Vor der Metro-Station Aulnay-sous-Bois hebt ein Bauarbeiter mit einem Presslufthammer eine Furche für einen neuen Gehsteig aus. Hinter dem zentralen Platz mit gepflegten Blumenrabatten reihen sich gemütliche Wohnhäuser mit kleinen Vorgärten aneinander. Eigentlich, so sagt Bürgermeister Gérard Ségura, der selbst in einer schmucken alten Villa residiert, sei man keine arme Stadt. Allerdings hängt sein Etat auch ab von den Steuern der lokalen Unternehmen. Der Sanierungsplan von PSA Peugeot Citroen zerreißt dem grauhaarigen Mann ganz unverhofft sein Wirtschaftskonzept, mit dem er Aulnay-sous-Bois schon ein gutes Stück voran gebracht hat.
"Peugeot erzählt uns heute, sie seien in einer finanziellen Klemme. Aber vor einem Jahr haben sie noch Dividenden ausgeschüttet und der Chef hat sein Gehalt verdreifacht. Als die ersten Anzeichen über Probleme durchgesickert sind, haben sie zu uns gesagt, das sind nur Hypothesen, die haben wir schon abgehakt."
Je mehr Ségura erzählt, desto aufgeregter wird er, knallt immer wieder mit der Hand auf die hölzerne Tischplatte.
"Das Unternehmen hat vor etwa 40 Jahren ein Gelände billig vom Staat gekauft – mit dem Ziel, die französische Industrie weiter zu entwickeln. Es bekommt sogar einen Anschluss an die Metro. Ich finde es völlig inakzeptabel, wenn PSA jetzt ein soziales und finanzielles Erdbeben auslöst, dass es dann auch noch sein Gelände, das es billig von uns bekommen hat, und das jetzt ein Vielfaches wert ist, demnächst mit Gewinn verkaufen wird."
Bürgermeister Ségura lässt deshalb u.a. prüfen, ob er PSA im schlimmsten Fall enteignen könnte. Im Moment will er die Hoffnung noch nicht aufgeben, dass das Werk in Aulnay-sous-Bois doch noch erhalten bleibt. Er weiß aber schon genau, wie viel ihn eine Schließung kosten würde.
"Eine halbe Schule oder fast zwei Kindergärten, oder den Betrieb von drei großen Aufgaben der Stadt, wie Bildung, Prävention, Sicherheit oder Jugendarbeit für ein Jahr."
Auf der anderen Seite der Stadt, direkt neben dem von der Schließung bedrohten Werk, ragen graue Hochhäuser in die Luft. Auch einige der Arbeiter von PSA wohnen in der Trabantenstadt. An den kargen Beton-Balkonen hängen Satellitenschüsseln. Daneben ein riesiger Park – grüner Rasen, gesäumt von Bäumen. Millionen hat die Stadt investiert, um ihre hässlichen Ränder zu verschönern. Azen kennt sich hier gut aus. Seine Familie ist ursprünglich aus Algerien eingewandert. Der junge Mann ist hier aufgewachsen.
"Das Viertel ist ein bisschen gefährdet, sozial und wirtschaftlich. Wenn noch mehr Leute hier Arbeit verlieren: Das wird hart."
Auch für ihn sei es schwierig gewesen, einen Job zu finden, erzählt Azen. Heute er fährt er Taxi und fragt sich:
"Wenn PSA schließt, was wird dann passieren? Die Leute haben keine Arbeit mehr und ich keine Kunden. Da kann man Angst bekommen."
Auf dem riesigen Werksparkplatz stehen Peugeots und Citroens – kaum eine andere Marke ist darunter. Durch das Werkstor tröpfeln die Arbeiter der Nachmittagschicht. Zwei Gewerkschafter drücken ihnen Flugblätter in die Hand. Jean-Pierre Mercier organisiert die Arbeiter der Gewerkschaft CGT. Der kleine Mann mit der runden Brille hetzt in diesen Tagen von einem Treffen zum anderen. Auch er spricht von einer sozialen Katastrophe, sollte der Betrieb schließen, trotz der – wie er meint – niedrigen Gehälter:
"Alle Prämien inklusive und mit dem 13. Monatsgehalt verdiene ich 1500 Euro netto im Monat. Der PSA-Chef bekommt jeden Tag 9000 Euro. Wer ist hier also teuer?"
Auch die Aussicht, dass sie nicht leicht wieder einen Job fänden, weckt bei Mercier und seinen Gewerkschaftern den Kampfgeist.
"Das ist wie wenn der Arzt ihnen sagt, sie haben Krebs. Dann werden sie auch kämpfen. Hier ist das genauso: wir werden uns nicht gehen lassen!"
Taxifahrer Azen hat inzwischen einen Kollegen getroffen. Auch der sieht die Zukunft kritisch, sollte PSA tatsächlich schließen. Aber, so glaubt er, die soziale Mischung aus Arbeitern, Angestellten, Ärzten oder Rechtsanwälten in Aulnay-sous-Bois wird alle Probleme gut abfangen.
"Ich habe hier eine super Kindheit verbracht, und so bin ich auch als Erwachsener geblieben, obwohl ich die Möglichkeit gehabt hätte, weg zu gehen. Meinen Kindern geht es heute hier noch besser. Wir werden also bleiben."
"Peugeot erzählt uns heute, sie seien in einer finanziellen Klemme. Aber vor einem Jahr haben sie noch Dividenden ausgeschüttet und der Chef hat sein Gehalt verdreifacht. Als die ersten Anzeichen über Probleme durchgesickert sind, haben sie zu uns gesagt, das sind nur Hypothesen, die haben wir schon abgehakt."
Je mehr Ségura erzählt, desto aufgeregter wird er, knallt immer wieder mit der Hand auf die hölzerne Tischplatte.
"Das Unternehmen hat vor etwa 40 Jahren ein Gelände billig vom Staat gekauft – mit dem Ziel, die französische Industrie weiter zu entwickeln. Es bekommt sogar einen Anschluss an die Metro. Ich finde es völlig inakzeptabel, wenn PSA jetzt ein soziales und finanzielles Erdbeben auslöst, dass es dann auch noch sein Gelände, das es billig von uns bekommen hat, und das jetzt ein Vielfaches wert ist, demnächst mit Gewinn verkaufen wird."
Bürgermeister Ségura lässt deshalb u.a. prüfen, ob er PSA im schlimmsten Fall enteignen könnte. Im Moment will er die Hoffnung noch nicht aufgeben, dass das Werk in Aulnay-sous-Bois doch noch erhalten bleibt. Er weiß aber schon genau, wie viel ihn eine Schließung kosten würde.
"Eine halbe Schule oder fast zwei Kindergärten, oder den Betrieb von drei großen Aufgaben der Stadt, wie Bildung, Prävention, Sicherheit oder Jugendarbeit für ein Jahr."
Auf der anderen Seite der Stadt, direkt neben dem von der Schließung bedrohten Werk, ragen graue Hochhäuser in die Luft. Auch einige der Arbeiter von PSA wohnen in der Trabantenstadt. An den kargen Beton-Balkonen hängen Satellitenschüsseln. Daneben ein riesiger Park – grüner Rasen, gesäumt von Bäumen. Millionen hat die Stadt investiert, um ihre hässlichen Ränder zu verschönern. Azen kennt sich hier gut aus. Seine Familie ist ursprünglich aus Algerien eingewandert. Der junge Mann ist hier aufgewachsen.
"Das Viertel ist ein bisschen gefährdet, sozial und wirtschaftlich. Wenn noch mehr Leute hier Arbeit verlieren: Das wird hart."
Auch für ihn sei es schwierig gewesen, einen Job zu finden, erzählt Azen. Heute er fährt er Taxi und fragt sich:
"Wenn PSA schließt, was wird dann passieren? Die Leute haben keine Arbeit mehr und ich keine Kunden. Da kann man Angst bekommen."
Auf dem riesigen Werksparkplatz stehen Peugeots und Citroens – kaum eine andere Marke ist darunter. Durch das Werkstor tröpfeln die Arbeiter der Nachmittagschicht. Zwei Gewerkschafter drücken ihnen Flugblätter in die Hand. Jean-Pierre Mercier organisiert die Arbeiter der Gewerkschaft CGT. Der kleine Mann mit der runden Brille hetzt in diesen Tagen von einem Treffen zum anderen. Auch er spricht von einer sozialen Katastrophe, sollte der Betrieb schließen, trotz der – wie er meint – niedrigen Gehälter:
"Alle Prämien inklusive und mit dem 13. Monatsgehalt verdiene ich 1500 Euro netto im Monat. Der PSA-Chef bekommt jeden Tag 9000 Euro. Wer ist hier also teuer?"
Auch die Aussicht, dass sie nicht leicht wieder einen Job fänden, weckt bei Mercier und seinen Gewerkschaftern den Kampfgeist.
"Das ist wie wenn der Arzt ihnen sagt, sie haben Krebs. Dann werden sie auch kämpfen. Hier ist das genauso: wir werden uns nicht gehen lassen!"
Taxifahrer Azen hat inzwischen einen Kollegen getroffen. Auch der sieht die Zukunft kritisch, sollte PSA tatsächlich schließen. Aber, so glaubt er, die soziale Mischung aus Arbeitern, Angestellten, Ärzten oder Rechtsanwälten in Aulnay-sous-Bois wird alle Probleme gut abfangen.
"Ich habe hier eine super Kindheit verbracht, und so bin ich auch als Erwachsener geblieben, obwohl ich die Möglichkeit gehabt hätte, weg zu gehen. Meinen Kindern geht es heute hier noch besser. Wir werden also bleiben."