Archiv


Der Biomarkt-Betrug

Biomärkte boomen. Doch nicht immer sind alle Produkte aus sogenannten Bioläden auch wirklich "bio". Viele Betreiber mischen zwischen die Ökoprodukte ganz normale, unzertifizierte Ware. Deshalb will der Bundesverband Naturkost und Naturwaren in diesem Jahr eine Sortimentsrichtlinie verabschieden, die regelt, welche Produkte in Bioläden angeboten werden dürfen.

Von Stephan Haufe |
    "Erwarten Sie das im Bioladen alles Bio ist? Natürlich logisch, das ist ja sonst kein Bioladen. Ein Ökosiegel erwarte ich auf jeden Fall. Zumindest in meinem Laden. Bei den großen allerdings, da bin ich mir nicht immer so sicher."

    Dass Zweifel über das Angebot in Bioläden angebracht sind, bestätigt der Bundesverbandes Naturkost und Naturwaren, kurz BNN. Der Verband vertritt über 200 Naturkostläden und Biosupermärkte.

    Es gäbe Bioläden, in denen eine Vielzahl von Produkten tatsächlich nicht ”bio” seien, wie zum Beispiel bei einem Biosupermarkt in Trier. Hier besteht rund die Hälfte der Palette aus konventionellen Produkten. Das Ärgerliche ist, dass der Verbraucher das oft nicht erkennen könne.

    Auch bei Bio-Lüske, einem Supermarkt im Süden Berlins, gibt es mittlerweile Tomatensoucen, Marmeladen, Linsen oder Apfelsaft ohne Biosiegel. Hier allerdings steht es auf den Preisschildern.Geschäftsführer Frank Lüske:

    "Es hat schon mal jemand gesagt: Oh, das wusste ich gar nicht, dass hier nicht zertifizierte Waren vertrieben waren. Das ist aber auch ganz wichtig, dass wir das kommunizieren. Das es an den Preisschildern drauf steht, dass es sich um ein nichtzertifiziertes Produkt handelt."

    Das betrifft, so Lüske, hauptsächlich Feinkostartikel, wie zum Beispiel Soucen und Kräuterpasten.

    "Allerdings im Frischfleischbereich, beim Käsebereich, im Obst und Gemüsebereich haben wir 100 Prozent Bio. Und das ist uns auch sehr wichtig."

    Beim Mischen von Nicht-Biofeinkost und Bioprodukten beginnt für Georg Kaiser das Problem: Er ist Geschäftsführer der Supermarktkette Biocompany:

    "Da müsste man dann ehrlicherweise sagen, das ist kein reiner Bioladen mehr, sondern ein Feinkostladen mit Bioanteil."

    In seinen Filialen hängt ein großes N: Es steht für: kontrolliertes Biofachgeschäft. Seit sechs Jahren lässt er sein Angebot freiwillig durch den BNN kontrollieren. Wer Mitglied im BNN ist, darf nur wenige Produkte anbieten, die nicht Bio sind, wie Honig, Algenprodukte oder Fische. Aber auch das kann den Kunden verwirren. Nach Kaisers Meinung besteht bei der Bezeichnung ”Bioladen” darum dringend Handlungsbedarf.

    "Ich bin der Meinung, der Verbraucher muss eine klare Linie finden, was sich Bio auch nennen darf. Der Begriff Bio oder Öko ist ja seit 1996 über die EU-Öko-Verordnung geschützt. Das bezieht sich aber nur auf Produkte nicht auf Verkaufsstätten. Und da ist es unser mittel und langfristiges Ziel, das zu regeln, damit der Verbraucher hier nicht getäuscht wird."

    Erreichen will Kaiser das mit einer Sortimentsrichtlinie, die zur Zeit vom BNN, dem Verband der Biosupermärkte und dem Verband Naturkost Südbayern erarbeitet wird.

    "Unser Ziel ist es, im Verband der Biosupermärkt,. im BNN, möglichst viele Geschäfte zu gewinnen, eine klare Defintion dessen abzugeben, was ein Biomarkt, was ein Biosupermarkt sein darf."

    Demnach sollen sich alle Bioläden verpflichten, ohne Ausnahme nur noch Ware aus der ökologischen Landwirtschaft anzubieten.

    "Ziel soll es sein, möglichst viele Biomarktbetreiber darin zu integrieren, um möglichst eine Allgemeingültigkeit ableiten zu können."

    Für Kunden in Bioläden heißt es aber weiterhin: genau hinschauen. Denn die entsprechende Sortimentsrichtlinie soll erst 2009 verabschiedet werden. Dann bekommen die Mitgliedsläden zwei bis vier Jahre Zeit, sie umzusetzen. Ob ein Biosupermarkt sein Angebot kontrollieren lässt, kann er auch mit Richtlinie selbst entscheiden. Und noch einen Haken hat das Vorhaben: Die Mehrzahl der deutschen Biofachgeschäfte ist in den Einzelhandelsverbänden gar nicht organisiert.