Donnerstag, 18. April 2024

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Desiderius Erasmus oder Gustav Streseman
AfD will parteinahe Stiftung benennen

Seit Wochen streitet die AfD darüber, wer den Zuschlag als parteinahe Stiftung bekommen soll: die Gustav-Stresemann-Stiftung oder die Desiderius-Erasmus-Stiftung. Fällt die seit langem aufgeschobene Entscheidung, könnte die AfD wie andere Parteien von staatlichen Mitteln profitieren - in Millionenhöhe.

Von Nadine Lindner | 09.03.2018
    Eine Stellwand der neuen Bundestagsfraktion der AfD steht am 26.09.2017 anlässlich der ersten Fraktionssitzung der Bundestagsfraktion der Partei Alternative für Deutschland (AfD) im Deutschen Bundestag in Berlin.
    Vergangenes Jahr flossen von verschiedenen Ministerien gut 581 Millionen Euro an die sechs parteinahen Stiftungen von SPD, CDU, CSU, Linken, Grünen und FDP - nun will auch die AfD teilhaben (dpa / Bermd vpn Jutrczenka)
    Am Freitag könnte der Parteivorstand die seit langem aufgeschobene Entscheidung treffen. Dann könnte die AfD wie die anderen im Bundestag vertretenen Parteien von staatlichen Mitteln profitieren - es winkt ein hoher zweistelliger Millionenbetrag pro Jahr. Zudem können private Geldgeber über die Stiftung die Partei unterstützen, ohne als offizielle AfD-Spender aufzutauchen.
    Ab dem späten Vormittag kommt der Bundesvorstand zusammen und auf der Tagesordnung steht - wieder einmal - die Frage der parteinahen Stiftung. Es ist ein Dauerbrennerthema bei der AfD.
    "Um Waffengleichheit herzustellen"
    Die AfD stand politischen Stiftung bislang eher skeptisch gegenüber, will das Geld nun aber nicht liegen lassen.
    "Und deshalb wird, um auch Waffengleichheit herzustellen, ich sag das mal so in diesem kriegerischen Begriff, wird die AfD sich auch um eine Stiftung bemühen, um auch in diesem Bereich mitwirken zu können. Und natürlich auch gesellschaftspolitisch tätig werden zu können."
    Georg Pazderski, stellvertretender Parteivorsitzender, im Vorstand mit zuständig für die Stiftungsfrage:
    "Zur Auswahl stehen derzeit zwei Varianten, beide sind derzeit formell noch Vereine."
    Erika Steinbach als Stiftungs-Vorsitzende
    Erstens: die Desiderius-Erasmus-Stiftung, benannt nach dem niederländischen Gelehrten Erasmus von Rotterdam. Sie wird vom wirtschaftsliberalen AfD-Lager favorisiert.
    Und zweitens die Gustav-Stresemann-Stiftung, die als Verein bereits 2011 in Jena gegründet wurde. Und Sympathien aus dem nationalkonservativen Flügel um Alexander Gauland bekommt. Sie versteht sich als Opposition, als "Gegengewicht zu den ganzen staatsversorgten Stiftungen." Bislang einziges Projekt ist die Auseinandersetzung mit dem Linksextremismus. Die Enkel von Stresemann haben rechtliche Schritte angekündigt, falls die AfD-nahe Stiftung diesen Name tragen sollte.
    Vorstandsmitglied Pazderski lässt offiziell nicht durchblicken, für welche er sich aussprechen wird. Betont aber mehrfach, dass die ehemalige CDU-Abgeordnete Erika Steinbach als neue Vorsitzende der Erasmus-Stiftung positiv sei.
    "Eine sehr profilierte Politikerin, eine sehr profilierte Persönlichkeit, eine Frau, eine starke Frau in die Desiderius-Erasmus-Stiftung eingetreten ist. Und das wird sicherlich auch eine Rolle spielen bei unserer Bewertung."
    Hoher, zweistelliger Millionenbetrag
    Egal wie die Entscheidung ausgeht, die AfD möchte damit - wie die anderen Parteien auch - ihr politisches Umfeld stärken, Parteimitglieder weiterbilden, Studenten über Stipendien fördern, Spendengelder unkompliziert annehmen.
    Die AfD hätte für Bildungsarbeit dann bald einen hohen zweistelligen Millionenbetrag zur Verfügung.
    Sagt der Sozialwissenschaftler Alexander Häusler von der Hochschule Düsseldorf:
    "Das sind eben Beträge, die nicht unbeträchtlich sind. Da dreht es sich um bis zu 80 Millionen Euro jährlich. Das würde den Handlungsspielraum der Partei deutlich erweitern."
    Das Geld könnte die AfD für politische Meinungsbildung ausgeben. Die Mittel werden über den Bundestag vergeben, zuständig ist der Haushaltsausschuss.
    Wann genau das Geld fließen kann, ist noch unklar, sagt AfD-Vorstandsmitglied Andreas Kalbitz.
    "Im Moment ist die Rechtslage nicht ganz klar. Wir kriegen die Mittel schon, aber die Frage ist: zu welchem Zeitpunkt? Und in welcher Höhe?"
    Das bestätigt auch Sozialwissenschaftler Häusler.
    "Sie muss eben zweimal erst mal in einen Landtag oder den Bundestag gewählt sein. Also nach jetzigem Stiftungsrecht dürfte sie erst bei der nächsten Wahl, wo sie wieder in einen Landtag reingewählt wird, das ist Sachsen im nächsten Jahr, das ist die Voraussetzung, um Gelder vom Staat bekommen zu können."
    Genörgel in der Partei, dass alles so lange dauert
    Von AfD-Abgeordneten im Haushaltsausschuss heißt es, dass es unterschiedliche Rechtsauffassungen gäbe, wie lange eine Partei im Parlament präsent sein muss, bis sie von der Förderung profitieren kann.
    Im vergangenen Jahr flossen gut 580 Millionen an die anderen sechs parteinahen Stiftungen. Das Geld, was künftig der AfD zusteht, würde in diesem Topf fehlen und bei den anderen abgezogen.
    Doch bis die AfD-nahe Stiftung ihre Arbeit aufnehmen kann, wird es noch etwas dauern. Es ist - wie vieles bei der AfD - ein heikles Ausbalancieren innerhalb der Partei.
    "Uns geht es darum, ein Stiftungsmodell zu empfehlen, das paritätisch ausgeglichen ist, sowohl nach regionalem Proporz als auch nach innerparteilichen Strömungen."
    Die Parteispitze um Alexander Gauland und Jörg Meuthen will heute eine Empfehlung für den nächsten Parteitag im Sommer aussprechen, der muss dann endgültig entscheiden. Es bleibt ein Dauerbrenner bei der AfD, mindestens noch bis zum Sommer. Aus Fraktionskreisen der AfD im Bundestag gibt es jetzt schon Genörgel darüber, dass alles so lange dauert.