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Die 100-Millionen-Dollar-Idee

Eigentlich weiß die Fakultät für Informatik an der TU München, dass ihre Studenten gut sind. Die Nachricht aber, dass Studenten der Informatik den renommierten Business-Wettbewerb der Topuni Oxford gewonnen hätten, überraschte alle. Doch nicht nur das: Statt des ausgeschriebenen Preisgeldes von 5000 Pfund kam für die Jungunternehmer ein Blanko-Scheck auf einen 100 Millionen-Dollar-Fonds.

Von Susanne Lettenbauer |
    Wenn man Werner Arndt, den Geschäftsführer des Münchener Business Plan Wettbewerbs auf den Oxford-Sieg der Münchner Studenten anspricht, dann kann er schlecht den Stolz aber auch die Enttäuschung verbergen, den die Nachricht bei ihm ausgelöst hat: Seit 11 Jahren gehört der Münchner Business Plan Wettbewerb zur wichtigsten Ideenbörse weltweit. Und nun das: Keine zwei Minuten brauchte Jim Lawn, Leiter der Innovation der englischen Microsoft-Dependance, um dem Sieger-Konzept der Münchner Informatiker ein gewaltiges Potential vorauszusagen. Talentescouts wie die Londoner Rainmaker holten die drei sofort in ihr Büro direkt am Covent Garden, die notwendigen Server für die technische Realisierung standen ebenfalls sofort zur Verfügung - vom Garchinger Campus direkt auf Londons teuerstes Pflaster, dem Doktoranden Karlheinz Toni ist die Goldgräberstimmung anzumerken:

    " Der Thomas und ich, wir hatten schon in Oxford vor einiger Zeit eine Firma gegründet, wo wir mehrere Ideen in der Pipeline haben. Einige davon haben wir auch versucht im Münchner Business Plan Wettbewerb einzureichen, haben wir auch gewonnen, sind wir prämiert worden - aber für den Business Wettbewerb war halt die Frage, welche Ideen wir präsentieren. Die sind sehr technologisch getrieben, wollten eher technologische Neuerungen haben und da haben wir gedacht, auf die Projekte setzen sie. Wenn wir da jetzt 50 Projekte eingereicht hätten, dann hätten die gesagt, naja, Jungs, hört mal her, was wollt ihr eigentlich machen."

    Dass er anfangs ein wenig skeptisch war, mag der Münchner Business Plan Wettbewerbsleiter Werner Arndt gar nicht bestreiten:

    " Da ist sicherlich schon was dran, weil wir sicherlich von der deutschen Mentalität eher die Ingenieurcharakter sind und weniger die kreativen Softwareentwickler."

    Was ist denn nun aber der Oxforder Universität Millionen Dollar wert, auch wenn diese Summe den Studenten natürlich nur bei Bedarf und nicht privat zur Verfügung steht?
    Auf den ersten Blick ist die Idee einer Website namens "Design The Time", was soviel wie "Gestalte deine Epoche" meint, recht einfach. Jeder Mensch soll dort für einen Dollar einen persönlichen Moment veröffentlichen können; gekoppelt an einen bestimmten Zeitpunkt der Weltgeschichte, so Thomas Whitfield - trotz seines Namens ein Deutscher:

    "Also Beispiel 11. September: Man klickt auf das Datum, 8.47 Uhr, das erste Flugzeug stürzt in den Nordturm des World Trade Centres. Ein schreckliches Ereignis für die Menschheit. Aber vielleicht ist auch ein bisschen Glück passiert: War da irgendjemand in China, der sich in seine zukünftige Frau verliebt hat, war da jemand, der sein erstes Kind bekommen hat, gibt es jemand, der mit seinem neuen Ferrari seine erste Runde gedreht hat. Die Leute können eine 360 Grad Reflexion von Zeit erleben, wir definieren die Zeit virtuell."

    Fragt man Karlheinz Toni, Richard Schreiber und Thomas Whitfield, warum sie ihre Idee eigentlich nicht in Deutschland umsetzen, wo Leute wie Werner Arndt nur darauf warten, findige Köpfe mit deutschen Industriegrössen wie Siemens, Faber, Rodenstock, BMW, Langenscheidt oder McKinsey zusammenzubringen, dann ist die Antwort von Thomas Whitfield klar:

    " Es ist einfach unternehmerfreundlicher, es ist einfacher eine Firma mit limitierter Haftung zu gründen als in Deutschland. Man braucht kein Stammkapital. Es ist für uns Studenten, die wir nichts einbringen können, viel einfacher, solche Sachen hier umzusetzen. Das ist A und B: Entrepreneure zu fördern ist ein riesiger Hype in England, nicht annäherend zu vergleichen mit irgendwo sonst auf der Welt, auch nicht mit Amerika. Es gibt x-Websiten, x-Blogseiten, x-Initiativen, die Entrepreneurship hier fördern. Die Oxford Universität ist das beste Beispiel, wo man Entreprenuership gezielt fördert, das gibt es so nicht in Deutschland."

    Sein Kommilitone Karlheinz Toni sieht die Situation differenzierter:

    " Bis zu einem bestimmten Punkt ist es in Deutschland perfekt. Der Münchner Business-Wettbwerb bietet eine super Plattform, Ideen zu präsentieren und Projekte voranzubringen. Schade ist nur, dass andere Leute das Potential solcher Plattformen nicht erkennen und entweder nicht mitmachen oder nicht weiterziehen. Also es wird in Deutschland noch viel viel länger brauchen, wenn es überhaupt kommt, um solche Infrastrukturen zu schaffen. Das ist einfach der Grund warum wir jetzt hier in England sind und nicht in Deutschland. Einzelne Leute haben zwar den Trend erkannt und tun auch was dagegen, aber die Mehrheit scheinbar noch nicht. "

    In naher Zukunft zieht es den Informatiker Toni noch weiter an die Universität von Stanford zur Beendigung seiner Doktorarbeit. Die technische Umsetzung der Webseite hat er dann längst an Subunternehmer abgegeben. Zum nächsten Forum des Münchner Business Plan Wettbewerbs Ende März ist er aber wieder in Deutschland und wird seinerseits angehenden Firmengründern Tipps eines erfolgreichen Jungunternehmers geben. Gemeinsam mit Financiers wird er auf dem Podium sitzen. Die lenkende Hand im Hintergrund: Werner Arndt:

    " Das Kernproblem ist, aber das wandelt sich gerade, dass der Kapitalmarkt ihnen noch nicht genau hinhört, aber es gibt ja die Business Angel, vermögende Leute, die gern in solche teams investieren und es wäre eine richtige Herausforderung für mich, Herrn Toni mal mit denen zusammen zu bringe. Da sind einige ante portas, die ganz gern zu ihm Kontakt haben wollen."