an zwischen jung und alt, wir streben auch eine möglichst internationale Gruppe an für jedes Jahr, d.h. wir möchten vielleicht ein Viertel bis ein Drittel deutsche Fellows haben, (damit die "Erdung" hier auch funktioniert und) dass die Verbindung zum deutschen Umfeld auch da ist, aber im übrigen möchten wir möglichst alle Erdteile vertreten haben, möglichst viele Sprachen, möglichst viele Kulturen, das klappt natürlich nicht so, wie wir uns das träumen und sowieso nicht jedes Jahr, aber insgesamt kann man glaub ich schon sagen, dass wir ein relativ großes Einzugsgebiet erreichen. Dann, und das ist eigentlich das allerwichtigste, gucken wir natürlich nach den Projekten. "
Immer noch sind die Mehrzahl der 40 jährlichen Fellows Männer, eine Widerspiegelung der internationalen Wissenschaftslandschaft. Und es kommen nur wenige Naturwissenschaftler, sagt Wiedemann:
" Die sind häufig nicht in der Lage, auf längere Zeit ihre Labors zu verlassen. Wir können hier keine Laboreinrichtungen zur Verfügung stellen, dennoch ist es ein Anliegen, auch immer mal Wissenschaftler, die normalerweise in Labors oder in der Natur forschen, hierher einzuladen, und die kommen dann häufiger für einen kürzeren Zeitraum. "
Viele, gerade jüngere Fellows kommen inzwischen auch mit Familie nach Berlin. Das Kolleg stellt Wohn- und Arbeitsräume zur Verfügung, organisiert Sprachkurse und hilft bei der Schul- oder Kindergartensuche. Es bietet, so Katharina Wiedemann, "viele Möglichkeiten und möglichst wenige Vorschriften":
" Aber es gibt drei Pflichten, die sie doch gebeten werden einzuhalten: Das ist einmal die Residenzpflicht, während dieses akademischen Jahres sollen diese Fellows möglichst hier in Berlin bleiben und nicht permanent zu Vortragsreisen aufbrechen - nicht alles lässt sich vermeiden - Die zweite Pflicht ist: jeder Fellow muss einmal während dieses Jahres ein Kolloquium für die andern Fellows halten, also sein Arbeitsprojekt vorstellen und auch zur Diskussion stellen. Und das dritte ist: die Fellows sollen einmal am Tag miteinander essen. Auf diese Weise kommen sie einmal am Tag aus ihren einzelnen Klausen heraus und haben die Gelegenheit, sich auszutauschen. "
Das verspricht auf jeden Fall interessante Begegnungen und Diskussionen. Denn neben Anthropologen, Physikern, Soziologen oder Kybernetikern aus aller Welt saßen auch schon die Schriftsteller Rolf Hochhuth und Imre Kertèsz, der Komponist Hans Werner Henze oder die Politikerin Antje Vollmer als Fellows mit am gemeinsamen Mittagstisch.
Aber neben intellektuellen Grenzerfahrungen für die einzelnen Wissenschaftler will das Kolleg auch die Wissenschaftsentwicklung insgesamt vorantreiben. Rektor Dieter Grimm:
" Was immer mal vorgekommen ist, dass man mit Hilfe des Wissenschaftskollegs Gelegenheit hatte, Forschungsströmungen, die in Deutschland noch ein bisschen schwach sind, auf den Weg zu bringen Wo in Deutschland lange Zeit wenig gearbeitet wurde, ist die Wissenschaftsgeschichte, über die Bedingungen, unter denen wissenschaftliches Wissen produziert wird und über die Bedingungen unter denen es wieder rezipiert und verwendet wird, ist hier lange Zeit nicht viel geforscht worden - in anderen Ländern ja. "
Und auch mit aktuellen Fragen befassen sich Forscher im Wissenschaftskolleg, betont der Jurist und ehemalige Bundesverfassungsrichter:
" Ehe die Konflikte, die wir heute alle kennen, wie sie im Karikaturenstreit einen gewissen Gipfel erreicht haben, aber auch in vielen selbst kriegerischen Auseinandersetzungen, ehe die manifest wurden, hat mein Vorgänger Wolf Lepenies die richtige Einschätzung gehabt, dass Religionskonflikte eine zunehmende Bedeutung haben werden, und auch gesagt, über den Islam wissen wir viel zu wenig. Und dann ist es aber gut, wenn man darüber mehr wissen will, dass man auch versucht mit denjenigen, deren kulturelle Heimat das ist, zusammen zu forschen und das ist der Beginn für die Einladung von vielen Islamwissenschaftlern, aber eben auch Islamwissenschaftlern aus dem Islam selber gewesen. "
Allerdings, so Dieter Grimm, sei ein Prinzip des Hauses, die Auseinandersetzung mit einem Thema nicht gleich in aller Öffentlichkeit auszutragen.
" Damit will ich nicht sagen, dass alles nur in völliger Abgeschlossenheit vor sich geht. Wir haben ja mindestens einmal im Monat eine Veranstaltung für ein größeres Publikum, und da würden wir solche Themen nicht aussparen natürlich, aber man muss erstmal ein Klima schaffen, in dem man sich offen und vertrauensvoll äußert, und das ist nicht sofort herzustellen, wenn man sofort alles öffentlich macht. "
Das Wissenschaftskolleg zu Berlin: Kein "Elfenbeinturm" also, aber ein Ort des Denkens - ohne an die sofortige Verwertbarkeit denken zu müssen.