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Der heiße Tanz um potente Partner

Die Berliner Choreografin, Tänzerin und Opernregisseurin Sasha Waltz steht vor einer großen Herausforderung: Sie muss künftig die Hälfte des Etats ihrer Tanscompagnie "Sasha Waltz and Guests" selbst aufbringen. Und das sind zwei Millionen Euro.

Von Elisabeth Nehring |
    Berlin hat mal wieder eine Kulturkrise - aber die ist nicht neu!
    Der Tanz ist hier eines der ewigen Sorgenkinder - und das auf verschiedenen Feldern. Seit Jahren wird Kritik gehegt an der Direktion des Staatsballetts, seit Jahren führt die Companie "Sasha Waltz and Guests" Gespräche mit der Senatskulturverwaltung und weist auf ihre schwierige Situation: Unter ungeheurem Druck und großem finanziellem Risiko muss das Ensemble die Hälfte der vier Millionen Euro selbst erwirtschaften. Selbst wer mit Drahtseilnerven ausgestattet wäre, müsste irgendwann daran ermüden - wenn nicht gar kaputt gehen. Denn das bedeutet: eine ständige Suche nach potenten Kooperationspartnern, viele Gastspielreisen, Planungsunsicherheiten und vor allem: Verhandlungen, Verhandlungen, Verhandlungen. So eine Companie ist nichts, was man nach Belieben ein und ausschalten kann!

    Der Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz konnte sich nun offensichtlich nicht dazu durchringen, an dieser Situation grundlegend etwas zu ändern - aus welchen Gründen auch immer. Das ist mehr als bedauerlich - es deutet auf ein vollkommen fehlendes Gespür für das, was Berlin als Stadt des Tanzes sein könnte.

    Denn Sasha Waltz ist ja inzwischen nicht nur jener "Weltstar", nach dem sich diese verarmte Hauptstadt offensichtlich so sehnt, sie ist vor allem - und das wäre das eigentliche gewesen - mehr mit dieser Stadt und ihrer kulturellen Geschichte und Entwicklung verbunden als die meisten anderen. Als Künstlerin ist sie sozusagen aus Berlin entstanden und hat Berlin über mehr als 20 Jahre mitgeformt. Angefangen in den Sophiensälen der 90er-Jahre, über die große Zeit an der Schaubühne, die Raumbespielungen, die Gastspiele ihrer großen choreografischen Opern, die Arbeit mit der eigenen Jugendcompanie - Sasha Waltz war und ist auch immer ein Teil der sich stetig verändernden Hauptstadt.

    Selbst wer in aller Schärfe ihre Schwächen betrachtet - nicht alle Produktionen waren große Würfe, in vielen hat sie sich selbst zitiert und hat sich dem großen Publikum manchmal allzu sehr kompatibel gezeigt - doch selbst wer das alles genau sieht, kommt nicht umhin zu sagen: Sasha Waltz ist eine große Künstlerin, die sich immer weiter entwickelt und stetig neu zu erfinden versteht.
    Der Kultursenat ist derzeit mit der Nachfolge Vladimir Malakhovs am Staatsballett beschäftigt - und könnte dabei eine der bedeutendsten Töchter der Stadt verlieren. Damit wäre er auf dem Narrenniveau der Stadt Frankfurt angekommen, die seinerzeit William Forsythe durch schmerzhafteste Etatkürzungen demütigte, sich aber ihrerseits seitdem kulturell nicht wieder richtig erholt hat.

    Das alles wirkt kopflos, unausgegoren, ohne Richtung. Die letzten Wochen haben einmal wieder gezeigt: die Stadt Berlin, die sich den Faktor "Kultur" in so extrem großen Lettern auf die Fahnen schreibt, hat keinen Kultursenator, der klug, das heißt in diesem Fall strategisch daran gehen könnte, ein Gesamtkonzept für den Tanz in dieser Stadt zu entwickeln. Statt dessen wurde jetzt der katalanische Choreograf Nacho Duato gebeten, das Staatsballett zu leiten - womit die seichte, gefällige Moderne Einzug halten würde, die dem neuen, schnittigen Geld-Konsum-Investoren-Geist der Stadt bestimmt sehr gut gefallen wird.

    Unter dem haben ja auch nur jene Existenzen zu ächzen, die lange und leidenschaftlich versucht haben, hier etwas aufzubauen, das mehr ist als schnell zu konsumieren, leicht zu verdauen und ökonomisch gut zu verwerten.