Doch zunächst in die Ukraine. Die IRISH TIMES aus Dublin analysiert insbesondere die Bedeutung Washingtons. "Die US-Politik gegenüber der Ukraine, Europa und anderen Weltregionen ist in diesem Wahljahr von politischer Unsicherheit begleitet. Die künftige Richtung der US-Politik wird bis weit nach der Präsidentschaftswahl unklar sein. Auch in Europa stehen mit den Wahlen zum Europäischen Parlament politische Veränderungen bevor. Eine neue Europäische Kommission wird ihnen folgen. Die politische Führung der EU sieht sich mit der dringenden Notwendigkeit konfrontiert, die Ukraine militärisch zu unterstützen, während sie sich zugleich der Entwicklung in Washington stellen muss", beobachtet die IRISH TIMES.
"Die USA, die NATO und die EU wissen, dass Kiew weitere Hilfen braucht", lesen wir in der spanischen Zeitung LA VANGUARDIA aus Barcelona. "Der ukrainische Präsident Selenskyj hat um sieben Patriot-Systeme gebeten. Bis jetzt hat nur Deutschland zwei davon geliefert und ein drittes angekündigt. Spanien, Griechenland, die Niederlande, Schweden, Polen und Rumänien verfügen ebenfalls über solche Systeme und stehen deshalb unter Druck ihrer Verbündeten. Wie schon der EU-Außenbeauftragte Borrell nicht ohne Frust sagte: 'Ich habe keine Patriots – die Entscheidung liegt bei den einzelnen Ländern'."
Als "gerade noch rechtzeitig" bezeichnet ein Gastkommentator in der schwedischen Zeitung SVENSKA DAGBLADET die US-Hilfen für die Ukraine. "Die Mittel aus den USA sind kriegsentscheidend. Außerdem könnten alle europäischen Länder mehr geben. Würden sie ihre Verteidigungsausgaben nur geringfügig steigern, käme eine militärische Übermacht zustande, der Russland nicht gewachsen wäre. Die Alternative in Form irgendeiner Art von Friedensvereinbarung ist dagegen wertlos. Der russische Präsident Putin lügt, er weiß, dass er lügt, und er weiß, dass wir wissen, dass er lügt. Ein Friede könnte vielmehr der Beginn eines Weltkriegs werden, wenn Putin sich den Rest der Ukraine, Moldau und das Baltikum holt."
Die ungarische Zeitung NEPSZAVA kommentiert die Rolle des republikanischen Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, beim Einlenken seiner Partei zugunsten der Freigabe der US-Hilfen. "Es ist ein seltener Moment in der Geschichte, wenn das Schicksal einer Nation in den Händen einer einzelnen Person liegt. Unabhängig von seinem weiteren politischen Schicksal wird Johnson in den Augen der Ukrainer noch lange ein Held bleiben."
"Johnson war mutig, die Blockadehaltung der Republikaner zu durchbrechen, denn diese Entscheidung könnte ihn sehr wohl seinen Job kosten", bemerkt dazu die litauische Zeitung VERSLO ŽINIOS aus Vilnius. "Er eklärte, dass er die Bedrohung für Europa durch Putin ernst nehme. Alle demokratischen Staaten haben auf diese Entscheidung der USA gewartet. Die Gefahr einer unmittelbaren Katastrophe für die Ukraine nimmt damit erst einmal ab, aber die Zeit steht nicht still. Putin wird einen neuen Angriff vorbereiten, und darauf müssen die Europäer vorbereitet sein", lautet die Einschätzung der Zeitung VERSLO ŽINIOS aus Vilnius.
Den wachsenden Druck auf China, Farbe zu bekennen, kommentiert die in Singapur erscheinende Zeitung LIANHE ZAOBAO. "Nicht nur die USA haben klargestellt, dass sie einen Sieg Russlands auf dem Schlachtfeld unbedingt verhindern wollen, auch die G7-Staaten haben in ihrem jüngsten Kommuniqué den Krieg in der Ukraine als die größte Bedrohung für Europa seit dem Kalten Krieg bezeichnet. Zudem haben sie sich auch äußerst unzufrieden darüber gezeigt, dass Peking nach wie vor Moskau sowohl mit Gütern als auch mit Waffenkomponenten unterstützt. Selbst der deutsche Bundeskanzler hat bei seinem jüngsten Besuch in Peking Chinas problematisches Eintreten für Putin zur Sprache gebracht. Der diplomatische Handlungsspielraum von Staatsführer Xi Jinping schrumpft zusehends, so dass er irgendwann vor die grundsätzliche Entscheidung gestellt werden könnte, ob er ein Freund oder ein Feind des Westens sein möchte", glaubt die in Singapur erscheinende Zeitung LIANHE ZAOBAO.
Das Zwölf-Punkte-Programm der FDP-Spitze beschäftigt ebenfalls die Zeitungen. "Inhaltlich ist aus liberaler Warte jeder der zwölf vorgeschlagenen Punkte richtig", findet die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG. "Der Ton ist allenfalls nicht scharf genug. Natürlich müsste die deutsche Regierung das 'Bürgergeld' korrigieren und deutlich schärfere Sanktionen für Menschen einführen, die auf Kosten der Steuerzahler leben und Arbeitsangebote ablehnen. Natürlich müsste ein Irrsinn wie die 'Rente mit 63' in einer alternden Gesellschaft gekippt werden. Aber die FDP hatte nie, und sie hat auch jetzt keine Chance. Sie hat keine politischen Verbündeten, nicht einmal mehr in der Union. Und sie ist Teil einer politischen Öffentlichkeit, die ihr in weiten Teilen feindselig gegenübersteht", meint die NZZ aus der Schweiz.
"Merkels Erbe ist düster", schreibt die Zeitung EXPANSIÓN PAÍS VASCO aus dem Baskenland. "Das deutsche Wirtschaftsmodell steht in Frage, und das Land ist von ökonomischer und sozialer Zerstückelung bedroht. Die FDP erwägt, die Koalition aufzulösen. Angesichts der aktuellen Umfragen und dem endgültigen Erstarken der AfD wächst der Druck auf den Kanzler. Es wäre klug von ihm, die bestehende Koalition aufzulösen und eine neue mit der CDU und den Liberalen vorzuschlagen", lautet die Einschätzung in der Zeitung EXPANSIÓN PAÍS VASCO mit Sitz in Madrid.
Auch die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA blickt auf die FDP. "Der Plan soll der Partei helfen, sich auf der politischen Bühne Deutschlands zu halten. Die Politik der Zugeständnisse an SPD und Grüne schadete der FDP. Die Partei steht kurz vor dem Austritt aus dem Bundestag, da sie bei der nächsten Bundestagswahl die Fünf-Prozent-Hürde möglicherweise nicht überwinden wird. Bayerns Ministerpräsident Söder glaubt, dass eine Ablehnung der von der FDP vorgeschlagenen Veränderungen zu einer Regierungskrise und zum Zusammenbruch der Ampelkoalition führen könnte." Sie hörten einen Auszug auf der Moskauer NESAWISSIMAJA GASETA.
Abschließend ein Blick in den Nahen Osten. Israel hat den Bericht unabhängiger Experten zur Arbeit des Palästinenserhilfswerks UNRWA kritisiert. Ein Gastkommentator in der japanischen Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN schreibt dazu: "Das Hilfswerk unterstützt bereits seit 75 Jahren palästinensische Flüchtlinge und hat trotz zahlreicher Kriege und Krisen in Nahost seine Neutralität bewahrt. Zwar wuchsen die Schwierigkeiten für das UNRWA, nachdem die Hamas 2007 die Macht im Gazastreifen übernahm, aber es hat sich stets bemüht, seine Unparteilichkeit zu bewahren. Der Abschlussbericht der Kommission betont die Wichtigkeit des Hilfswerks und weist darauf hin, dass ohne die Unterstützung von den Geberländern, Israel und der palästinensischen Autonomiebehörde die Unabhängigkeit des UNRWA keinesfalls gewahrt werden kann."
Zum Rücktritt des Direktors des israelischen Militärgeheimdienstes schreibt die italienische Zeitung LA REPUBBLICA: "Der erste israelische Verantwortungsträger nach der Katastrophe vom 7. Oktober ist weg. Die schwerwiegende Unterschätzung der Möglichkeit, dass die Hamas die Grenze durchdringen könnte, ist ein Felsbrocken auf dem Gewissen der gesamten israelischen Befehlskette. Es ist der erste, aber sicher nicht der letzte Kopf, der fällt. Die Öffentlichkeit verlangt, dass jemand dafür bezahlt - auch für das Versagen, dass seit sechseinhalb Monaten Geiseln in den Händen der Hamas sind und der Anführer der Terroristen, Jihia al-Sinwar, unauffindbar ist. Die Opposition fordert eine Untersuchungskommission. Und sie will, dass sich Premierminister Netanjahu ein Beispiel an seinem General nimmt." Das war LA REPUBBLICA aus Rom.