Vier Wohnwagen stehen im Karree: Spielorte für die neue Gardinenpredigt von René Pollesch. Dazwischen weiße Camping-Stühle – die sind für uns. Wer hinten sitzt, sieht beinahe nichts, weil Polleschs aktuelle Darsteller-Muse Fabian Hinrichs gern auch mal bodennah oder hinter und in den Wohnwagen spielt – das ist aber halb so schlimm; denn was zählt, ist ohnehin immer nur Polleschs Text.
Derart "post-dramatisch" ist ja dieses Theater, dass es den Darstellungsprozess auf Bühnen weithin ignoriert, und jedenfalls kaum braucht – weshalb auch Bert Neumann, Ausstattungschef und ästhetischer Chef-Ideologie der Volksbühne in Berlin, im Grunde dazu bauen kann, was ihm gerade so einfällt. In Mülheim nun also eine Variation der "Rollenden Road-Show" von vor knapp zehn Jahren; hinter den Zirkuswagenbühnen die strukturelle Imitation einer Straßen- und Häuserfront, vielleicht in Mülheim "gefunden", sowie ein hell leuchtender, beweglich schwebender Theaterkugelmond, der die Gesichtszüge des Schauspielers Volker Spengler trägt – bis nächstes Wochenende gibt's in diesem "Setting" noch einmal alle drei Teile der "Ruhr-Trilogie".
"Der perfekte Tag", Titelstifter der Schluss-Folge, soll – so will es Polleschs Text - den Erfindungscharakter von solcherart Glückszustand beschreiben; das Glück eines 'perfekten Tages', später auch einer 'perfekten Beziehung', ist letztlich nichts anderes als "Die 100 wichtigsten Erfindungen" aller Zeiten, die Hinrichs zu Beginn (und mit wie immer tätiger Hilfe der Souffleuse Tina Pfurr) tatsächlich komplett, vom 1 bis 100, herunter betet; allerdings ist die Liste in der Chronologie zu Teilen ihrerseits völlig frei erfunden.
Um den 'perfekten Tag' zu zweit zu erfinden, so räsoniert Hinrichs mit Polleschs Worten weiter, müsste eigentlich erst mal der Gegensatz der Geschlechter aufgehoben werden; später verfallen Hinrichs und Partner Volker Spengler aus einem der Wohnwagen heraus (und per Videokamera nach draußen übertragen) ins Philosophieren über den Zusammenhang von Liebe und Lüge in perfektem Zusammenspiel, mit Uwe Johnsons letzter Geschichte, der "Skizze eines Verunglückten", als Ausgangspunkt.
Wie immer ist das weithin klug und clever im Denken und Reden, wie immer lässt sich Polleschs manisches Monologisieren zuweilen recht weit aus der Kurve tragen – und wie (fast) immer bedarf es dazu zwar durchaus jener Darsteller, die das eigene Ich mit diesem intelligenten Dauer-Palaver aufzuladen vermögen; und umgekehrt: das Palaver mit sich selbst. Was Pollesch aber überhaupt nicht braucht, ist das Theater.
Deshalb lässt er Hinrichs zur Einführung auch protzen und prunken mit Ankündigungen theatralischer Höchstleistungen: mindestens ein Pferd wird auftreten, wenigstens auch Hamlet, und das Brachland des alten Bahnhofs muss sich gegen Ende mindestens anfühlen wie Hawaii ... Das Pferd heißt Janosch und ist wirklich da; jede weitere Illusion des Theaters wäre (über die fantasiefördernde Ankündigung hinaus) ja ihrerseits nur wieder Lüge. Und unterbleibt darum.
Prinzipiell sind Pollesch-Abende schon seit geraumer Zeit Vorstellungen für Leute, die eigentlich kein Theater sehen wollen, es vielleicht sogar ein bisschen verachten. Dass wir dafür vom Mülheimer Ringlokschuppen aus tief ins Gelände wandern müssen, über Stock und Stein; dass wir in der Juni-Kälte (für die keiner was kann) über eine halbe Stunde warten müssen, bis es endlich los geht, irgendwie; dass viele für teuer Geld eigentlich fast nichts zu sehen bekommen – all das macht Polleschs vertraute Denkspielerei in mancherlei Hinsicht zur blanken Zumutung; und perfekt, natürlich und wie zu erwarten, ausschließlich im Im-Perfekten.
Derart "post-dramatisch" ist ja dieses Theater, dass es den Darstellungsprozess auf Bühnen weithin ignoriert, und jedenfalls kaum braucht – weshalb auch Bert Neumann, Ausstattungschef und ästhetischer Chef-Ideologie der Volksbühne in Berlin, im Grunde dazu bauen kann, was ihm gerade so einfällt. In Mülheim nun also eine Variation der "Rollenden Road-Show" von vor knapp zehn Jahren; hinter den Zirkuswagenbühnen die strukturelle Imitation einer Straßen- und Häuserfront, vielleicht in Mülheim "gefunden", sowie ein hell leuchtender, beweglich schwebender Theaterkugelmond, der die Gesichtszüge des Schauspielers Volker Spengler trägt – bis nächstes Wochenende gibt's in diesem "Setting" noch einmal alle drei Teile der "Ruhr-Trilogie".
"Der perfekte Tag", Titelstifter der Schluss-Folge, soll – so will es Polleschs Text - den Erfindungscharakter von solcherart Glückszustand beschreiben; das Glück eines 'perfekten Tages', später auch einer 'perfekten Beziehung', ist letztlich nichts anderes als "Die 100 wichtigsten Erfindungen" aller Zeiten, die Hinrichs zu Beginn (und mit wie immer tätiger Hilfe der Souffleuse Tina Pfurr) tatsächlich komplett, vom 1 bis 100, herunter betet; allerdings ist die Liste in der Chronologie zu Teilen ihrerseits völlig frei erfunden.
Um den 'perfekten Tag' zu zweit zu erfinden, so räsoniert Hinrichs mit Polleschs Worten weiter, müsste eigentlich erst mal der Gegensatz der Geschlechter aufgehoben werden; später verfallen Hinrichs und Partner Volker Spengler aus einem der Wohnwagen heraus (und per Videokamera nach draußen übertragen) ins Philosophieren über den Zusammenhang von Liebe und Lüge in perfektem Zusammenspiel, mit Uwe Johnsons letzter Geschichte, der "Skizze eines Verunglückten", als Ausgangspunkt.
Wie immer ist das weithin klug und clever im Denken und Reden, wie immer lässt sich Polleschs manisches Monologisieren zuweilen recht weit aus der Kurve tragen – und wie (fast) immer bedarf es dazu zwar durchaus jener Darsteller, die das eigene Ich mit diesem intelligenten Dauer-Palaver aufzuladen vermögen; und umgekehrt: das Palaver mit sich selbst. Was Pollesch aber überhaupt nicht braucht, ist das Theater.
Deshalb lässt er Hinrichs zur Einführung auch protzen und prunken mit Ankündigungen theatralischer Höchstleistungen: mindestens ein Pferd wird auftreten, wenigstens auch Hamlet, und das Brachland des alten Bahnhofs muss sich gegen Ende mindestens anfühlen wie Hawaii ... Das Pferd heißt Janosch und ist wirklich da; jede weitere Illusion des Theaters wäre (über die fantasiefördernde Ankündigung hinaus) ja ihrerseits nur wieder Lüge. Und unterbleibt darum.
Prinzipiell sind Pollesch-Abende schon seit geraumer Zeit Vorstellungen für Leute, die eigentlich kein Theater sehen wollen, es vielleicht sogar ein bisschen verachten. Dass wir dafür vom Mülheimer Ringlokschuppen aus tief ins Gelände wandern müssen, über Stock und Stein; dass wir in der Juni-Kälte (für die keiner was kann) über eine halbe Stunde warten müssen, bis es endlich los geht, irgendwie; dass viele für teuer Geld eigentlich fast nichts zu sehen bekommen – all das macht Polleschs vertraute Denkspielerei in mancherlei Hinsicht zur blanken Zumutung; und perfekt, natürlich und wie zu erwarten, ausschließlich im Im-Perfekten.