"Ich wache morgens auf und wundere mich, dass ich Architekt - sogar ein moderner Architekt - und Brite sein kann." So schrieb James Stirling 1954 als ganz junger Architekt, dem es darum ging, wie er sagte, "die Sprache des Modernismus zu erweitern."
Das war im eher konservativen Großbritannien kein leichtes Unterfangen, doch "Big Jim", wie seine Freunde den gewaltigen Schotten nannten, war mit legendärem Selbstbewusstsein gesegnet, und verfolgte sein Leben lang unbeirrt dieses Ziel. Seine beiden frühen Großprojekte vom Beginn der Sechzigerjahre zeigen exemplarisch das Positive und Negative seiner Architektur: Die Fakultät für Ingenieurwesen an der Uni Leicester und die Geschichts-Fakultät in Cambridge sind kühne Visionen aus Backstein und Glas - überraschende Winkel, auf Säulen gestellte Pavillons, stürzende Glasdächer. Bewundert von Kollegen, abgelehnt von der Öffentlichkeit, vor allem von den Benutzern, denn architektonische Bravour ging Hand in Hand mit undichten Dächern, nicht schließenden Fenstern, wegen unzulänglicher Glasqualität Hitze im Sommer, Kälte im Winter.
Mit dem Beginn der Postmoderne erweiterte sich auch Stirlings Vokabular, doch sein Umgang mit der Architekturgeschichte ist viel natürlicher und auch spielerischer als bei den meisten anderen Postmodernen. Nicht umsonst nannte ihn ein Kritiker einen Homo ludens der Architektur. Er selbst verbat sich die Einordnung als Postmoderner ebenso wie vorher die als Modernist.
Als sein Meisterwerk gilt die zwischen 1977 und 1984 entstandene Neue Staatsgalerie in Stuttgart, obwohl seine deutschen Kollegen Frei Otto und Günther Behnisch, die den 3. Preis bei der Ausschreibung gewannen, den Entwurf als formalistisch, ja sogar quasi-faschistisch anprangerten. Ein Bau aus ineinander übergehenden Bauteilen, voller abstrakter Zitate klassizistischer Elemente wie Schinkels Altes Museum in der für Skulpturen genutzten Rotunde, und von Motiven des Konstruktivismus. Alles ernsthaft und massiv, aber auch leicht und spielerisch, auch wegen seiner Farbigkeit.
Einer der Höhepunkte seiner Architektur ist zweifelsohne sein Entwurf für das Hauptquartier der Braun AG in Melsungen - das Bürogebäude ein elegantes Halbrund, wie die von ihm geliebten Crescents der Stadt Bath aus dem 18. Jahrhundert, hier aber auf Piloten ruhend, daneben Fabrik und Lager, beides mit einer Galleria auf Holzpfählen verbunden, und das ganze Ensemble eingebettet in eine grüne Landschaft.
Die Ausstellung ist auch eine Art Heimkehr für Stirling. Nicht nur renovierte er das backsteinerne Lagerhaus am ehemaligen Hafen von Liverpool, in dem die Tate Liverpool untergebracht ist, sondern er baute auch die Clore Gallery, in der die Schau zu sehen ist. Auch sie stieß zunächst auf Ablehnung, vor allem wegen der von ihm verwendeten Farben, ein giftiges Grün etwa oder ein Violett, das man nicht in einem Museum für die Kunst des Romantikers William Turner erwarten würde. Heute sehen sie eher zahm aus.
Architektur-Ausstellungen sind eigentlich immer nur Ersatz, denn um die Arbeit eines Architekten wirklich einschätzen zu können, muss man die Gebäude selbst sehen und sie begehen, von außen und von innen. Zeichnungen und Modelle mögen noch so schön sein - und die von Stirling sind es wirklich -, doch sie vermitteln nur einen oberflächlichen Eindruck. Hier ganz besonders, denn nur wenige der Bauten sind mit Fotos dokumentiert - eine Ausstellung also eher für Eingeweihte, denn für den Laien.
James Stirling: Notes from the Archive. Tate Britain, Clore Gallery. Bis 21. August 2011. Internet: www.tate.org.uk
Das war im eher konservativen Großbritannien kein leichtes Unterfangen, doch "Big Jim", wie seine Freunde den gewaltigen Schotten nannten, war mit legendärem Selbstbewusstsein gesegnet, und verfolgte sein Leben lang unbeirrt dieses Ziel. Seine beiden frühen Großprojekte vom Beginn der Sechzigerjahre zeigen exemplarisch das Positive und Negative seiner Architektur: Die Fakultät für Ingenieurwesen an der Uni Leicester und die Geschichts-Fakultät in Cambridge sind kühne Visionen aus Backstein und Glas - überraschende Winkel, auf Säulen gestellte Pavillons, stürzende Glasdächer. Bewundert von Kollegen, abgelehnt von der Öffentlichkeit, vor allem von den Benutzern, denn architektonische Bravour ging Hand in Hand mit undichten Dächern, nicht schließenden Fenstern, wegen unzulänglicher Glasqualität Hitze im Sommer, Kälte im Winter.
Mit dem Beginn der Postmoderne erweiterte sich auch Stirlings Vokabular, doch sein Umgang mit der Architekturgeschichte ist viel natürlicher und auch spielerischer als bei den meisten anderen Postmodernen. Nicht umsonst nannte ihn ein Kritiker einen Homo ludens der Architektur. Er selbst verbat sich die Einordnung als Postmoderner ebenso wie vorher die als Modernist.
Als sein Meisterwerk gilt die zwischen 1977 und 1984 entstandene Neue Staatsgalerie in Stuttgart, obwohl seine deutschen Kollegen Frei Otto und Günther Behnisch, die den 3. Preis bei der Ausschreibung gewannen, den Entwurf als formalistisch, ja sogar quasi-faschistisch anprangerten. Ein Bau aus ineinander übergehenden Bauteilen, voller abstrakter Zitate klassizistischer Elemente wie Schinkels Altes Museum in der für Skulpturen genutzten Rotunde, und von Motiven des Konstruktivismus. Alles ernsthaft und massiv, aber auch leicht und spielerisch, auch wegen seiner Farbigkeit.
Einer der Höhepunkte seiner Architektur ist zweifelsohne sein Entwurf für das Hauptquartier der Braun AG in Melsungen - das Bürogebäude ein elegantes Halbrund, wie die von ihm geliebten Crescents der Stadt Bath aus dem 18. Jahrhundert, hier aber auf Piloten ruhend, daneben Fabrik und Lager, beides mit einer Galleria auf Holzpfählen verbunden, und das ganze Ensemble eingebettet in eine grüne Landschaft.
Die Ausstellung ist auch eine Art Heimkehr für Stirling. Nicht nur renovierte er das backsteinerne Lagerhaus am ehemaligen Hafen von Liverpool, in dem die Tate Liverpool untergebracht ist, sondern er baute auch die Clore Gallery, in der die Schau zu sehen ist. Auch sie stieß zunächst auf Ablehnung, vor allem wegen der von ihm verwendeten Farben, ein giftiges Grün etwa oder ein Violett, das man nicht in einem Museum für die Kunst des Romantikers William Turner erwarten würde. Heute sehen sie eher zahm aus.
Architektur-Ausstellungen sind eigentlich immer nur Ersatz, denn um die Arbeit eines Architekten wirklich einschätzen zu können, muss man die Gebäude selbst sehen und sie begehen, von außen und von innen. Zeichnungen und Modelle mögen noch so schön sein - und die von Stirling sind es wirklich -, doch sie vermitteln nur einen oberflächlichen Eindruck. Hier ganz besonders, denn nur wenige der Bauten sind mit Fotos dokumentiert - eine Ausstellung also eher für Eingeweihte, denn für den Laien.
James Stirling: Notes from the Archive. Tate Britain, Clore Gallery. Bis 21. August 2011. Internet: www.tate.org.uk