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Dick & Doof lernen deutsch

In den Anfangstagen des Tonfilms war Synchronisation von Filmen technisch schwierig und unüblich. Deshalb wurden von vielen Filmen mehrere Fassungen gedreht. Weltstars wie Laurel & Hardy mussten so über phonetische Lautschrift deutsch lernen - ohne ein Wort zu verstehen. In einem Moskauer Filmarchiv wurde nun eine vom Komikerduo eingesprochene deutsche Fassung gefunden.

Von Wolfgang Hörter | 31.10.2005
    Die Handlung ist so typisch wie in den meisten Dick und Doof-Filmen: Stan und Olli sind chronisch knapp bei Kasse und auf der Suche nach dem großen Glück. Diesmal lesen sie in einer Zeitung von einer Erbschaft. Die Erben werden noch gesucht. Der verstorbene heißt Laurel. Ja, da könnte doch Stan der Erbe sein...

    "Spuk um Mitternacht" war der erste Film, den Dick und Doof auf Deutsch aufgenommen haben. Durch ihren englischen Akzent sind die Unterhaltungen der beiden zum Teil nur schwer verständlich.

    "Sagtest du nick mal, du hättest einen Onkel?"

    Die beiden Schauspieler waren wohl zum Teil so auf die Sprache konzentriert, dass die Bewegungen und Gesten etwas seltsam steif erscheinen. Richtig deutsch konnten Laurel und Hardy in Wirklichkeit auch nicht sprechen. Sie hatten von Sprachtrainern ein phonetisches Deutsch beigebracht bekommen und wussten gar nicht, was sie da inhaltlich sagten.

    Synchronisation war ganz am Anfang des Tonfilms überhaupt nicht üblich: Zum einen war es technisch schwierig, zum anderen wollte man den Schauspielern ihre eigene Stimme und eigene Persönlichkeit lassen. Deshalb war es üblich, verschiedene Sprachfassungen eines Films zu drehen. Dazu hat man für die englische Version englische Schauspieler genommen, für die französische eben französische und so fort.

    Bei Weltstars wie Laurel und Hardy war es kaum möglich, die Figuren mit anderen Personen zu besetzen, deshalb mussten sie eben beispielsweise phonetisch deutsch lernen, auch wenn es nicht immer wirklich deutsch klingt.

    Aber es war eben nicht nur technisch schwierig einen Film zu synchronisieren, sondern auch eine Gewohnheitsfrage des Publikums.

    Und so wurde eben der gleiche Film mehrmals hintereinander aufgenommen...erst einmal in englisch, dann in anderen Sprachen. So wurden in den frühen 30er Jahren "Dick und Doof"-Filme nicht nur in Deutsch gedreht, sondern auch in Spanisch, Französisch und Italienisch. Und durch den Ton konnten neben Slapstick auch erste Wortspiele oder Wortwitze entstehen:

    "Wo bist du geboren? Ich weiß nicht, ich war noch zu klein, es zu wissen...."

    Auf der Suche nach dem Erbe müssen Dick und Doof in dem Haus des Verstorbenen übernachten. Doch in dem gruseligen Haus bekommen sie kein Auge zu:

    "Angsthase, zähl bis hundert und schlaf!"

    Der Wortanteil bleibt, wie auch sonst bei den ersten Tonfilmen, noch eher gering. Minutenlang wird nichts gesprochen und die beiden albern wortlos herum, sie reagieren nur mit Körpersprache oder Geschrei.

    Der Film "Spuk um Mitternacht" wurde für den europäischen Markt zu seiner Zeit aus zwei Kurzfilmen zusammen geschnitten. Er zählt sicher nicht zu den besten Streifen von Dick und Doof und auch heute nicht zu den witzigsten, aber damals war er ein Publikumserfolg.

    Und: er ist ein einzigartiges Dokument. Es war der erste Spielfilm von Laurel und Hardy, in dem sie deutsch sprechen, und bislang der einzige, der wieder aufgetaucht ist. Das Münchner Filmmuseum hat ihn in einem Moskauer Archiv entdeckt und restauriert.

    Ein paar Minuten des Films, die gefehlt haben, wurden durch die englische Original-Fassung ersetzt und untertitelt. Und weil die Nebenrollen in den jeweiligen Landes-Versionen teilweise von anderen Schauspielern gespielt wurden, passiert es, dass der Polizei-Inspektor in der englischen Fassung ein anderer Schauspieler ist als im deutschen Film.