03. August 2023
Die internationale Presseschau

Kommentiert wird Russlands wachsender Einfluss in Afrika nach dem Militärputsch im Niger. Zunächst geht es aber um die neue Anklage gegen den früheren US-Präsidenten Trump.

Der frühere US-Präsident Donald Trump vor einem Gericht in New York am 4. April 2023 unter polizeilicher Bewachung
Der frühere US-Präsident Trump ist erneut angeklagt worden. (AFP / ED JONES)
Dazu schreibt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG: "Sie betrifft den schwersten Vorwurf, den man einem Politiker machen kann: den Angriff auf die Demokratie und damit das amerikanische Staatswesen. Der Untersuchungsausschuss im Repräsentantenhaus hat detailliert herausgearbeitet, dass Trump in seinem Willen, sich an der Macht zu halten, zu allem bereit war. Der Sturm auf das Kapitol war keine aus dem Ruder gelaufene Protestkundgebung, sondern Teil des letzten Versuchs in diesem verzweifelten Plan. So logisch die Anklage ist, so riskant ist sie auch. Die Beweisführung ist schwieriger als im Fall der unterschlagenen Geheimdokumente. Das Justizministerium muss alle Geschworenen davon überzeugen, dass dem ehemaligen Präsidenten seine Wahlniederlage klar war und er dennoch den Umsturz bis hin zur Gewalt wollte. Die nächsten Monate werden für die USA zweifellos zu einem Stresstest werden", meint die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
Die NEW YORK TIMES notiert: "Eine Anklage dieses Ausmaßes hat das Strafrechtssystem der USA noch nie gesehen. Es ist das erste Mal, dass ein ehemaliger Präsident von der Regierung ausdrücklich beschuldigt wird, das Land betrogen zu haben. Es ist die dritte strafrechtliche Anklage gegen Trump und sie zeigt einmal mehr, dass die Rechtsstaatlichkeit in den USA für jeden gilt, auch wenn der Angeklagte der höchste Beamte des Staates war. Die in dieser Anklageschrift zur Last gelegten Straftaten sind bei weitem die schwersten, weil sie die Grundprinzipien des Landes untergraben. Trump hat versucht, das Verfassungssystem und die Rechtsstaatlichkeit auszuhebeln. Dieses System hat seine Angriffe überlebt und wird ihn nun für den Schaden zur Rechenschaft ziehen", ist sich die NEW YORK TIMES aus den USA sicher.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN aus Tokio merkt an: "Die Vorwürfe dieser Anklage haben ein völlig anderes Gewicht als bei den beiden vorherigen Fällen: Es ist ein juristischer Prozess gegen einen der mächtigsten Männer des Landes, der versucht, den Kern der US-Demokratie zu zerstören. Und es ist die Demokratie der Vereinigten Staaten, deren Grundlage eine der ältesten Verfassungen der Welt ist. Ob Trump durch den Prozess tatsächlich zur Rechenschaft gezogen werden kann? Mit dem Urteil wird der wahre Wert der USA getestet."
Die österreichische Zeitung DIE PRESSE ist folgender Meinung: "Trump versteht es sogar, die öffentliche Aufregung rund um seine Justizquerelen in Wahlkampfmunition umzumünzen. Der Demagoge schießt aus allen Rohren und hat überhaupt kein Problem, wenn er dabei auch den Rechtsstaat beschädigt. Sein narzisstischer Furor kennt keine Achtung vor demokratischen Institutionen. Seinen Anhängern gefällt die respektlose Art. Seit seiner Anklage in New York vor vier Monaten ist er in Umfragen um satte zehn Prozentpunkte gestiegen. Die USA und die Welt können sich darauf einstellen, dass Trump trotz allen Ärgers vor Gericht bei der Präsidentschaftswahl antritt – und sie vielleicht sogar gewinnt. Die US-Demokratie steht vor einer schweren Belastungsprobe – und mit ihr der gesamte freie Westen", befürchtet DIE PRESSE aus Wien.
Die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT führt aus: "In den Umfragen zu den republikanischen Vorwahlen liegt Trump 37 Prozentpunkte vor seinem schärfsten Konkurrenten Ron DeSantis. Und bei dem wahrscheinlichen Duell zwischen Trump und dem derzeitigen Präsidenten Joe Biden stehen die Chancen etwa 50 zu 50. Eine Verurteilung - sollte sie rechtzeitig erfolgen - könnte seine Chancen etwas schmälern, aber allzu viele Zweifler gibt es nicht. Ein Großteil der republikanischen Wählerschaft unterstützt Trump vorbehaltlos. Ein Angeklagter gilt als unschuldig, bis seine Schuld bewiesen ist. Aber umgekehrt haben Trump-Anhänger und andere Republikaner keinerlei Problem damit, Staatsanwälte im Voraus als 'parteiisch' zu brandmarken. Die Verfolgung von Präsident Trump erinnere an Nazi-Deutschland, die ehemalige Sowjetunion und andere diktatorische Regime, erklärt Trumps Wahlkampfteam." So weit DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.
"Die für die Vorwürfe im Gesetz vorgesehenen Strafen könnten Trump theoretisch für den Rest seines Lebens ins Gefängnis bringen", heißt es in der spanischen Zeitung LA VANGUARDIA aus Barcelona: "Aber es wäre verfrüht, zu behaupten, dass dies tatsächlich passieren wird. Bei Trumps Anhängern macht eine solche Serie von Anklagen überhaupt keinen Unterschied. Trotz aller Nachforschungen der Staatsanwaltschaft neigen sie vielmehr dazu, alle Behauptungen von Trump als wahr anzusehen und jeden Vorwurf gegen ihn als Schwindel abzutun."
Die britische Zeitung THE TIMES aus London sieht es so: "Die größte Hoffnung für den 45. Präsidenten der USA, die Flut von Anklagen abzuwehren, besteht darin, der 47. Präsident der USA zu werden. Wenn Trump es schafft, bei den Präsidentschaftswahlen im November nächsten Jahres die Ziellinie zu überqueren, kann er sich den Schutzmantel der exekutiven Immunität umhängen und denjenigen eine lange Nase zeigen, die ihn zur Rechenschaft ziehen wollen."
Die dänische Zeitung JYLLANDS-POSTEN aus Århus wirft ein: "Trumps Eskapaden zeigen, wie verletzlich Demokratien sind. Nichts kann mehr als gegeben vorausgesetzt werden. Unsere demokratischen Werte stürzen ein wie ein Kartenhaus, wenn kompromisslose Gewalttäter wie beim Sturm auf das US-Kapitol auftreten.“
In der schwedischen Zeitung AFTONBLADET ist zu lesen: "Trump bezeichnet die Anklage als politisch motivierten Racheakt. Seine Anhänger scheinen ihm das abzunehmen. In ihrer Welt ist es kein Zufall, dass die Anklage kurz vor Beginn des Wahlkampfs erfolgt, und sie glauben, dass damit die Aufmerksamkeit von Bidens Sohn Hunter abgelenkt werden soll. Tatsächlich ist Trump der mit Abstand beliebteste Kandidat der Republikaner. Wird er aufgestellt, wird der Wahlkampf von nichts anderem handeln als von den Verfahren gegen ihn. Wirtschaft, Klima und Außenpolitik landen im Abseits, und die Ukraine kann sich die Hoffnung auf mehr Aufmerksamkeit der USA abschminken", bemerkt das AFTONBLADET aus Stockholm.
Themenwechsel. Nach dem Militärputsch im Niger stellt die Zeitung PRAVO aus Tschechien fest: "Die Situation ist kritisch. Der Umsturz im Niger könnte die russischen Wagner-Söldner auf den Plan rufen. In der Hauptstadt Niamey schwenkten Unterstützer des Putsches bereits russische Fahnen. Die USA und die EU halten Russland in Osteuropa zurück. Doch im Sahel gewinnt Moskau langsam die Oberhand. Es droht, dass die afrikanische Region zu einem Epizentrum des globalen Terrorismus und zu einem Ausgangspunkt für eine stärkere Migration nach Europa wird. Das sollte Brüssel aufhorchen lassen. Doch hat die Europäische Union noch die Kraft, einer weiteren Krise entgegenzutreten?", fragt PRAVO aus Prag.
"Warum soll ein Militärputsch im afrikanischen Niger uns etwas angehen?" - diese Frage stellt die estnische Zeitung POSTIMEES und gibt folgende Antwort: "Weil schon vor einer ganzen Weile ein neuer kalter Krieg begonnen hat. Dabei geht es um eine globale Auseinandersetzung zwischen demokratischen und undemokratischen Staaten, zwischen den USA, Großbritannien, der EU, Japan und Australien auf der einen Seite und Ländern wie Russland und China auf der anderen Seite. Wie beim ersten kalten Krieg vermeiden die zentralen Akteure eine direkte Konfrontation, nicht aber eine Auseinandersetzung an der Peripherie. Das galt damals für Korea und Vietnam, aber auch für afrikanische Länder wie Mosambik, Äthiopien oder Angola. Nun dehnt sich dieses Schachspiel des Kalten Kriegs erneut auf Afrika aus. Im Niger hatte die Demokratie bereits Wurzeln geschlagen. Russland versucht nun, sich als Retter zu präsentieren, der den Kampf gegen den Kolonialismus unterstützt – obwohl es selbst einen Kolonialkrieg im Sinne des 19. Jahrhunderts in der Ukraine führt." Das war zum Ende der internationalen Presseschau POSTIMEES aus Tallinn.