Ihre Geschichte begann vor einem Jahr in der Kleinstadt Cesis:
"Ein Mädchen aus meiner Nachbarschaft namens Kristina fragte mich, ob ich in den Herbstferien nach Irland fliegen wolle, um mit einem Pakistaner über eine Scheinehe zu reden. Kristina sagte, dass sie selbst in Dublin gewesen sei, viele tolle Sachen gekauft habe und man die Heirat einfach absagen könne. Ich habe ihr vertraut. Kurze Zeit später schickte mir ein Pakistaner ein Ticket und Ende Oktober saß ich im Flugzeug nach Dublin."
Am Flughafen wurde Anna von zwei Pakistanern abgeholt und zu ihrem künftigen Ehemann gebracht. Schnell erkannte sie, dass ihre Freundin Kristina gelogen hatte, denn sie durfte keineswegs jeden Tag zum Shoppen gehen, sondern musste im Haus der Familie bleiben. Ihr potenzieller Ehemann kam direkt zur Sache: Er habe eine osteuropäische Frau bestellt, um in Irland bleiben zu können, denn mit seinem Studentenvisum dürfe er nur 20 Stunden pro Woche arbeiten.
"Ich habe immer wieder gesagt, dass ich nach Hause will. Der Pakistaner entgegnete, dass dies nicht möglich sei, denn er habe 1000 Euro für mich an einen Freund überwiesen. Er werde mich nur gehen lassen, wenn ich das Geld zurückzahle."
Während die Pakistaner weiter versuchten, sie zur Heirat zu überreden, suchte Anna über das Internet Kontakt zu anderen Letten in Dublin. Sie entdeckte die Email-Adresse eines lettischen Journalisten und bat ihn um Hilfe:
"Er kontaktierte die irische Polizei und sechs Stunden später klingelten Beamte an der Tür des Hauses, in dem ich gefangen war. Ich erzählte den Polizisten alles und sie brachten mich auf die Wache. Nach einer Nacht im Hotel konnte ich dank der lettischen Botschaft wieder zurück nach Riga fliegen."
Trotz aller Schrecken hatte Anna noch Glück im Unglück, meint Arturs Vaisla von der lettischen Staatspolizei, denn sie wurde nur psychisch unter Druck gesetzt. Der 39-Jährige leitet die 19-köpfige Sondereinheit zur Bekämpfung von Menschenhandel und beobachtet das Phänomen der Scheinehen seit mehreren Jahren:
"Nachdem die lettische Wirtschaft kollabiert und die Arbeitslosigkeit auf mehr als 20 Prozent gestiegen ist, sind immer mehr Frauen bereit, nach Irland zu gehen. Seit 2009 hören wir immer öfter, dass Frauen geschlagen und vergewaltigt werden, wenn sie nicht aufs Standesamt gehen. Die Opfer werden eingesperrt und bekommen kaum etwas zu essen. Die Verbrecher wissen, dass die irische Polizei nichts unternimmt."
Bisher wurden die lettischen Warnungen in Irland kaum beachtet, klagt Kriminalpolizist Vaisla. Ähnliches berichtet die Journalistin Aleksandra Jolkina, die seit 2007 über Scheinehen recherchiert. Die 25-Jährige hat Opfer interviewt und im Rahmen ihres Jurastudiums die rechtlichen Hintergründe untersucht. So ist der Tatbestand der Scheinehe in Irland bisher nicht definiert – und auch das EU-Recht hat Lücken:
"Die Grundlage des Betrugs ist der Missbrauch der EU-Richtlinie über die Freizügigkeit für Arbeitnehmer. Sie gewährt dem Ehepartner eines EU-Bürgers aus einem Nicht-EU-Land ein fünfjähriges Aufenthaltsrecht, wenn beide in einem Drittstaat leben. Wenn ein Inder eine Irin heiratet, wird streng kontrolliert, doch wer in Dublin eine Lettin heiratet, darf nach fünf Jahren die Staatsbürgerschaft beantragen. Es ist die goldene Karte für die Einwanderung."
Jolkina wird im Dezember ein Buch über Scheinehen veröffentlichen und hofft, dass das Thema endlich auch auf EU-Ebene debattiert wird.
"Ein Mädchen aus meiner Nachbarschaft namens Kristina fragte mich, ob ich in den Herbstferien nach Irland fliegen wolle, um mit einem Pakistaner über eine Scheinehe zu reden. Kristina sagte, dass sie selbst in Dublin gewesen sei, viele tolle Sachen gekauft habe und man die Heirat einfach absagen könne. Ich habe ihr vertraut. Kurze Zeit später schickte mir ein Pakistaner ein Ticket und Ende Oktober saß ich im Flugzeug nach Dublin."
Am Flughafen wurde Anna von zwei Pakistanern abgeholt und zu ihrem künftigen Ehemann gebracht. Schnell erkannte sie, dass ihre Freundin Kristina gelogen hatte, denn sie durfte keineswegs jeden Tag zum Shoppen gehen, sondern musste im Haus der Familie bleiben. Ihr potenzieller Ehemann kam direkt zur Sache: Er habe eine osteuropäische Frau bestellt, um in Irland bleiben zu können, denn mit seinem Studentenvisum dürfe er nur 20 Stunden pro Woche arbeiten.
"Ich habe immer wieder gesagt, dass ich nach Hause will. Der Pakistaner entgegnete, dass dies nicht möglich sei, denn er habe 1000 Euro für mich an einen Freund überwiesen. Er werde mich nur gehen lassen, wenn ich das Geld zurückzahle."
Während die Pakistaner weiter versuchten, sie zur Heirat zu überreden, suchte Anna über das Internet Kontakt zu anderen Letten in Dublin. Sie entdeckte die Email-Adresse eines lettischen Journalisten und bat ihn um Hilfe:
"Er kontaktierte die irische Polizei und sechs Stunden später klingelten Beamte an der Tür des Hauses, in dem ich gefangen war. Ich erzählte den Polizisten alles und sie brachten mich auf die Wache. Nach einer Nacht im Hotel konnte ich dank der lettischen Botschaft wieder zurück nach Riga fliegen."
Trotz aller Schrecken hatte Anna noch Glück im Unglück, meint Arturs Vaisla von der lettischen Staatspolizei, denn sie wurde nur psychisch unter Druck gesetzt. Der 39-Jährige leitet die 19-köpfige Sondereinheit zur Bekämpfung von Menschenhandel und beobachtet das Phänomen der Scheinehen seit mehreren Jahren:
"Nachdem die lettische Wirtschaft kollabiert und die Arbeitslosigkeit auf mehr als 20 Prozent gestiegen ist, sind immer mehr Frauen bereit, nach Irland zu gehen. Seit 2009 hören wir immer öfter, dass Frauen geschlagen und vergewaltigt werden, wenn sie nicht aufs Standesamt gehen. Die Opfer werden eingesperrt und bekommen kaum etwas zu essen. Die Verbrecher wissen, dass die irische Polizei nichts unternimmt."
Bisher wurden die lettischen Warnungen in Irland kaum beachtet, klagt Kriminalpolizist Vaisla. Ähnliches berichtet die Journalistin Aleksandra Jolkina, die seit 2007 über Scheinehen recherchiert. Die 25-Jährige hat Opfer interviewt und im Rahmen ihres Jurastudiums die rechtlichen Hintergründe untersucht. So ist der Tatbestand der Scheinehe in Irland bisher nicht definiert – und auch das EU-Recht hat Lücken:
"Die Grundlage des Betrugs ist der Missbrauch der EU-Richtlinie über die Freizügigkeit für Arbeitnehmer. Sie gewährt dem Ehepartner eines EU-Bürgers aus einem Nicht-EU-Land ein fünfjähriges Aufenthaltsrecht, wenn beide in einem Drittstaat leben. Wenn ein Inder eine Irin heiratet, wird streng kontrolliert, doch wer in Dublin eine Lettin heiratet, darf nach fünf Jahren die Staatsbürgerschaft beantragen. Es ist die goldene Karte für die Einwanderung."
Jolkina wird im Dezember ein Buch über Scheinehen veröffentlichen und hofft, dass das Thema endlich auch auf EU-Ebene debattiert wird.