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Der ewige Kurt

Kurt Beck ist schon seit 16 Jahren Landesvater in Rheinland-Pfalz. Ludger Fittkau meint, dass er mindestens so lange wie die britische Königin im Amt bleiben wird. Eine Glosse.

Von Ludger Fittkau | 06.01.2011
    ""Fünf Jahre gehen doch verdammt schnell vorbei."

    Doch dann kommen ja die nächsten. Und die übernächsten. Nach 16 Jahren Kanzlerschaft Helmut Kohls gab es Kinder, die nicht mehr wussten, dass man den Kanzler abwählen kann. Sie glaubten: Kohl ist immer da - wie die britische Königin.

    Kurt Beck könnte es in Rheinland-Pfalz genauso ergehen. Denn er ist jetzt fast so lange Ministerpräsident, wie Kohl Kanzler war - fast 16 Jahre lang. Und er ist wohl genauso lange aktiver Politiker wie Kohl es war - ein gefühltes halbes Jahrhundert lang tourt Kurt Beck durchs Land an Rhein und Mosel:

    Jetzt hat er sich sogar ein Schloss gebaut - der König Kurt. Na, sagen wir, ein Schlösschen. Mitten in seinem Wahlkreis, in Bad Bergzabern, hat er mit Steuermitteln einen alten Adelssitz zu einem Hotel umbauen lassen. Tourismusförderung ist das, sagt Kurt Beck.

    Ja, gut gehen soll es den Menschen schon in der Pfalz. Oder auch weiter nördlich, im rheinischen Teil des Landes. Dort macht der Landesvater gerne Urlaub und fährt mit dem Fahrrad umher. Da können auch die Grünen nichts gegen haben und werden deshalb auch nach der Wahl mit Kurt Beck koalieren. Dann können sie im nächsten Sommer gleich mitfahren, wenn es wieder auf Sommertournee geht.

    "Es ist wirklich ein Erlebnis und ich kann jedem nur raten, wenn man sich wirklich erholen will, in so eine Region zu kommen."

    Übrigens, Julia Klöckner, Becks CDU-Konkurrentin bei der anstehenden Wahl, fährt auch gern durchs Land. Regio-Tour nennt sie das - mit Live-Berichten vom Rücksitz ihres Gefährts:

    "Hallo, guten Tag, ich freue mich, dass Sie wieder reinklicken. Ich bin jetzt in meinem Tour-Bus. Ich bin gerade abgebogen von der B50 und wir kamen aus Simmern. In Simmern bin ich auf eine Radfahrgruppe getroffen."

    Nein, Kurt Beck war nicht dabei. Julia Klöckner hat eigentlich alles, was Kurt Beck auch hat: Sie verkörpert Gemütlichkeit und Lebenslust der Rheinland-Pfälzer, war ja sogar deutsche Weinkönigin. Klöckner ist jünger und manche meinen auch hübscher als König Kurt - und studierte Theologin.

    Doch Julia Klöckner hat einen Nachteil: Im Gegensatz zu Kurt Beck ist sie nicht immer da gewesen. Beck wirkt wie ein Geschenk, das man irgendwann an der Wahlurne bekommen hat und längst nicht mehr umtauschen kann oder will:

    "Und da ist die Politik natürlich gefragt, dieses Geschenk auch zu unterstützen, das will ich tun."

    Ganz falsch, Frau Klöckner. Sie sind im Wahlkampf - da müssen härtere Töne angeschlagen werden gegenüber dem Amtsinhaber:

    "Arroganz, Selbstherrlichkeit. Ich glaube, es wird Zeit, dass der Bürger die Wahl hat und sich entscheidet: Für die Zukunft statt für die Vergangenheit."

    Schon viel besser. Apropos Vergangenheit. Kurt Beck war mal eine kurze Zeit in Berlin, war nicht so klasse für ihn, schwamm drüber. Seitdem bleibt er immer in Rheinland-Pfalz.

    Julia Klöckner nicht. Sie ist oft in Berlin, weil sie da noch ihren Job hat. Bisher war sie eine Teilzeit-Kandidatin mit gleich zwei Jobs in der Hauptstadt:

    "Ich bin Bundestagsabgeordnete. Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverbraucherministerium. Wir haben vieles angepackt."

    Aber eben in Berlin und nicht in Mainz - zum Beispiel den eigenen CDU-Finanzskandal lange nicht. Und jetzt?

    "Natürlich gibt es auch in den eigenen Reihen Verfehlungen, und wo Menschen sind, ist nicht immer alles richtig."

    Ja, auch bei Kurt Beck nicht, aber trotzdem bewegt der sich immer noch in Rheinland-Pfalz wie der Fisch im Wasser. Er kennt sein Land aus dem Eff, Eff - auch wenn es ein Gerücht sein dürfte, dass er jedes Landeskind mit Namen kennt. Vier Millionen sind auch für König Kurt wohl zwei Millionen zu viel.

    Damit sie aber stets an ihn als gütigen Fürsten denken, geht er mit der Geld-Gießkanne durchs Land und gießt überall kräftig, damit Prestigeprojekte blühen - behaupten zumindest böse Zungen: Stadion in Kaiserslautern, Flughafen Zweibrücken, Freizeitpark am Nürburgring. Das Schloss in Bad Bergzabern hatten wir schon.

    "Nach zwanzig Jahren SPD-Regierung hat sich viel eingeschlichen, was nicht gut ist für unser Land, nicht gut für eine Demokratie."

    Na ja, aber andererseits: Kurt Beck schafft eben Arbeitsplätze, wo er kann. Und wenn Verteidigungsminister zu Guttenberg demnächst im Land Kasernen schließen wird, weil er die Bundeswehr verkleinert: Beck wird da sein und sich vor die Kasernentore setzen, damit die Raketen nicht rausgefahren werden. Wenn es um Rheinland-Pfalz geht, hört der Abrüstungs-Spaß nun wirklich auf!

    Kurt Beck ist eben ein König der kleinen Leute - ob in Uniform oder in Jeans, ob im Weinberg bei Bernkastel-Kues oder in der Werkshalle bei Opel in Kaiserslautern.

    Noch drei Monate bis zu dem Moment, in dem die Bürger ihren König Kurt erneut auf den Thron setzen. Der Grund ist simpel: Bei einem guten König wünschen sich auch Demokraten gerne, er soll immer da sein. Er stört ja nicht und kann weiter wohltätig sein. Und die Zeiten sind friedlich in Rheinland-Pfalz. Keine Wutbürger, nirgends. Die Arbeitslosigkeit niedrig, der Wein ist besser denn je. Und schließlich:

    "Fünf Jahre gehen doch verdammt schnell vorbei."

    Doch dann kommen schon die nächsten. Und die übernächsten. Kurt Beck bleibt. Mindestens so lange wie die britische Königin. Und die ist bekanntlich ewig da.