Amerikas Kriege sind aber schon lange keine reine Pentagonangelegenheit mehr. Zivile Bereiche, wie Forschung und Lehre, in diesem Fall die Elite der US- Anthropologen, spielen bei der Kriegsplanung und -führung - wie z.B. Margaret Mead im Zweiten Weltkrieg - eine nicht zu unterschätzende Rolle. Das Engagement habe eine lange, nicht unbedingt ruhmreiche Tradition, sagt der Autor David Price, Professor für Anthropologie am St. Martins College im Bundesstaat Washington:
Die beiden wahrscheinlich bemerkenswertesten Dinge, die Anthropologen zur Kriegsführung beitragen, sind Kulturverständnis und sprachliche Expertise. Zwei sehr wichtige Kriterien, wenn man eine zum Feind gewordene Bevölkerung beeinflussen will. Oft sind sie auch mit den lokalen geografischen Bedingungen gut vertraut. Auf der Landkarte sieht vieles ganz anders aus als bei den Leuten, die tatsächlich vor Ort waren.
In zahlreichen Fachblättern und seinem neuen Buch "Die Hexenjagden des Kalten Krieges" schreibt Price über den latenten und jetzt wieder aufgeflammten Streit, ob es ethisch vertretbar ist, wenn Anthropologen in Kriegszeiten ihr Wissen und Know-How beitragen.
Während des zweiten Weltkrieges gab es vom ethischen Gesichtspunkt aus Kritik an diesem Verhalten. Aber es war keine scharfe Kritik, denn dieser Krieg war ja der totale, der gute Krieg. Hauptsächlich wurde kritisiert, dass die Anthropologen es ihren Untersuchungsobjekten schuldeten, dass sie sich im Kriegsfall nicht gegen sie wenden würden. Man war besorgt, dass diese Art Anthropologie nicht mehr als unabhängige Wissenschaft, sondern als käufliche Ware angesehen würde.
Solche Bedenken hat der laufende Anti-Terrorkrieg einerseits verstärkt andererseits verschwinden lassen. Das Thema wird jedenfalls Anfang November ein öffentliches Forum bekommen, wenn Amerikas nationale Anthropologen-Gesellschaft in New Orleans ihr 1oo-jaehriges Bestehen feiert. Der Krieg in all seinen Facetten werde dort ein heißes Thema sein, sagt Catherine Lutz, Professorin für Anthropologie an der Universität von North Carolina. Lutz ist der Meinung, ihre Zunft solle sich aus Kriegen heraushalten. Der ethische Code der Anthropologen verlange das:
Die ethischen Kriterien, die wir seit Jahrzehnten diskutieren, schließen Dinge ein, die noch aus der so genannten Thailand-Kontroverse aus der Vietnamkriegszeit stammen. Da gab es eine Gruppe von Anthropologen, die etwas ganz ähnliches vorhatten. Sie wollten dem US-Militär helfen, die Thai-Bauern besser zu verstehen, die von kommunistischen Unterwanderern umworben wurden. Diese Anthropologen mussten entdecken, dass was auch immer in ihrer besten Absicht gelegen hatte: am Ende geriet der militärische Auftrag zur antikommunistischen Militär-Mission.
Prof. Ana Simons, Anthropologin an der Naval Postgraduate School in Monterey, Kalifornien, denkt pragmatischer
Die Frage, auf die es hier ankommt, ist doch, dass wir die Leute auf die Bedingungen vor Ort vorbereiten können. Wenn sie sich für die Philippinen bereit machen, nach Georgien gehen, in den Jemen, nach Afghanistan, in den Irak oder sonst wohin. Je besser unsere Jungs vorbereitet sind, desto weniger Tote wird es auf beiden Seiten geben.
Ana Simons will in New Orleans nicht fachsimpeln sondern den realen Kontext betonen , die unmittelbare Gefahr für Amerika:
Die Realität ist, dass wir uns im Krieg gegen den Terror befinden und Leute bekämpfen, die Amerika zerstören wollen. Das hat alles verändert, und wenn Anthropologen ihren Kopf in den Sand stecken und keine Hilfestellung geben wollen - woher sollen dann Militär und Geheimdienste ihre Informationen beziehen?
Wie eng sollen oder dürfen Amerikas Anthropologen in Kriegs- und Krisenzeiten mit der Regierung in Washington zusammenarbeiten? Die geltenden ethischen Richtlinien der Anthropologenvereinigung sind ausgesprochen locker. Schließlich hat die Organisation zu Vietnamzeiten mit der CIA eng kooperiert. Niemand erwartet ernsthaft, dass ausgerechnet jetzt auf Distanz gegangen wird.
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Die beiden wahrscheinlich bemerkenswertesten Dinge, die Anthropologen zur Kriegsführung beitragen, sind Kulturverständnis und sprachliche Expertise. Zwei sehr wichtige Kriterien, wenn man eine zum Feind gewordene Bevölkerung beeinflussen will. Oft sind sie auch mit den lokalen geografischen Bedingungen gut vertraut. Auf der Landkarte sieht vieles ganz anders aus als bei den Leuten, die tatsächlich vor Ort waren.
In zahlreichen Fachblättern und seinem neuen Buch "Die Hexenjagden des Kalten Krieges" schreibt Price über den latenten und jetzt wieder aufgeflammten Streit, ob es ethisch vertretbar ist, wenn Anthropologen in Kriegszeiten ihr Wissen und Know-How beitragen.
Während des zweiten Weltkrieges gab es vom ethischen Gesichtspunkt aus Kritik an diesem Verhalten. Aber es war keine scharfe Kritik, denn dieser Krieg war ja der totale, der gute Krieg. Hauptsächlich wurde kritisiert, dass die Anthropologen es ihren Untersuchungsobjekten schuldeten, dass sie sich im Kriegsfall nicht gegen sie wenden würden. Man war besorgt, dass diese Art Anthropologie nicht mehr als unabhängige Wissenschaft, sondern als käufliche Ware angesehen würde.
Solche Bedenken hat der laufende Anti-Terrorkrieg einerseits verstärkt andererseits verschwinden lassen. Das Thema wird jedenfalls Anfang November ein öffentliches Forum bekommen, wenn Amerikas nationale Anthropologen-Gesellschaft in New Orleans ihr 1oo-jaehriges Bestehen feiert. Der Krieg in all seinen Facetten werde dort ein heißes Thema sein, sagt Catherine Lutz, Professorin für Anthropologie an der Universität von North Carolina. Lutz ist der Meinung, ihre Zunft solle sich aus Kriegen heraushalten. Der ethische Code der Anthropologen verlange das:
Die ethischen Kriterien, die wir seit Jahrzehnten diskutieren, schließen Dinge ein, die noch aus der so genannten Thailand-Kontroverse aus der Vietnamkriegszeit stammen. Da gab es eine Gruppe von Anthropologen, die etwas ganz ähnliches vorhatten. Sie wollten dem US-Militär helfen, die Thai-Bauern besser zu verstehen, die von kommunistischen Unterwanderern umworben wurden. Diese Anthropologen mussten entdecken, dass was auch immer in ihrer besten Absicht gelegen hatte: am Ende geriet der militärische Auftrag zur antikommunistischen Militär-Mission.
Prof. Ana Simons, Anthropologin an der Naval Postgraduate School in Monterey, Kalifornien, denkt pragmatischer
Die Frage, auf die es hier ankommt, ist doch, dass wir die Leute auf die Bedingungen vor Ort vorbereiten können. Wenn sie sich für die Philippinen bereit machen, nach Georgien gehen, in den Jemen, nach Afghanistan, in den Irak oder sonst wohin. Je besser unsere Jungs vorbereitet sind, desto weniger Tote wird es auf beiden Seiten geben.
Ana Simons will in New Orleans nicht fachsimpeln sondern den realen Kontext betonen , die unmittelbare Gefahr für Amerika:
Die Realität ist, dass wir uns im Krieg gegen den Terror befinden und Leute bekämpfen, die Amerika zerstören wollen. Das hat alles verändert, und wenn Anthropologen ihren Kopf in den Sand stecken und keine Hilfestellung geben wollen - woher sollen dann Militär und Geheimdienste ihre Informationen beziehen?
Wie eng sollen oder dürfen Amerikas Anthropologen in Kriegs- und Krisenzeiten mit der Regierung in Washington zusammenarbeiten? Die geltenden ethischen Richtlinien der Anthropologenvereinigung sind ausgesprochen locker. Schließlich hat die Organisation zu Vietnamzeiten mit der CIA eng kooperiert. Niemand erwartet ernsthaft, dass ausgerechnet jetzt auf Distanz gegangen wird.
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