Corona: DFL prüft Neuregelung von Spielabsetzungen

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) prüft eine Neuregelung von Spielabsetzungen in der Coronaviruspandemie. Vor allem an einem Detail hatte es zuletzt Kritik gegeben.

Von Chaled Nahar |
Wenig bekannte Gesichter beim Spiel der Bayern gegen Gladbach wegen Corona: (v.l.) Lucas Copado, Arijon Ibrahimovic, Timo Kern
Wenig bekannte Gesichter beim Spiel der Bayern gegen Gladbach wegen Corona: (v.l.) Lucas Copado, Arijon Ibrahimovic, Timo Kern (imago images/Lackovic)
Es geht um die DFL-Spielordnung, in der die Absetzung von Spielen bei Erkrankungen geregelt ist. Nur wenn einer Mannschaft weniger als 16 spielberechtigte Spieler zur Verfügung stehen, kann der betroffene Klub eine Absetzung beantragen.
Der Haken: Gesperrte und verletzte Spieler werden bei dieser Rechnung als "zur Verfügung stehend" gewertet. Dies sind laut Spielordnung "sporttypische Sachverhalte", also normaler Teil eines Saisonverlaufs. Genau das will die DFL nun aber überprüfen und möglicherweise ändern, nachdem immer mehr Kritik an der Regel aufgekommen ist.

Die Regel ist älter als das Coronavirus

"Ich glaube, dass die Regularien in einer Zeit gemacht worden sind, in der es Corona noch nicht gegeben hat", sagte Bayern Münchens Vorstandschef Oliver Kahn vor dem Spiel seines Klubs gegen Borussia Mönchengladbach bei DAZN. Der Rückrundenauftakt des FC Bayern gegen Gladbach hatte trotz zahlreicher Corona-Infektionen im Team stattgefunden.
Die Regel stammt im Grundsatz tatsächlich aus der Zeit vor Corona, wurde aber zumindest angepasst. Bei den entsprechenden Abstimmungen haben die Bayern ein Stimmrecht gehabt, ein Widerspruch oder ein Änderungsvorschlag der Bayern ist zumindest nicht bekannt. Allerdings stehen die Münchner mit ihrer Kritik nicht alleine da. Neben dem Rekordmeister kritisierte auch Stefan Reuter, Sportdirektor des FC Augsburg, das aktuelle Vorgehen.
Heribert Bruchhagen, ehemaliger Geschäftsführer der DFL, sagte im Sport1-Talk "Doppelpass", dass man die Pandemie bei der Formulierung der Regel "nicht im Kopf" im Kopf gehabt habe. "Das macht die Sache jetzt kompliziert. Man muss aber jetzt erwarten, dass die DFL stringent handelt. Dass neu darüber nachgedacht wird." Das soll nun passieren.

Neuformulierung der Regel in Bezug auf Langzeitverletzte möglich

Das DFL-Präsidium befasste sich am Dienstag mit dem Thema und hat die mit Vertretern von zehn Clubs besetzte "Kommission Fußball" damit beauftragt, die Regel zu überprüfen.
Insbesondere gehe es dabei um die Definition und den Umgang mit Langzeitverletzten, teilte die DFL mit. Eine Änderung von Regeln während der laufenden Saison komme aber nicht in Frage, eine Neufassung wäre erst zum Start der Spielzeit 2022/23 gültig. Darüber müssten alle 36 Klubs der DFL abstimmen. Bis dahin werden die Klubs mit einer Regel leben müssen, die in Europa sonst eher unüblich ist.

UEFA, La Liga, Premier League berücksichtigen Verletzungen

Die UEFA bezieht sich in ihren Regeln für die Klubwettbewerbe Champions League, Europa League und Europa Conference League auf eine Untergrenze von 13 Spielern, die zur Verfügung stehen müssen. Auch in Spanien gilt die Grenze von 13 Spielern, darunter müssen fünf Spieler der ersten Mannschaft sein. In England liegt es "in der Verantwortung des Vorstandes" der Premier League, über eine Spielverlegung zu entscheiden. Zwar ist auch hier die Rede von 13 Spielern, dazu können aber auch "entsprechend erfahrene U21-Spieler" gehören.
UEFA, La Liga und Premier League eint: Ob diese Zahl durch gesperrte, verletzte, erkrankte oder in Quarantäne versetzte Spieler zustande kommt, ist nicht relevant - im Gegensatz zur Bundesliga. Doch der deutsche Fußball hatte Gründe, die Regel so zu formulieren.

Die Regel sollte Missbrauch vorbeugen

Denn die Einschränkung sollte einst verhindern, dass die Regel missbraucht wird. Befindet sich ein Klub unter Druck und hat mit vielen, aber für eine Absetzung nicht genügend Ausfällen zu kämpfen, sind Täuschungen zumindest denkbar. Diese Bedenken könnten in der Pandemie nun etwas in den Hintergrund treten.
Bayerns Offensivspieler Thomas Müller sagte bei DAZN: "Ob es fair ist, dass eindeutig verletzte Spieler zu einer Liste von einsatzfähigen Spielern gehören, würde ich bezweifeln. Das muss die Liga wissen."