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Deutschlands größter Zwiebelerzeuger hält sich fit für den Wettbewerb

Deutschlands größter Zwiebelerzeuger sitzt im Bundesland Thüringen. Um im Wettbewerb bestehen und sich von den Konkurrenten absetzen zu können, setzen inzwischen auch viele Gemüsebauern auf Qualitätssiegel - ähnlich wie die Fleischbranche, die vor allem viel Vertrauen im Zusammenhang mit der Rinderkrankheit BSE verloren hatte. Auch der Zwiebelproduzent Mitteldeutsches Zwiebelkontor setzt auf Qualität und Zertifizierung. Heute hat das Unternehmen aus dem thüringischen Herbsleben gleich drei Qualitätssiegel erhalten.

Von Susanne Arlt |
    Die Lagerhalle auf dem Gelände der Agrargenossenschaft Herbsleben ist fast so groß wie ein Fußballfeld. Über 200 Tonnen Sommersteckzwiebeln deponiert Karl-Walter Hecht zur Zeit dort. Eine speziell für die Speisezwiebeln entwickelte Lüftung lässt das Lauchgewächs schneller trocknen. Mit seiner Hand greift der Bauer in den Zwiebelberg und fischt eine heraus. Zwischen Daumen und Zeigefinger hält er sie am Stängelansatz fest und prüft, wie trocken das Gemüse ist:

    Das ist die so genannte Schlagstelle, hier oben fängt sie zu trocknen an. Das raschelt. Ich schätze, in zehn Tagen sind sie soweit, dass man sie abpacken kann, vielleicht auch schon in acht Tagen. Das muss noch etwas eintrocken am Hals und dann ist die Ware verkaufsfertig.

    Seit der Rinderkrankheit BSE hat das Vertrauen der Verbraucher in die Landwirtschaft gelitten. Die deutsche Fleischwirtschaft hat darum vor drei Jahren das QS-Gütesiegel entwickelt. QS - das steht für Qualität und Sicherheit. Die Gemüseanbauer ziehen jetzt nach. Von heute an sind die Zwiebeln von Karl-Walter Hecht gleich dreimal gekennzeichnet. Mit dem QS-Zertifikat, dem internationalen Erzeugergütesiegel EUREPGAP und dem IFS. IFS steht für "International Food Standard" und soll eine lupenreine Verarbeitung des Gemüses garantieren. Ein Jahr lang hatte Karl-Walter Hecht Zeit, seinen Betrieb umzustellen. Bodenbearbeitung, Aussaat, welcher Dünger und welche Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, bis hin zur Anpflanzung - all das muss er feinsäuberlich dokumentieren:

    Was jetzt viel verlangt wird, ist diese lückenlose Dokumentation. Die Nachweisführung, was habe ich zu welchem Zeitpunkt gemacht. Und wenn wir jetzt vor einem Haufen Zwiebeln stehen und Sie jetzt fragen würden, wo kommt diese Zwiebel her, was ist bis jetzt mit der Zwiebel gemacht worden, dann könnten wir anhand der Schlagkartei, dort wird alles festgehalten, was auf dem Feld passiert, wir könnten feststellen, wann haben wir gepflügt, wann haben wir gesät, diese so genannte gläserne Produktion.

    Viel Schreibkram erfordert die gläserne Produktion, gibt Hecht zu, den man heutzutage kaum noch auf dem Feld, dafür umso häufiger in seinem Büro antrifft:

    Ja klar, das nervt, aber man kommt nicht drum rum, da brauche ich nicht zu diskutieren. Wir wollen auf dem Markt sein und da müssen wir uns den Marktbedingungen stellen, so einfach ist das.

    Karl-Walter Hecht gründete seinen Betrieb gleich nach der Wende. Mit befreundeten Bauern übernahm er von einer LPG den Hof in Herbsleben, auf dem die Zwiebeln heute verarbeitet werden. Eintausendfünfhundert Hektar Land hat er gepachtet, darauf baut er neben Spargel und Kartoffeln jedes Jahr auf 150 Hektar Land Speisezwiebeln an. Vor sieben Jahren schloss sich Hecht mit elf anderen Zwiebelanbauern aus Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt zusammen. Sie gründeten das Mitteldeutsche Zwiebelkontor, dessen Geschäftsführer sich um die Vermarktung des Lauchgemüses kümmert. Mit den drei Qualitätsstandards hofft Geschäftsführer Poul Sönnichsen, das Vertrauen der Verbraucher zurück zu gewinnen. Der Lebensmitteleinzelhandel lässt den Bauern keine andere Wahl. Der Handel möchte, dass - wie beim Stammbaum einer Kuh - auch der Werdegang einer einzelnen Speisezwiebel bis zum Saatgut zurückverfolgbar ist:

    Parallel zu diesen drei Systemen QS, EUREPGAP und IFS haben wir die GVO-Bescheinung, also diese gentechnikfreie Saat- und Pflanzgutangelegenheit von sämtlichen Saatzuchtunternehmen bestätigt bekommen und als letztes haben wir auch eine systematische Überprüfung der Zwiebeln auf Pflanzenschutzmittelrückstände.

    Die Speisezwiebeln des Mitteldeutschen Zwiebelkontors erfüllen damit seit heute qualitativ alle Anforderungen, die es national wie auch international bei der Lebensmittelsicherung gibt.