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Der Klimawandel hat begonnen

Um Klimaschutz ging es heute beim Umweltbundesamt. Die Mitarbeiter haben den Sachstand verschiedener Institute zusammengetragen und versucht, Schlüsse daraus zu ziehen. Die Hochwasser und Wirbelstürme der vergangenen Monate wurden natürlich auch berücksichtigt. Alles in allem heißt das Fazit: Wir können nicht mehr einfach weiter machen wie bisher. Wenn wir nichts tun, wird alles noch viel schlimmer.

Von Dieter Nürnberger |
    Es geht um die Erwartungen an eine neue Bundesregierung, und diese Erwartungen können ja nun auch konkret an Personen festgemacht werden. Denn seit gestern wissen wir ja, wer denn mit größter Wahrscheinlichkeit Nachfolger von Jürgen Trittin im Amte des Bundesumweltministers werden wird. Sigmar Gabriel, der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident. Vor allem aber war für das Umweltbundesamt wichtig, dass ein eigenständiges Ministerium erhalten bleibt. Das ist nun geschehen. Und der SPD-Politiker Gabriel ist zwar bislang nicht als Umweltfachmann aufgefallen, aber Andreas Troge, der Präsident des Umweltbundesamtes, ist mit der Auswahl des Ministers nicht unzufrieden:

    " Ich kenne Herrn Gabriel noch nicht persönlich, das werden wir sicher in Kürze nachholen. Entscheidend ist, dass Sigmar Gabriel in seinem politischen Werdegang sich als ein außerordentlich durchsetzungsfähiger Politiker erwiesen hat. Dies ist für den Umweltschutz eine sehr günstige Voraussetzung."

    Inhaltlich erwartet das UBA - das Umweltbundesamt - nun Impulse für weitere Innovationen im Bereich der ökologischen Modernisierung Deutschlands. Und wie kein anderes Thema wird der Klimaschutz dabei im Mittelpunkt stehen. Stehen müssen, muss man ja sagen, denn sämtliche Studien und auch Beobachtungen bestätigten die Annahme, dass der Klimawandel stattfindet. Da müsse man gar nicht Hurrikans in den USA oder andere Katastrophen als Zeugen vereinnahmen, ein Blick auf Deutschland zeige da schon genug Alarmierendes. So waren die Jahre zwischen 1990 und 1999 bereits das wärmste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts hierzulande. "Dem Klimaschutz jetzt Beine machen" lautet deshalb eine Forderung des UBA an die Politik. Und ganz wichtig dabei sei, dass sich vor allem die Industriestaaten weiterhin ehrgeizige, aber auch verbindliche Ziele setzen müssten. Das schaffe langfristig Klarheit für mögliche Investitionen. Andreas Troge:
    " Würden das die Industriestaaten nicht mehr machen, hätten wir keine Chance, die Schwellen- und Entwicklungsländer in den nächsten Jahren mit ins Boot zu bekommen. Und wir spüren alle, dass Kioto eigentlich nur die Ouvertüre zum weltweiten Klimaschutz ist, die wirkliche Oper fängt erst an. Das bedeutet, in Deutschland werden wir bis 2020 Treibhausgase in der Größenordnung von 40 Prozent mindern müssen. In der EU ungefähr auch die Größe, 30 bis 40 Prozent. Und wir müssen bis 2050 weltweit mit den Treibhausgas-Emissionen um 50 Prozent runter."

    Nur so könne verhindert werden, dass die Erderwärmung in diesem Jahrhundert um mehr als zwei Grad Celsius zunehme. Der Präsident verweist auch auf Berechnungen, wonach ein Nichtstun oder Zuwenig-Tun in den kommenden Jahren die Staatengemeinschaft deutlich teurer komme als ein starkes Engagement beim Klimaschutz. Weil eben globale Schäden in Billionenhöhe auftreten können. Und ein weiteres Argument sind Arbeitsplätze. Umweltschutz als Jobmotor. Präsident Troge:

    " Unser Spielbein in Deutschland ist bisher die erneuerbare Energie. Das muss jetzt unser Standbein sein. Das soll nicht stehen bleiben, es ist eine stabile Grundlage, Spielbein muss jetzt die Energieeffizienz sein. Das ist auch ein Gebiet, auf welches viele Industrieländer springen werden. Weil dies auch Wertschöpfung bedeutet - und gerade die Schwellenländer wie China und Indien müssen auf Effizienztechniken Wert legen. Weil sie wissen, dass sie künftig gar nicht so viel Energie durch Verschwendung bereitstellen können. "

    Bei den erneuerbaren Energien sei Deutschland gut aufgestellt, in Einzelbereichen liege ja die Exportquote schon bei über 50 Prozent. Das größte Potential sei aber die Energieeffizienz, Stichworte hier: Gebäudesanierung, Vermeidung von Leerlaufverlusten beim Strom, auch Kraft-Wärme-Kopplung. Alles alte Hüte, so gibt der Präsident des Umweltbundesamtes durchaus zu, aber es helfe nichts, da sei zu wenig getan worden in den vergangenen Jahren. Und er umreißt somit die Handlungsfelder eines künftigen Umweltministers. Es gibt also sehr konkrete Erwartungen an die neue Bundesregierung.