Als Katharina Wagner vor zwei Jahren in Bayreuth ihre ebenso konfuse wie umstrittene Meistersinger-Deutung vorlegte, da flammte wieder einmal die Grundsatzdebatte auf. Wie lässt sich Richard Wagners einzige Komödie zeitgemäß in Szene setzen, ohne das Stück durch radikales Regietheater zu schlachten? Wie begegnet man, oder vielmehr was entgegnet man der Deutschtümelei? Außerdem gilt es, rund viereinhalb Stunden Musik auf die Bühne zu bringen, inklusive zweier - glücklich endender - Liebesgeschichten. Ferner hat man sich dem alternden, melancholischen Schuhmacher Hans Sachs zu widmen, dem frechen Stolzing, der das Neue in die Musik der alten Sangesgesellen bringt und schließlich ist da auch noch der untalentierte Intrigant Beckmesser.
Katharina Wagner setzte statt auf meisterhafte Sänger auf Meistermaler und verkehrte zudem die Rollen von Stolzing und Beckmesser ins jeweilige Gegenteil. In Erl, wo Gustav Kuhn nun schon ein beträchtliches Weilchen seinen Wagner-Hort sehr erfolgreich hütet, sind solche regietheatralen Ergüsse, mögen sie nun gelungen sein oder nicht, verpönt. Aber immerhin eine Reminiszenz an Bayreuth gab es heuer dennoch, und leider keine gute. Franz Hawlata sang in der Tiroler Provinz den Veit Pogner, in der oberfränkischen Provinz gab er die letzten zwei Jahre einen verraucht-verruchten Sachs - mit überaus groteskem Timbre.
Auch im ersten Aufzug der Erler Meistersinger outrierte Hawlata was das Zeug hält. Es wurde da mehr gebellt und gebrüllt, denn in Wagner'scher Diktion gesungen. Einen Akt später fing sich Pogner/Hawlata indes und sorgte sogar für ein paar richtig schöne Momente.
Schöne Momente, ja exzellente Stimmen gibt es in den neuen Erler "Meistersingern" reichlich, etwa den wunderbar hell strahlenden David von Andreas Schagerl oder Maria Gesslers Eva, mit samtenem Sopran. Bei den Meistern waren sehr unterschiedliche Töne zu hören, am überzeugendsten schmetterte Oskar Hillebrandt (Hans Sachs) seine Verdikte. Hillebrandt gelang trotz einiger Schwächen am Schluss eine ebenso dichte wie einfühlsame Rollengestaltung, prägnant in den Grübeleien über Liebe, Wahn und die eitle (Künstler-)Welt, erregt in der düsteren Anklage gegen welschen Tand und undeutsche Einflüsse, bissig bei der 'Korrektur' Beckmessers.
Sein Schützling Stolzing hingegen singt ja im Stück besser als sein Meister, im Passionsspielhaus brauchte man allerdings ein wenig Geduld mit Michael Baba, der einen sehr schönen und reinen Tenor hat, diesen leider öfters nur mit Mühe zum Einsatz brachte. Aber für seine "Morgentraumdeutweise" und andere lyrische Schmankerl lohnte sich das Warten wirklich. Auch in den kleineren Partien versteckte sich so manche vokale Preziose, besonders schön geriet der würdige Nachtwächter des Carsten Wittmoser und das Erler Urgestein Thomas Gazheli durfte sich als Bäcker Fritz Kothner wieder mal nach Herzenslust (wenngleich nur kurz) entäußern. Etwas blass blieb Hermine Haselböck als Magdalena, während der Tiroler Martin Kronthaler den Beckmesser mit großer Ausdauer und vokaler Pracht gab.
Und die Regie? Kuhn erzählt die Handlung im Wesentlichen brav herunter, ein paar Holzhocker im Bauhaus-Stil, einige Pflanzen und jede Menge Lichtwechsel sind die Kernelemente seiner Inszenierung. Die Meister tragen zunächst historisch anmutende, sehr bunte Gewänder, erst als sie die neuartigen Töne Stolzings akzeptieren (müssen), fallen die alten Stoffe und geben den Blick frei auf moderne Kleidung. Die Personenführung ist meist recht detailliert, wobei im zweiten Aufzug noch einige szenische Dellen auf Nachbesserung warten. Eher misslungen ist die Prügelfuge, wo sich eigentlich alle in ekstatische Raufereien stürzen, während man im Passionsspielhaus eher würdig herumsteht. Da passiert deutlich mehr, wenn wieder einmal Erler Kinder die Bühne bevölkern und allerlei niedliche Miniszenen spielen.
Atemberaubend ist das 'zersplitternde' Terzett von Eva, Stolzing und Sachs im dritten Aufzug, kongenial die Lösung der Sachs'schen Schlussansprache: während er von der Gefahr ausländischer Künste schwadroniert, verwandeln sich alle in Leute von heute und werfen ihre alten Kleider zu Boden - bis endlich auch Sachs resigniert und in der offenbar vorurteilsfreien Jetzt-Zeit ankommt.
Den Chor und das auf der Bühne präsente Orchester hatte Kuhn am Premierenabend bestens im Griff, nur die Bläser gerieten vor allem im ersten Aufzug immer wieder ins Schleudern. So etwas kommt auch an anderen Häusern vor, man denke nur an die Wiener Staatsopern-Premiere der "Walküre", um auf dieses Fehler-Niveau zu kommen, darf man sich in Erl ruhig noch einige Intonationstrübungen leisten ...
Katharina Wagner setzte statt auf meisterhafte Sänger auf Meistermaler und verkehrte zudem die Rollen von Stolzing und Beckmesser ins jeweilige Gegenteil. In Erl, wo Gustav Kuhn nun schon ein beträchtliches Weilchen seinen Wagner-Hort sehr erfolgreich hütet, sind solche regietheatralen Ergüsse, mögen sie nun gelungen sein oder nicht, verpönt. Aber immerhin eine Reminiszenz an Bayreuth gab es heuer dennoch, und leider keine gute. Franz Hawlata sang in der Tiroler Provinz den Veit Pogner, in der oberfränkischen Provinz gab er die letzten zwei Jahre einen verraucht-verruchten Sachs - mit überaus groteskem Timbre.
Auch im ersten Aufzug der Erler Meistersinger outrierte Hawlata was das Zeug hält. Es wurde da mehr gebellt und gebrüllt, denn in Wagner'scher Diktion gesungen. Einen Akt später fing sich Pogner/Hawlata indes und sorgte sogar für ein paar richtig schöne Momente.
Schöne Momente, ja exzellente Stimmen gibt es in den neuen Erler "Meistersingern" reichlich, etwa den wunderbar hell strahlenden David von Andreas Schagerl oder Maria Gesslers Eva, mit samtenem Sopran. Bei den Meistern waren sehr unterschiedliche Töne zu hören, am überzeugendsten schmetterte Oskar Hillebrandt (Hans Sachs) seine Verdikte. Hillebrandt gelang trotz einiger Schwächen am Schluss eine ebenso dichte wie einfühlsame Rollengestaltung, prägnant in den Grübeleien über Liebe, Wahn und die eitle (Künstler-)Welt, erregt in der düsteren Anklage gegen welschen Tand und undeutsche Einflüsse, bissig bei der 'Korrektur' Beckmessers.
Sein Schützling Stolzing hingegen singt ja im Stück besser als sein Meister, im Passionsspielhaus brauchte man allerdings ein wenig Geduld mit Michael Baba, der einen sehr schönen und reinen Tenor hat, diesen leider öfters nur mit Mühe zum Einsatz brachte. Aber für seine "Morgentraumdeutweise" und andere lyrische Schmankerl lohnte sich das Warten wirklich. Auch in den kleineren Partien versteckte sich so manche vokale Preziose, besonders schön geriet der würdige Nachtwächter des Carsten Wittmoser und das Erler Urgestein Thomas Gazheli durfte sich als Bäcker Fritz Kothner wieder mal nach Herzenslust (wenngleich nur kurz) entäußern. Etwas blass blieb Hermine Haselböck als Magdalena, während der Tiroler Martin Kronthaler den Beckmesser mit großer Ausdauer und vokaler Pracht gab.
Und die Regie? Kuhn erzählt die Handlung im Wesentlichen brav herunter, ein paar Holzhocker im Bauhaus-Stil, einige Pflanzen und jede Menge Lichtwechsel sind die Kernelemente seiner Inszenierung. Die Meister tragen zunächst historisch anmutende, sehr bunte Gewänder, erst als sie die neuartigen Töne Stolzings akzeptieren (müssen), fallen die alten Stoffe und geben den Blick frei auf moderne Kleidung. Die Personenführung ist meist recht detailliert, wobei im zweiten Aufzug noch einige szenische Dellen auf Nachbesserung warten. Eher misslungen ist die Prügelfuge, wo sich eigentlich alle in ekstatische Raufereien stürzen, während man im Passionsspielhaus eher würdig herumsteht. Da passiert deutlich mehr, wenn wieder einmal Erler Kinder die Bühne bevölkern und allerlei niedliche Miniszenen spielen.
Atemberaubend ist das 'zersplitternde' Terzett von Eva, Stolzing und Sachs im dritten Aufzug, kongenial die Lösung der Sachs'schen Schlussansprache: während er von der Gefahr ausländischer Künste schwadroniert, verwandeln sich alle in Leute von heute und werfen ihre alten Kleider zu Boden - bis endlich auch Sachs resigniert und in der offenbar vorurteilsfreien Jetzt-Zeit ankommt.
Den Chor und das auf der Bühne präsente Orchester hatte Kuhn am Premierenabend bestens im Griff, nur die Bläser gerieten vor allem im ersten Aufzug immer wieder ins Schleudern. So etwas kommt auch an anderen Häusern vor, man denke nur an die Wiener Staatsopern-Premiere der "Walküre", um auf dieses Fehler-Niveau zu kommen, darf man sich in Erl ruhig noch einige Intonationstrübungen leisten ...