
Zum Niger schreibt die norwegische Zeitung VERDENS GANG: "Es war der siebte Putsch in West- und Zentralafrika seit 2020, und er ist deshalb so dramatisch, weil das Land bislang ein enger Verbündeter des Westens im Kampf gegen islamistische Aufrührer war. Der Putsch öffnet nun Tür und Tor für Al Kaida, die Terrormiliz IS und die russische Wagner-Gruppe. Das Drama in Niger ereignet sich gleichzeitig mit dem von Präsident Putin organisierten Russland-Afrika-Gipfel in Sankt Petersbug. Dort soll auch Wagner-Chef Prigoschin gesehen worden sein. Nicht nur in den USA wächst die Sorge über eine noch wichtigere Rolle Russlands in dieser Region Afrikas", hält VERDENS GANG aus Oslo fest.
EL MUNDO aus Madrid erläutert: "Die Sahel-Zone spielt eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung des islamistischen Terrors sowie des Waffen- und Menschenhandels. Dabei übernahm der Niger in den letzten Jahren eine wichtige Funktion. In dem Land sind 1.500 französische Soldaten stationiert, und die USA unterhalten im Norden eine Drohnenbasis. In Mali und Burkina Faso ist die russische Wagner-Gruppe aktiv. Die jüngsten Staatsstreiche haben dazu geführt, dass sich diese beiden Länder nach Moskau orientiert haben. Nachdem im Niger der demokratisch gewählte Präsident Bazoum gestürzt worden ist, hat sich nun General Tchiani selbst zum Staatschef ausgerufen. Die internationale Gemeinschaft hat den Putsch verurteilt – aber sie beobachtet jetzt auch mit großer Furcht den möglichen Fall eines Schlüsselstaats in der Region und neue Fluchtbewegungen in Richtung Europa", analysiert EL MUNDO aus Spanien.
"Es gab keinerlei Gründe, die einen Putsch rechtfertigten", stellt die türkische Onlinezeitung T24 fest und kommentiert: "Der Westen ist enttäuscht, denn mit dem Niger hat sich ein weiteres Land auf den Weg in Richtung Instabilität begeben. Ein Grund für den Putsch könnte mit dem Chef der Präsidentengarde in Zusammenhang stehen. Denn Abdurrahman Tchiani sollte abberufen werden. Um ein Blutvergießen zu verhindern, hat die Armee ihm Unterstützung zugesagt. Fakt ist, die Junta-Regierung hat keine Zukunft, ziemlich düstere Tage waren auf die Militärs. Man sollte zwar nicht spekulieren, aber es gibt die Hoffnung, dass die gestürzte demokratische Regierung unter Präsident Bazoum von den Militärs die Macht wieder zurückbekommen wird", bemerkt T24 aus Istanbul.
LE MONDE aus Paris bewertet den Putsch wie folgt: "Mit diesem Staatsstreich muss man feststellen, dass die westliche Unterstützung nicht die erhoffte Wirkung erzielt hat. Die von der Bevölkerung erhoffte Entwicklung lässt auf sich warten. Was die Putschisten betrifft, so hat die Tatsache, dass sie vom Westen ausgebildet wurden, sie nicht davon abgehalten, die Waffen gegen die Machthaber zu erheben. Der Sturz von Präsident Bazoum sollte vom Westen genutzt werden, um über die Gründe für die aufeinanderfolgenden Misserfolge in der Region nachzudenken. Der Fokus auf die Sicherheit ohne ausreichende Berücksichtigung des Lebensstandards der betroffenen Bevölkerung hat Grenzen aufgezeigt", notiert die französische Zeitung LE MONDE.
DE VOLKSKRANT aus Amsterdam führt aus: "Es ist zu befürchten, dass sich auch der Niger mit der Söldnertruppe Wagner einlässt, die bereits in zahlreichen afrikanischen Ländern operiert, darunter Mali, Libyen, der Sudan und die Zentralafrikanische Republik. Dank der wachsenden Abneigung gegenüber dem westlichen Ex-Kolonialherrn Frankreich konnte Russland mit der Wagner-Gruppe seinen Einflussbereich erheblich ausweiten. Ironischerweise dreht sich auch das Interesse Russlands an Afrika um Bodenschätze. Möglicherweise wissen die Länder ihre Haut heute teurer zu verkaufen als zu der Zeit, als sie ihre Unabhängigkeit von Frankreich erlangten. Aber es ist unwahrscheinlich, dass sich die wirtschaftlichen Chancen für die Sahelzone unter russischem Einfluss verbessern werden. Es ist zu hoffen, dass der Niger durch den Druck seiner afrikanischen Nachbarn doch noch zur Vernunft gebracht wird und auf seine eigene Kraft vertraut", heißt es im VOLKSKRANT aus den Niederlanden.
Mit dem Russland-Afrika-Gipfel in Sankt Petersburg befasst sich die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG. Das Gipfeltreffen sei nicht mehr als eine leere Show gewesen, ist dort zu lesen. Und weiter: "Für den Westen ist das eine gute Nachricht. Grund, überheblich zu werden, ist es nicht. Denn dort, wo Russland auf dem Kontinent in den letzten Jahren an Einfluss gewonnen hat, könnte es bald Verwüstung hinterlassen. Man schaue sich Mali an, wo sich seit Ankunft der Wagner-Truppen Ende 2021 die Situation für die Zivilbevölkerung dramatisch verschlechtert hat. Viele afrikanische Regierungen haben keine Lust, sich vor den einen oder den anderen geopolitischen Wagen spannen zu lassen. Auch der Westen wird künftig härter dafür arbeiten müssen, Allianzen mit den Afrikanern zu schmieden", prognostiziert die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz.
Auf die von Russland angebotenen Getreidelieferungen für afrikanische Staaten blickt die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO. In einem Gastkommentar heißt es: "Der Getreideexport macht nur einen kleinen Anteil an der Wirtschaft Russlands aus. Doch für den Rest der Welt ist er sehr wichtig - für viele Regionen in Afrika gar lebensrettend. Deshalb versteht der Kreml seine Agrarprodukte auch als politisches Mittel und setzt die Exporte vor allem dafür ein, den Druck der westlichen Sanktionen zu verringern. Das ist wohl auch der Grund, warum Präsident Putin das Getreideabkommen mit den Vereinten Nationen nicht verlängern wollte. Der Streit um Getreidelieferungen offenbart außerdem die Diskrepanz der sicherheitspolitischen Ansichten zwischen Moskau und dem Westen". resümiert HUANQIU SHIBAO aus Peking.
Zum Verhältnis zwischen Afrika zu Russland vertritt CUMHURIYET aus Istanbul folgende Ansicht: "Weil der Westen Afrika nicht mehr ausbeuten kann, behauptet er, dass China und Russland das täten. Und zwar mit der Behauptung, dass Peking und Moskau die afrikanischen Länder in die Schuldenfalle treiben. Das Gegenteil passiert. Afrika wächst durch die Zusammenarbeit mit China und Russland - sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Deswegen wird unter den G20-Ländern über eine Aufnahme der Afrikanischen Union gesprochen. Zudem haben die Afrikaner bewiesen, dass sie die Initiative ergreifen können. Sie haben einen Friedensplan zur Beendigung des Ukrainekriegs vorgestellt. Dass die armen Länder vom internationalen Getreideabkommen profitiert hätten, ist eine andere falsche Behauptung. Lediglich zehn Prozent des Getreides sind nach Afrika gegangen. Jetzt will Russland mehreren afrikanischen Ländern kostenlos Getreide liefern und die Schulden dieser Länder streichen. Wie man sieht, lohnt sich eine Zusammenarbeit mit China und Russland. Die Beteiligten sind jedenfalls zufrieden." Das war die Meinung der türkischen Zeitung CUMHURIYET.
Die dänische Zeitung POLITIKEN macht sich Gedanken über den Klimawandel: "Griechische Ferieninseln stehen in Brand, in den USA herrscht sengende Hitze und das Meer vor Florida ist warm wie in einem Whirlpool. In Italien werden Autos von riesigen Hagelkörnern zerstört, der Amazonas droht zur Savanne zu werden, und der Golfstrom dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit im Lauf dieses Jahrhunderts kollabieren. Der Klimawandel ist keine theoretische Gefahr mehr, sondern eine aktuelle Bedrohung. Wir müssen alles tun, um diese Entwicklung umzukehren – weniger fliegen, weniger Fleisch essen, weniger Kleidung kaufen und weniger konsumieren. Aber der Klimawandel ist auch ein strukturelles Problem, das nur politisch und durch internationale Zusammenarbeit gelöst werden kann. Alle - und zwar unabhängig von ihrer Gesinnung - müssen von ihren Politikern verlangen, dass sie konkrete Lösungen für diese buchstäblich existenzielle Krise liefern", fordert POLITIKEN aus Kopenhagen zum Schluss der internationalen Presseschau.
