Die Pariser Aufführung von Henrik Ibsens «Hedda Gabler» in einer kalten Fabrikhalle des 17. Arrondissements, dem Ausweichquartier des Théâtre Odéon während eines Umbaus, führt uns auf keine Entwicklungsumwege, sie ist in eine Endstation eingefahren. Schon zu Beginn lungert Isabelle Huppert, die Heroine so vieler bürgerlicher Dramen im Kino des Claude Chabrol, auf ihrer Willkommensparty wie ein schlechtgelaunter Todesengel herum.
Isabelle Huppert, zuletzt auf den Brettern als «Medea», hat sich für dieses neue Bühnenabenteuer einen Mann aus der Provinz ausgeguckt: Eric Lacascade, Leiter des Centre dramatique in Caen in der Normandie, fiel zuletzt auf durch gelungene Tschechow-Inszenierungen. Er baute der Huppert ein starkes Konzept und ein gediegenes Podest, weniger Aufmerksamkeit schenkte er dem Ensemble. Die anderen Schauspieler reichen dem Star das Stichwort, aber nicht das Wasser. Sie sind anwesend, um vernichtet zu werden.
Dabei wäre es schön gewesen, wenn Fräulein Gabler ernstzunehmende Gegner für ihre letzte Psycho-Schlacht gehabt hätte, die nur der triumphale Untergang sein kann. Denn Hedda Gabler in der zarten, aber zähen Gestalt von Isabelle Huppert hat in ihrem Universum von Beginn an die Macht. Das Programmheft spult noch die alten Klischees von Rollenverweigerung und Revolte ab, aber die Inszenierung ist längst einen historischen Schritt weiter. Die Pariser Hedda hat die kleinen Siege der Emanzipation hinter sich, finanziell hat sie das Sagen, sie manipuliert alle nach Gusto. Sie ist die Hohepriesterin der eigenen Persönlichkeit. Sie denkt und fühlt in Posen, sie spricht in Verlautbarungen. Das Bühnenbild unterstützt diese offizielle Tendenz. Weil es keine Kulissenwände gibt, läuft die Sprache Gefahr an den Betonwänden der Fabrikhalle zu zerfasern und zu zerschellen. Isabelle Huppert spricht daher konsequent jeden Satz frontal ins Publikum. Das erinnert an die Einsamkeit des Protagonisten im Staatstheater der Comédie Française, hat hier aber seine Begründung auch in der Psychologie der Person.
Das Kostüm tut ein übriges: «Edda Gablär», wie sie auf französisch heißt, trägt eine Kombination. Der Oberkörper steckt in einem engen schwarzen Jackett mit offenem Kragen und weißen Manschetten, der Unterkörper in einem elegant fallenden langen Rock, Samt und Seide in Bordeauxrot. Die Symbolik kann stärker nicht sein, diese Frau ist gespalten. Die Silhouette oben kann die des scharf denkenden Staatssekretärs sein, aber auch die des melancholischen Dandy, eines weiblichen Bruders von Baudelaire. Der rot verhüllte Schoss ist die noch nicht unterjochte Domäne der Hedda Gabler, die Leidenschaft, die Fruchtbarkeit. Diese sind nur durch Vernichtung zu zähmen.
In einem Parforce-Ritt ohnegleichen zerstört Isabelle Huppert ihren Ex-Liebhaber, sein Buch-Manuskript, den Embryo ihres Kindes und sich selber. Ihre Waffen sind das Feuer, die psychische Manipulation und die Pistole. Die spartanischen Einrichtungsobjekte werden zum Opferaltar, die schicke japanisch anmutende Wohnung wird zur Weihestätte. Alles, was Ahnung und Anflug von Format und Größe hatte, reißt sie mit sich, die kleinen spießigen Bürger mit ihren praktischen Alltagssorgen lässt sie hinter sich zurück.
Das Odéon, das ja auch Théâtre de l’Europe heißt, schickt diese im Dekor ganz heutige, im Geiste mit der Antike flirtende Hedda auf Reisen. Neben Recklinghausen (Ruhrfestspiele) und Barcelona beehrt sie im kommenden März auch Genf (Comédie, 13.-20.) mit ihrer melancholischen, todbringenden Präsenz.
Isabelle Huppert, zuletzt auf den Brettern als «Medea», hat sich für dieses neue Bühnenabenteuer einen Mann aus der Provinz ausgeguckt: Eric Lacascade, Leiter des Centre dramatique in Caen in der Normandie, fiel zuletzt auf durch gelungene Tschechow-Inszenierungen. Er baute der Huppert ein starkes Konzept und ein gediegenes Podest, weniger Aufmerksamkeit schenkte er dem Ensemble. Die anderen Schauspieler reichen dem Star das Stichwort, aber nicht das Wasser. Sie sind anwesend, um vernichtet zu werden.
Dabei wäre es schön gewesen, wenn Fräulein Gabler ernstzunehmende Gegner für ihre letzte Psycho-Schlacht gehabt hätte, die nur der triumphale Untergang sein kann. Denn Hedda Gabler in der zarten, aber zähen Gestalt von Isabelle Huppert hat in ihrem Universum von Beginn an die Macht. Das Programmheft spult noch die alten Klischees von Rollenverweigerung und Revolte ab, aber die Inszenierung ist längst einen historischen Schritt weiter. Die Pariser Hedda hat die kleinen Siege der Emanzipation hinter sich, finanziell hat sie das Sagen, sie manipuliert alle nach Gusto. Sie ist die Hohepriesterin der eigenen Persönlichkeit. Sie denkt und fühlt in Posen, sie spricht in Verlautbarungen. Das Bühnenbild unterstützt diese offizielle Tendenz. Weil es keine Kulissenwände gibt, läuft die Sprache Gefahr an den Betonwänden der Fabrikhalle zu zerfasern und zu zerschellen. Isabelle Huppert spricht daher konsequent jeden Satz frontal ins Publikum. Das erinnert an die Einsamkeit des Protagonisten im Staatstheater der Comédie Française, hat hier aber seine Begründung auch in der Psychologie der Person.
Das Kostüm tut ein übriges: «Edda Gablär», wie sie auf französisch heißt, trägt eine Kombination. Der Oberkörper steckt in einem engen schwarzen Jackett mit offenem Kragen und weißen Manschetten, der Unterkörper in einem elegant fallenden langen Rock, Samt und Seide in Bordeauxrot. Die Symbolik kann stärker nicht sein, diese Frau ist gespalten. Die Silhouette oben kann die des scharf denkenden Staatssekretärs sein, aber auch die des melancholischen Dandy, eines weiblichen Bruders von Baudelaire. Der rot verhüllte Schoss ist die noch nicht unterjochte Domäne der Hedda Gabler, die Leidenschaft, die Fruchtbarkeit. Diese sind nur durch Vernichtung zu zähmen.
In einem Parforce-Ritt ohnegleichen zerstört Isabelle Huppert ihren Ex-Liebhaber, sein Buch-Manuskript, den Embryo ihres Kindes und sich selber. Ihre Waffen sind das Feuer, die psychische Manipulation und die Pistole. Die spartanischen Einrichtungsobjekte werden zum Opferaltar, die schicke japanisch anmutende Wohnung wird zur Weihestätte. Alles, was Ahnung und Anflug von Format und Größe hatte, reißt sie mit sich, die kleinen spießigen Bürger mit ihren praktischen Alltagssorgen lässt sie hinter sich zurück.
Das Odéon, das ja auch Théâtre de l’Europe heißt, schickt diese im Dekor ganz heutige, im Geiste mit der Antike flirtende Hedda auf Reisen. Neben Recklinghausen (Ruhrfestspiele) und Barcelona beehrt sie im kommenden März auch Genf (Comédie, 13.-20.) mit ihrer melancholischen, todbringenden Präsenz.