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Deutschlandtour von "Last Days Of April"
Lieder mit einsam-traurigem Unterton

Ende der 1990er-Jahre gehörte die Band "Last Days Of April" zur Speerspitze der sogenannten Emocore-Szene in Schweden. Inzwischen schlägt die Gruppe um Sänger, Gitarrist und Songschreiber Karl Larsson sanftere Töne an und macht eine Art melodischen Indiepop. Mit dem aktuellen Album "Sea Of Clouds" geht die Band nun auf Deutschlandtour.

Von Ronald Strehl | 26.10.2015
    Früher saß Karl Larsson oft monatelang nachträglich am Computer, um an den aufwendigen Arrangements seiner Band "Last Days Of April" zu feilen. Für das aktuelle Album "Sea Of Clouds" hingegen schwebte dem 36-jährigen Songschreiber und Gitarristen ein möglichst ungeschminkter und einfacher Sound vor. Und so spielten "Last Days Of April" ihr neuntes Studioalbum in nur zweieinhalb Tagen ein: live und ohne Overdubs im großen Saal des Atlantis Studios in Stockholm. Karl Larsson:
    "Es war wieder, wie das erste Mal als Teenager Musik zu machen. Man sitzt zusammen in einem Raum und es zählt nur, was man gerade in diesem Raum macht und hört. Da hat man auch nicht darüber nachgedacht, seltsame Effekte auf den Gesang zu legen oder die Songs mit Streichern zu ergänzen."
    Als 17-jähriger Nirvana-Fan hatte Karl Larsson 1996 in Stockholm "Last Days Of April" gegründet. Mit schepprigen, etwas wehleidigen Rocksongs machten sie sich anfänglich einen Namen in der damals angesagten Emocore-Szene. Nach und nach verließen die Ursprungsmitglieder die Band, bis 2004 nur noch Karl Larsson übrig blieb. Jetzt allein verantwortlich, schlug er einen sanfteren Kurs Richtung Indiepop ein:
    "Als Emo wurden damals viele unterschiedliche Bands bezeichnet. Heute bezeichnet Emo ja eher Bands, die Goth-Rock machen. Wir selbst haben uns am Anfang einfach als Punk-Hardcoreband gesehen. Ich habe mich im Laufe der Jahre dann wohl immer mehr der Musik meiner Mutter angenähert, so was wie Elton John oder die Beatles. Das habe ich immer im Auto gehört, wenn sie mich zum Kindergarten gefahren hat."
    Richtiger Durchbruch nie gelungen
    Zwar tourten "Last Days Of April" schon mit bekannteren Bands wie den Lemonheads durch Amerika. Ein richtiger Durchbruch ist ihnen allerdings bisher nicht gelungen. Karl Larsson verdient sein Einkommen deshalb heute unter anderem auch als Produzent und mit Auftragsarbeiten für das schwedische Fernsehen. Ein einziges Mal hatten sich "Last Days Of April" an einem kommerzielleren Sound versucht: 2007 mit dem radiotauglichen Powerpop des Albums "Might As Well Live". Eine Erfahrung, an die sich der Eigenbrötler Karl Larsson nicht gerne erinnert:
    "Das Album hat Pelle Gunnerfeldt produziert, der auch mit den Hives gearbeitet hat. Es war seine Vorstellung, den Sound der Band kommerzieller zu machen. Wir haben viel gestritten während der Aufnahmen. Nicht unbedingt wegen des Sounds, sondern vor allem, weil ich es nicht gewohnt war, dass jemand in die Struktur meiner Lieder eingreift."
    Voller schöner unaufdringlicher Melodien ist das neue Album von "Last Days Of April", auf dem es in knappen, vagen Texten über Enttäuschungen, Neuanfänge oder das Musikmachen an sich geht. Die zurückhaltenden Arrangements auf "Sea Of Clouds" sind dabei wunderbar abgestimmt auf die zarte, brüchige Stimme von Karl Larsson. Durch den Einsatz einer Pedal-Steel-Gitarre erinnert die Band jetzt an die Countryrock-Pioniere Flying Burrito Brothers, die Karl Larsson auch als Einfluss bestätigt. Geblieben ist der immer etwas einsame, traurige Unterton seiner Lieder. Das, so Karl Larsson, habe damit zu tun, dass er sich oft als Außenseiter fühlt. Selbst in seiner Heimatstadt Sigtuna, 40 Kilometer nördlich von Stockholm, wo er seit Kurzem wieder wohnt:
    "Da trägt jeder Vater Anzug und Krawatte. Dagegen sehe ich mit meiner Jeansjacke verwahrlost aus. Wenn ich meinen Sohn im Kindergarten abhole, bin ich mit meinen schulterlangen Haaren dort der Rocker. Man bleibt halt immer eine Art Außenseiter, wenn man sich einmal für den ungewöhnlichen Lebensweg eines Musikers entschieden hat."