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Der Brexit und die Börsenfusion
Jetzt erst recht?

Für den geplanten Zusammenschluss der Deutschen Börse mit der Londoner Stock Exchange, kurz LSE, fehlt nur noch die Zustimmung der EU-Kommission und des Hessischen Wirtschaftsministeriums. Dort gibt es angesichts des Brexits aber Bedenken.

Von Michael Braun | 17.01.2017
    Carsten Kengeter, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Boerse AG in Frankfurt.
    Carsten Kengeter, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Boerse AG in Frankfurt, wirbt für die Fusion mit der Londoner Börse. (imago/Sven Simon)
    Sie reden miteinander. Um 14 Uhr geht es los. Sie reden, weil sich Deutsche Börse und Landesregierung keineswegs einig sind über die geplante Fusion von Deutscher und Londoner Börse. Diese Einigkeit muss aber sein. Denn der Börsenhandel, täglich ein Milliardengeschäft, ist eine öffentlich-rechtliche Veranstaltung, den die Deutsche Börse nur betreibt.
    Die Landesregierung hat aber die Aufsicht – und in vielem das letzte Wort. Es gilt noch, was Ministerpräsident Volker Bouffier kürzlich sagte, dass die Aufsicht nicht nur auf ordentliche Abwicklung der Geschäfte schaue:
    "Unsere Aufgabe ist, sicherzustellen einen ordnungsgemäßen Handel und die Fortentwicklung dieses Handels. Und das bedeutet, dass nicht Entwicklungen stattfinden, die es unmöglich machen, dass hier eine Börse angemessen betrieben werden kann und sich auch fortentwickelt. Es ist eine Art Bestands-, aber auch eine Entwicklungsgarantie, die das Börsengesetz uns als Aufgabe zuschreibt."
    Aktionäre wollen die Fusion
    Und bislang denkt die Landesregierung, eine fusionierte Börse mit dem Konzernsitz in London erfülle diese Entwicklungsgarantie nicht, erst recht nicht unter dem Regime eines Brexit.
    Die Deutsche Börse sieht das anders. Sie hat sich von einem ihrer größten Aktionäre Hilfe geholt. Der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock ist zugleich bedeutender Miteigentümer der Londoner Börse. Und er ist für den Zusammenschluss beider Börsen, erst recht jetzt, wo der Brexit sich deutlicher abzeichnet. Das hat Blackrock-Chef Larry Fink gestern Abend beim Neujahresempfang der Börse deutlich gesagt:
    "Die Deutsche Börse hat selbst viel für einen gesunden Markt getan, als sie die Fusion mit der Londoner Börse vorschlug. In der Tat: Angesichts des Brexit sind Verbindungen mit London noch wichtiger geworden. Entwickelte Kapitalmärkte sind wichtig für das neue Europa."
    Die Botschaft: Wenn die Eigentümer die Fusion wollen, kann sie doch nichts Böses für das Unternehmen sein. Schließlich schädigten Eigentümer sich doch nicht selbst. Und ihre Standorte auch nicht. Der Vorstandschef der Deutschen Börse, Carsten Kengeter, sah das natürlich nicht anders, wies in die Zukunft der Börsenbranche: Börsen würden digital und so einfach zu bedienen sein wie ein App-Store. Das bringe neue Dienstleistungen hervor. Aber dafür brauche man auch Größe. Kengeter lockte:
    Die Börse als Brücke in Europa
    "In den vergangenen Jahren hat die Deutsche Börse dreistellige Millionenbeträge in Frankfurt investiert. Gerade im letzten Jahr haben wir hunderte von Arbeitsplätzen geschaffen. Wir möchten diese Anstrengungen gerne fortsetzen. Das wird uns aber nur möglich sein, wenn wir in Zukunft wieder eine Führungsposition im globalen Wettbewerb erreichen."
    Die Deutsche Börse dürfe nicht an Substanz, nicht den Anschluss verlieren. Sie müsse wachsen. Zusammen mit der Londoner Börse sei das möglich. Dann könne das Unternehmen gar eine Brücke bilden, um nach dem Brexit die beiden Finanzplätze in London und Frankfurt und damit einen wichtigen Teil Europas miteinander zu verbinden.