So etwas hatte es noch nie an der Scala gegeben: Die Bühne war fast leer. Kahle, graue Stellwände, ein paar einfache Möbel und sonst nichts. Die grau-schwarzen Kostüme wirkten wie vom Wühltisch. In der Pause wurde heftige Kritik an der Inszenierung geübt: zu billig, zu einfach, so gar nicht einer Saisoneröffnung an Italiens berühmtestem Opernhaus würdig, wo man bisher immer nur pompös und prächtige gestaltete Premieren gewohnt war. Andere waren begeistert - und es waren die meisten. An der Scala, das wurde mit Mozarts "Idomeneo" deutlich, ist eine neue Epoche angebrochen.
Zum ersten Mal seit 19 Jahren wurde die Saison nicht durch Riccardo Muti eröffnet, sondern von dem jungen Briten Daniel Harding - der noch nie zuvor die Scala betreten hatte, noch nicht einmal als Zuschauer! Die Regie von Mozarts Lieblingsoper hatte der Schweizer Luc Bondy. Er galt bei Muti wegen seiner psychologisierenden Inszenierungen als persona non grata.
Neu an der Scala ist auch das relativ junge Ensemble, darunter der faszinierende jugendliche Heldentenor Steve Davislim als Idomeneo und die Sopranistin Emma Bell als Elektra. Alles neue Leute an der altehrwürdigen Scala, frohlockt Stephane Lissner, seit Mai Intendant und künstlerischer Direktor in Personalunion:
"Für mich ist das heute wie ein Neubeginn für die Scala. Bondy liefert Regietheater. Harding bringt mit seiner kräftigen und jugendlichen Interpretation dieser Opern frischen Wind in dieses Haus. Das ist man ja hier nicht gewohnt. "
Das sieht auch Harding so, der unter Riccardo Muti nie die Möglichkeit gehabt hätte, an der Scala zu dirigieren. Sein stürmisches Temperament und seine Art, im T-Shirt und in Jeans zu proben, wären unter dem ernsten und stets eleganten Maestro undenkbar gewesen. Lissner schneidet die alten Bärte der, seiner Meinung nach, überholten Rituale ab. Ein modernes Opernhaus muss sicherlich Qualität produzieren, erklärt er, aber es muss auch ein breites Publikum ansprechen und nicht nur die eher konservativen Liebhaber des italienischen Bel Canto:
"In der neuen Saison gibt es viele diskussionswürdige Inszenierungen. Graham Wick wird Eugen Onegin inszenieren und endlich werden hier die bisher an der Scala verschmähten Regisseure Robert Carson und Patrice Chéreau arbeiten. John Eliott Gardiner und Vladimir Jurowski, Lorin Mazel und David Coleman werden dirigieren. Viele neue Gesichter, viele verschiedene Sichtweisen. So muss man Theater machen."
Lissner verschafft der Scala ein neues Image. Das war dringend nötig geworden. Nachdem sein Vorgänger Riccardo Muti mit der Durchsetzung eines skandalumwitterten Theatermanagers und Freundes als neuen Intendanten der Scala kläglich gescheitert - und von seinen eigenen Orchestermusikern zum Rücktritt gezwungen worden war - sank das Ansehen des Opernhauses beträchtlich. Das ganze Ausmaß der Misere wurde deutlich, als man sich endlich wagte, die Ikone Muti und seine Führung der Scala zu diskutieren und zu kritisieren. Vor allem Mutis Charakterzug, der es ihm unmöglich machte, andere bedeutende Künstler an seinem Haus zu dulden.
Die Folge: Die Scala war zu einem zweitklassigen Opernhaus geworden, wo nicht die künstlerische Offenheit zählt, sondern nur die Vorlieben des Maestro. Der Sturz Mutis führte zu spektakulären Rücktritten seiner Freunde aus dem Verwaltungsrat des Theaters. Leute, die auch Freunde von Silvio Berlusconi sind, der fortan nichts unterließ, um den neuen, den Ausländer Stephane Lissner an der Scala, als unfähig vorzuführen. Berlusconi forderte höchstpersönlich ein Dossier zur Scala an, ist er doch davon überzeugt, dass dort zu viele Leute angestellt sind, von denen ein Großteil nur die Hände in den Schoß legt. Vorwürfe, auf die Stephane Lissner gelassen reagiert:
"Diese Kritik macht auf mich keinen Eindruck, weil wir mit unseren rund 800 Mitarbeitern sogar weniger Personal haben als andere vergleichbar große Bühnen. Anstatt sich um unser Personal zu sorgen, sollte sich der Regierungschef lieber um die Finanzierung der Opernhäuser kümmern und uns nicht noch mehr finanzielle Einschnitte bescheren."
Die von der Regierung beschlossenen Sparmaßnahmen für den Kulturfond bedeuten für die Scala einen Verlust von rund 30 Prozent des Budgets für das Jahr 2006. Lissner hofft, dass die neuen Verwaltungsratsmitglieder, allesamt Unternehmer, die finanziellen Lücken schließen werden. Sollten sie das nicht tun hat er ein großes Problem.
Zum ersten Mal seit 19 Jahren wurde die Saison nicht durch Riccardo Muti eröffnet, sondern von dem jungen Briten Daniel Harding - der noch nie zuvor die Scala betreten hatte, noch nicht einmal als Zuschauer! Die Regie von Mozarts Lieblingsoper hatte der Schweizer Luc Bondy. Er galt bei Muti wegen seiner psychologisierenden Inszenierungen als persona non grata.
Neu an der Scala ist auch das relativ junge Ensemble, darunter der faszinierende jugendliche Heldentenor Steve Davislim als Idomeneo und die Sopranistin Emma Bell als Elektra. Alles neue Leute an der altehrwürdigen Scala, frohlockt Stephane Lissner, seit Mai Intendant und künstlerischer Direktor in Personalunion:
"Für mich ist das heute wie ein Neubeginn für die Scala. Bondy liefert Regietheater. Harding bringt mit seiner kräftigen und jugendlichen Interpretation dieser Opern frischen Wind in dieses Haus. Das ist man ja hier nicht gewohnt. "
Das sieht auch Harding so, der unter Riccardo Muti nie die Möglichkeit gehabt hätte, an der Scala zu dirigieren. Sein stürmisches Temperament und seine Art, im T-Shirt und in Jeans zu proben, wären unter dem ernsten und stets eleganten Maestro undenkbar gewesen. Lissner schneidet die alten Bärte der, seiner Meinung nach, überholten Rituale ab. Ein modernes Opernhaus muss sicherlich Qualität produzieren, erklärt er, aber es muss auch ein breites Publikum ansprechen und nicht nur die eher konservativen Liebhaber des italienischen Bel Canto:
"In der neuen Saison gibt es viele diskussionswürdige Inszenierungen. Graham Wick wird Eugen Onegin inszenieren und endlich werden hier die bisher an der Scala verschmähten Regisseure Robert Carson und Patrice Chéreau arbeiten. John Eliott Gardiner und Vladimir Jurowski, Lorin Mazel und David Coleman werden dirigieren. Viele neue Gesichter, viele verschiedene Sichtweisen. So muss man Theater machen."
Lissner verschafft der Scala ein neues Image. Das war dringend nötig geworden. Nachdem sein Vorgänger Riccardo Muti mit der Durchsetzung eines skandalumwitterten Theatermanagers und Freundes als neuen Intendanten der Scala kläglich gescheitert - und von seinen eigenen Orchestermusikern zum Rücktritt gezwungen worden war - sank das Ansehen des Opernhauses beträchtlich. Das ganze Ausmaß der Misere wurde deutlich, als man sich endlich wagte, die Ikone Muti und seine Führung der Scala zu diskutieren und zu kritisieren. Vor allem Mutis Charakterzug, der es ihm unmöglich machte, andere bedeutende Künstler an seinem Haus zu dulden.
Die Folge: Die Scala war zu einem zweitklassigen Opernhaus geworden, wo nicht die künstlerische Offenheit zählt, sondern nur die Vorlieben des Maestro. Der Sturz Mutis führte zu spektakulären Rücktritten seiner Freunde aus dem Verwaltungsrat des Theaters. Leute, die auch Freunde von Silvio Berlusconi sind, der fortan nichts unterließ, um den neuen, den Ausländer Stephane Lissner an der Scala, als unfähig vorzuführen. Berlusconi forderte höchstpersönlich ein Dossier zur Scala an, ist er doch davon überzeugt, dass dort zu viele Leute angestellt sind, von denen ein Großteil nur die Hände in den Schoß legt. Vorwürfe, auf die Stephane Lissner gelassen reagiert:
"Diese Kritik macht auf mich keinen Eindruck, weil wir mit unseren rund 800 Mitarbeitern sogar weniger Personal haben als andere vergleichbar große Bühnen. Anstatt sich um unser Personal zu sorgen, sollte sich der Regierungschef lieber um die Finanzierung der Opernhäuser kümmern und uns nicht noch mehr finanzielle Einschnitte bescheren."
Die von der Regierung beschlossenen Sparmaßnahmen für den Kulturfond bedeuten für die Scala einen Verlust von rund 30 Prozent des Budgets für das Jahr 2006. Lissner hofft, dass die neuen Verwaltungsratsmitglieder, allesamt Unternehmer, die finanziellen Lücken schließen werden. Sollten sie das nicht tun hat er ein großes Problem.