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Der Aufschwung im Norden kommt

In Schwerin wurde am Freitag der Grundstein für eine neue Nestlé-Fabrik gelegt. Das Unternehmen ist nicht das einzige, das sich in der energiereichen Region ansiedelt: Mecklenburg-Vorpommern ist derzeit das Bundesland mit dem stärksten Wirtschaftswachstum.

Von Peter Marx | 31.05.2013
    Auf den ersten Blick wirkt der Industriepark Göhrener Tannen am Rande der Landeshauptstadt beinahe idyllisch: Kilometerweite Kieferwälder säumen Äcker und Wiesen. Nur der Lärm von Baggern zerstört diesen Eindruck. Hier baut der Konzern Nestlé sein neues Kapsel-Werk. "Endlich", sagen die Einheimischen, "passiert hier was." Der Industriepark steht für die größte Wirtschafts-Niederlage von Stadt und Land. Denn 2001 entschied BMW, das neue Autowerk nicht bei den Göhrener Tannen zu bauen, sondern am Stadtrand von Leipzig. Für Harry Glawe, Wirtschaftsminister des Landes ist Nestlé deshalb eine...

    "…neue Hoffnung für die Region, dass wir hier auch Industriestandort werden können, der sehr innovative Produkte auf den Markt bringt und das in besonderer Weise der Ernährungswirtschaft und der Nahrungsgüter-Industrie zuzurechnen ist."

    Vor sechs Jahren hat Michael Sturm, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft MV-Invest die ersten zarten Verbindungen zu Nestlé geknüpft. Heute kann er sich zurücklehnen, sein größter Fischzug gelang:

    "Diese Investitionshöhe, eine viertel Milliarde, und auch die Arbeitsmarktzahl ist im europäischen Vergleich einfach ganz, ganz weit oben. Im Schnitt werden in Europa 100 Arbeitsplätze pro Ansiedlung geschaffen und die Investitionssummen sind deutlich geringer, ein Zehntel davon. D. h., es ist von daher immens wichtig, was uns hilft die kleineren Ansiedlungen noch nachzuziehen, den Bestand aufzufüllen."

    Das neue Werk, sagt Sturm, wirkt wie ein Türöffner und half mit im vergangenen Jahr weitere Unternehmen zu überzeugen, in Mecklenburg-Vorpommern zu investieren. Hans Thon, Präsident der IHK Schwerin, spricht von einem "Leuchtturm mit Signalwirkung."

    "Wir haben im letzten Jahr alleine für 670 Millionen Ansiedlungen gehabt und da sind mal eben in der Folge 2200 neue Arbeitsplätze entstanden."

    Für dieses Jahr erwartet der IHK-Chef weitere 18 Firmen, die sich im Bundesland ansiedeln wollen.

    "Wir sind ganz stark in der Ernährungswirtschaft aufgestellt. Wir sind ganz, ganz weit vorne bei erneuerbaren Energien. Wir sind auch ganz weit vorne inzwischen im Tourismus sowieso, aber eben auch im Bereich der Medizintechnik."

    Das Land punktet seither immer häufiger bei investitionsbereiten Unternehmen und ist nicht mehr nur zweiter Sieger wie in den vergangenen Jahren. Die Gründe dafür sieht Hans Thon unter anderem im Energieangebot:

    "Wir werden vom nächsten Jahr an Exporteur von Strom sein. Aber warum sollte sich Industrie nicht dort ansiedeln, wo die Energie ist, und zwar wo sie ständig ist, wo sie vorhanden ist. Sie brauchen einfach Versorgungssicherheit. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass viele große Firmen, die sehr viel Energie verbrauchen, dass die hier große Chancen haben bei uns in Mecklenburg sich anzusiedeln."

    Michael Sturm machte dagegen die Erfahrung, dass die Firmenchefs meistens nur wussten, dass man in Mecklenburg-Vorpommern gut Urlaub machen kann.

    "Aber es ist weniger bekannt, dass hier die Firma Liebherr innerhalb von acht oder zehn Jahren die maritime Milliarde geknackt hat mit ihrer Kranproduktion in Rostock. Das hier großartige Firmen im Windbereich wie Nordex gute Geschäfte machen und von hier aus die Welt beliefern mit ihren Produkten."


    Nach einer Stunde war der Grundstein für das neue Nestlé-Werk gelegt. Für das Bundesland bedeutet das neue Werk die Fortsetzung des wirtschaftlichen Aufschwungs. Schon jetzt hat Mecklenburg-Vorpommern das höchste Wirtschaftswachstum aller Bundesländer und die Arbeitslosenquote ist heute so niedrig wie noch nie.