Freitag, 03. Mai 2024

22. April 2024
Die internationale Presseschau

Mit Kommentaren zur Einigung des US-Repräsentantenhauses auf neue Milliardenhilfen für die Ukraine und zum heutigen "Earth Day".

22.04.2024
Blick auf das Kapitol in Washington.
Der US-Kongress hat neue Finanzhilfen für die Ukraine verabschiedet - ein Thema in vielen internationalen Zeitungen. (picture alliance / Jürgen Schwenkenbecher)
Die WASHINGTON POST sieht in der Einigung im Kongress eine klare Niederlage für die Gruppe der Republikaner, die fest hinter Donald Trump steht: "Es ist eine schlechte Woche für die billigen Tricks der Republikaner aus der 'Make America Great Again'-Bewegung. Sie würden im Repräsentantenhaus lieber alles andere als ihre Arbeit tun. Sie würden die rechten Medienkonsumenten lieber mit unbegründeten Amtsenthebungsverfahren, fruchtlosen Anhörungen und dem Nachplappern russischer Propaganda verwöhnen. Nichts davon dient den Interessen der Wähler, nichts davon verbessert die Sicherheit der USA. Für diese Gefolgsleute von Donald Trump scheinen Chaos und Lähmung das Ziel zu sein. Zum Glück für das Land haben die Demokraten herausgefunden, wie sie diese Possen lösen und die Republikaner demütigen können", hält die WASHINGTON POST fest.
"Der größte Verdienst gehört dem Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson", betont ein Gastkommentator in der NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio: "Trotz der drohenden Abwahl durch die radikalen Republikaner hat er 'das Richtige' getan. Nun muss beobachtet werden, welches politische Schicksal Johnson erwartet. Sein Vorgänger Kevin McCarthy wurde wegen eines Kompromisses mit den Demokraten abgewählt. Mit der Entscheidung vom Wochenende wurde ein Signal in die Welt gesendet, dass das US-Repräsentantenhaus noch einen Rest Moral besitzt. Wenn es dennoch zur Abwahl Johnsons kommt, würde dann die Welt wieder einmal den enormen Einfluss von Donald Trump spüren." So weit NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Japan.
Die mexikanische Zeitung LA RAZON kommentiert: "Das verabschiedete Hilfspaket ist erst einmal ein Sauerstoffballon für die Regierung Selenskyj, aber es ist zu klein, um das Blatt endgültig zugunsten der Ukraine zu wenden. Russland verfügt noch über genug Mittel für die nächsten Jahre, während die Ukraine nicht mehr die Nummer Eins auf der internationalen Tagesordnung ist. Aber sie bleibt einer der entscheidendsten Dreh- und Angelpunkte für die Verschiebung des globalen Machtgefüges – und bis das alle erst einmal verstanden haben, könnte es womöglich schon zu spät sein", befürchtet LA RAZON aus Mexiko-Stadt.
Der Londoner TELEGRAPH erwartet, dass der Streit um die Ukraine-Hilfen in den USA weitergeht: "Obwohl das Paket mit deutlicher Mehrheit vom Repräsentantenhaus gebilligt wurde, bleibt der Widerstand vieler Republikaner groß. Mehr waren gegen das Gesetz als dafür. Diese Gegensätze werden sich noch verschärfen, je näher die Präsidentschaftswahlen rücken."
Die NEW YORK POST blickt nach Europa: "Paradoxerweise hatte die lange Blockade im US-Kongress den unbeabsichtigten Vorteil, neue europäische Initiativen anzustoßen. Dazu gehört der tschechische Plan, Artilleriegranaten aus aller Welt zu sammeln, oder das neue Engagement des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für die Sicherheit der Ukraine. Anders als in der Vergangenheit muss das Biden-Team nun auch die Pazifisten in den europäischen Hauptstädten wie Berlin oder Budapest auffordern, Rückgrat zu zeigen", fordert die NEW YORK POST.
Auch die polnische RZECZPOSPOLITA empfiehlt eine stärkere Rolle Europas: "Wenn es um finanzielle und militärische Hilfe geht, sollten wir uns nicht auf Washington verlassen. Nur solange Anhänger des Biden-Kurses an der Macht sind, ist Amerika ein verantwortungsvoller Verbündeter. Von Washington bis Moskau ist es ein weiter Weg, und die Drohungen aus dem Kreml scheinen vielen Amerikanern nicht wichtig zu sein. Bei uns sitzt der Kreml fast direkt hinter der Hauswand. Wir spüren die Bedrohung – und es ist eine sehr reale Bedrohung. Deshalb lasst uns alles tun, um zur Unterstützung Kiews aufzurufen", verlangt die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die norwegische Zeitung DAGBLADET erwartet weitere Gespräche über Ukraine-Hilfen auf dem NATO-Gipfel in Washington im Juli: "Niemand wird so weit gehen und sagen, dass man sich nicht mehr auf die USA verlassen könne, aber die Sorge ist da. Nicht nur wegen Trump selbst, sondern auch wegen des Kongresses und der Republikanischen Partei. Generalsekretär Stoltenberg kommt vermutlich mit einem Plan zum NATO-Gipfel, der weitere Ukraine-Hilfen gewährleistet – und zwar unabhängig davon, wer im Weißen Haus residiert. Im Kongress hat man bereits mit ansehen müssen, wie ein Hilfspaket für die Ukraine zur politischen Erpressung und für den Wahlkampf genutzt wurde. Das zeigt, wie unberechenbar die Politik in den USA geworden ist", bilanziert DAGBLADET aus Oslo.
Neben der Unterstützung für die Ukraine hat das US-Repräsentantenhaus zugleich auch neue Finanzhilfen für Israel und Taiwan verabschiedet. In einem Gastkommentar in der taiwanesischen Zeitung LIANHE BAO werden Bedenken geäußert: "Geld für die Ukraine gibt es, weil Amerika dort de Facto einen Stellvertreterkrieg gegen Russland führt. Die Hilfe für Israel ist vor allem als humanitäre Hilfe für den Gazastreifen gedacht. Aber dass Washington Taiwan strategisch auf den gleichen Rang wie diese beiden Länder hebt, ist erschreckend. Das würde bedeuten, dass Taiwan von nun an sicherheitspolitisch wieder von den USA abhängig sein wird. Und das könnte den Stolz der Taiwanesen verletzen, die über Jahrzehnte selbständig Wohlstand geschaffen haben", findet LIANHE BAO aus Taipeh.
Heute ist der "Earth Day", ein globaler Aktionstag für Umwelt- und Klimaschutz. In einem Gastbeitrag in den ARAB NEWS aus Saudi-Arabien ist zu lesen: "In diesem Jahr lautet das offizielle Motto 'Planet vs. Plastik' und wirft ein Schlaglicht auf eine der drängendsten ökologischen Herausforderungen unserer Zeit. Von der Bekämpfung der Plastikverschmutzung bis hin zur Förderung erneuerbarer Energien und des Umweltschutzes gibt es noch viel zu tun, um eine nachhaltigere und widerstandsfähigere Zukunft zu schaffen. Wir sollten die Gelegenheit ergreifen, einen positiven Wandel anzustoßen - als Vermächtnis für nachfolgende Generationen", empfehlen die ARAB NEWS aus Dschidda.
Ein Gastkommentator in der SOUTH CHINA MORNING POST aus Hongkong erläutert: "Der kontinuierliche Anstieg der Produktion von Einwegplastik ist besorgniserregend - etwa 36 Prozent aller hergestellten Kunststoffe werden für Einwegverpackungen verwendet. Man könnte meinen, es ist kein Problem, solange wir das Plastik recyceln. Doch die unangenehme Wahrheit ist, dass die große Mehrheit der Einwegverpackungen auf Mülldeponien oder gar in der Natur landen. Am Ende gelangt Mikroplastik in die Luft, in das Trinkwasser, in unsere Nahrung und am Ende auch in die Blutbahn. Das bedroht unsere Gesundheit", mahnt die SOUTH CHINA MORNING POST.
THE HINDU aus der ostindischen Stadt Chennai fordert, Maßnahmen für den Erhalt der Erde und für die Versorgung der Menschen zu verbinden: "Es muss ein politischer Rahmen an der Schnittstelle von Klima, Ernährung und Lebensmittelproduktion entwickelt werden. Denn diese Aspekte sind eng miteinander verknüpft. Es ist dringend notwendig, die Fragen an dieser Schnittstelle sowohl auf globaler als auch auf regionaler Ebene anzugehen."
Zum Abschluss noch ein Kommentar zum Türkei-Besuch von Bundespräsident Steinmeier. Die in Istanbul ansässige Online-Zeitung T24 schreibt: "In der offiziellen Ankündigung heißt es, bei dem Besuch solle verdeutlicht werden, dass vier Generationen türkischer Einwanderer ein fester Bestandteil Deutschlands seien. Und: Der Bundespräsident habe sich entschieden, den Berliner Dönermacher Arif Keleş als Ehrengast zu seinem Staatsbesuch in die Türkei mitzunehmen. Was für eine schöne Geste. Das muss man sich mal vorstellen: Arif Keleş, ein Türke der dritten Generation, als Ehrengast beim Türkei-Besuch des Bundespräsidenten. Ein ungewöhnliches Zeichen. Die deutschen Beziehungen zur Türkei sind eng, sehr eng. Und das ist auch gut so." Mit diesem Kommentar von T24 aus Istanbul endet die Presseschau.