Doch die eigentliche Besonderheit der diesjährigen Buchmesse ist ganz zweifellos der Messeschwerpunkt: Die Arabische Welt. Es bedarf nicht viel Fantasie, um die Diskussionen vorauszusehen, die sich darum ranken: von der Freiheit des Wortes in islamischen Ländern, über die interkulturellen Verwerfungen der jüngsten Zeit, die Rolle der großen Religionen in der globalisierten Welt bis hin zu Frauenrechten, dem Kopftuchverbot und anderem mehr. 212 arabische Autoren werden in Frankfurt sein. Darüber hinaus werden aber viele kommen, die nicht eingeladen sind oder auch aus den Liga-Ländern stammen, die offiziell nicht dabei sind wie Algerien, Marokko, Libyen, Kuwait und der Irak.
Natürlich wird die arabische Kultur und Literatur, ihre Verbindung mit der westlichen Tradition, auch Thema zahlreicher Sendungen des DeutschlandRadio sein, allen voran "Die lange Nacht der arabischen Literatur" mit dem schönen Titel "Wir haben ein Land aus Worten" (s. auch Veranstaltungen) . Der Büchermarkt unter dem Titel "Den Verstand verschleiern" wird mit arabischen Autorinnen über die Situation der arabischen Frauen sprechen. Ein WortSpiel von DeutschlandRadio Berlin blickt in die zeitgenössische Literatur und arabische Verlagsszene.
Doch wie immer werden auch deutschsprachige Autoren aus ihren neuen Werken vorlesen, vom jüngsten Büchnerpreisträger Wilhelm Genazino bis zum grotesken Erzähler Max Goldt. Es werden Gespräche geführt und Analysen versucht. Und in vielen weiteren Live-Sendungen aus unserem Gläsernen Messestudio werden verschiedene Redaktionen Aktuelles vom jeweiligen Messetag aufgreifen und kommentieren.
Besonders hingewiesen sei auf den am Samstag stattfindenden traditionellen "Bücherherbst" (live vom 3Sat-Stand, Halle 4.1 E154). Das dreistündige exklusive Lese-Fest ist mitten im Messegeschehen ein Anziehungspunkt für Leser, Autoren, Verleger, Buchhändler und Besucher. Auch in diesem Jahr werden Autor(innen) sowie ihre neuen Bücher präsentiert. Erwartet werden unter anderem Lars Gustafsson, Peter Rühmkorf, Thomas Brussig, Sven Regener und Rafik Schami.
Alle Beteiligten hoffen auf eine friedliche Messe. Von extremen Sicherheitsvorkehrungen wie bei den vergangenen Olympischen Spielen war noch nicht die Rede, aber die angespannte Weltlage lässt beim gegebenen Messeschwerpunkt auch hintergründige Ängste und einige akute Sorgen entstehen. Die Messeleitung, man muss es ausdrücklich anerkennen, hat sich nicht gescheut, die aufklärende und Kommunikation herstellende Funktion von Büchern und insbesondere der schönen Literatur mit dem tatsächlichen politischen Brennpunkt des internationalen Geschehens zu verknüpfen. Wenn alles friedlich verläuft, darf man allein dies schon als Erfolg werten. Am Rande: Darin drückt sich eine mit der bürgerlichen Aufklärung des Westens verbundene Vorstellung von der Grenzen und Vorurteile überwindenden Kraft der Literatur aus.