Montag, 06. Mai 2024

24. April 2024
Die internationale Presseschau

Kommentiert werden die Pläne der britischen Regierung, Asylbewerber nach Ruanda abzuschieben, die antisemitischen Proteste an Universitäten in den USA sowie die Reise von US-Außenminister Blinken nach China. Zunächst geht es aber um die Unterstützung des Westens für die Ukraine.

24.04.2024
US-Außenminister Blinken und das Mitglied der Europäischen Kommission für Wirtschaft, Dombrovskis, sitzen an einem Tisch vor Mikrofonen. Hinter ihnen die EU- und die US-Flagge.
US-Außenminister Blinken reist nach China. (AP / Johanna Geron)
Dazu schreibt die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA: "Die Hilfe für die Ukraine ist durch die Entscheidung der USA, Kiew mit Milliardenbeträgen zu unterstützen, wieder in Gang gekommen. In letzter Zeit hatten Informationen von der Front im Westen wegen des Gaza-Kriegs kaum noch Aufmerksamkeit erregt. Die Koalition der Ukraine-Unterstützter hat in Warschau nun neue Stärke gezeigt. Der britische Premierminister Sunak informierte dort zusammen mit Ministerpräsident Tusk über die weitere militärische Unterstützung für die Ukraine. Jetzt geht es vor allem darum, ukrainische Städte gegen russischen Beschuss zu verteidigen. Und das ist letztlich nur das Minimalziel. Ohne die Rückeroberung zumindest eines Teils der besetzten Gebiete durch die Ukrainer ist ein Ende der imperialistischen Bedrohung durch Moskau kaum vorstellbar", notiert die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die türkische Zeitung YENI BIRLIK aus Istanbul führt aus: "Nach der US-Entscheidung zur weiteren Unterstützung der Ukraine ist Russland ernsthaft besorgt. Der Krieg gegen die Ukraine ist bislang nicht nach den Vorstellungen Moskaus verlaufen. Nun sucht der Kreml nach neuer Beute, um die eigene Bevölkerung zu motivieren und die Armut sowie die wirtschaftlichen Probleme im Land zu kompensieren. Diese Beute darf nicht das Schwarze Meer oder türkisches Territorium werden."
Die norwegische Zeitung VERDENS GANG ist folgender Meinung: "Nach der Zustimmung des US-Senats und der Unterschrift von Präsident Biden erhält die Ukraine endlich die amerikanischen Waffen und die Munition, die sie so dringend für ihre Verteidigung benötigt. Schließlich ist der Krieg in eine kritische Phase getreten. Die russischen Aggressoren sind deutlich besser gerüstet als die ukrainischen Verteidiger. Russland versucht, mit einer Frühjahrsoffensive größere Gebiete zu erobern und die Ukraine in die Knie zu zwingen. Wenn Putin bekommt, was er will, verlieren die Ukrainer ihre Freiheit und ihre Unabhängigkeit. Aber darüber hinaus verlieren das freie Europa und die USA jedwede Glaubwürdigkeit. Wir haben versprochen, die Ukraine zu unterstützen, solange es nötig ist, und zu diesem Versprechen müssen wir stehen – nicht nur wegen der Ukraine selbst, sondern auch wegen unserer eigenen Sicherheit", unterstreicht VERDENS GANG aus Oslo.
Das britische Parlament hat die Abschiebung von Asylsuchenden nach Ruanda gebilligt. Dazu bemerkt die Londoner FINANCIAL TIMES: "Nach zwei Jahren Streit soll nun ein Gesetzentwurf in Kraft treten, der es der britischen Regierung erlaubt, einige Asylbewerber, die in kleinen Booten über den Ärmelkanal kommen, nach Ruanda zu transportieren - eines der ungeheuerlichsten britischen Gesetzesvorhaben seit Jahren. Das Problem besteht nicht nur darin, dass dieser unmenschliche und äußerst kostspielige Plan sein Ziel möglicherweise nicht erreichen wird. Die rechtlichen Mittel, zu denen die Regierung gegriffen hat, um eine Blockade durch den Obersten Gerichtshof des Vereinigten Königreichs zu umgehen, schaffen einen verhängnisvollen Präzedenzfall für die britische Demokratie", gibt die britische FINANCIAL TIMES zu bedenken.
In der österreichischen Zeitung DER STANDARD ist zu lesen: "Noch als Finanzminister war Premier Sunak wegen der Kosten gegen das Vorhaben, das Asylrecht nach Ruanda auszulagern. Er hat recht behalten: Schon bisher, ohne dass ein einziger Flüchtling ins Flugzeug nach Ruanda gesetzt werden konnte, hat die Angelegenheit die britischen Steuerzahler rund eine Viertelmilliarde Pfund gekostet, vom Reputationsverlust der einst als weltoffen geltenden Insel einmal abgesehen. Die Bevölkerung hält von der teuren Asylpolitik wenig, aber wen schert das? Sunak muss den rechten Flügel seiner Fraktion befrieden, um noch einige Monate im Amt bleiben zu können. Erst ein Labour-Wahlsieg könnte den Spuk beenden", meint DER STANDARD aus Wien.
Die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT aus Amsterdam hält fest: "Hunderte von Stunden haben Parlamentarier darüber diskutiert, Hunderte von Stunden haben Richter die Akten geprüft. Die Ruanda-Politik ist das Aushängeschild der angeschlagenen und von Skandalen geplagten Regierung Sunak, ihre vermeintlich einzige Chance, die Parlamentswahlen in diesem Jahr noch zu gewinnen."
Nun zum heute beginnenden Chinabesuch von US-Außenminister Blinken. Die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO merkt dazu an: "US-Präsident Biden schickt zum zweiten Mal in weniger als einem Jahr seinen Außenminister nach Peking, um die subtile Doppelzüngigkeit der US-Außenpolitik fortzusetzen. Während der erste Besuch von der Spionageballon-Affäre überschattet war, ist die Atmosphäre inzwischen weniger frostig, da es im Vorfeld bereits zu einigen hochrangigen Kontakten und Treffen gekommen war. Bei dem anstehenden Besuch sollen nun Fortschritte in zentralen Fragen erzielt, Bedenken hinsichtlich bilateraler und regionaler Themen angesprochen und Wettbewerbskonflikte verhindert werden. Die chinesische Führung erhofft sich dabei eine Korrektur falscher Sichtweisen in Bezug auf China und die Verantwortung beider Länder als Großmächte gemeinsam wahrzunehmen. Dazu gehört auch, dass Washington die Philippinen nicht weiter anstachelt, China zu provozieren", verlangt JIEFANG RIBAO aus Schanghai.
Die Zeitung ZIYOU SHIBAO aus Taiwan sieht es so: "Auch gegenüber US-Außenminister Blinken wird Peking seine Erpressungstaktik fortsetzen und die Ansicht vertreten, wonach Taiwan ein Teil Chinas ist. Dies zeigt, dass das Bekenntnis zur Ein-China-Politik durchaus zwei Paar Schuhe sein können. Die USA müssen aufpassen, dass sie sich von Präsident Xi nicht über den Tisch ziehen lassen und das kommunistische Regime am Ende in Verhandlungen etwas geschenkt bekommt, was es auf dem Schlachtfeld niemals erreichen könnte", warnt ZIYOU SHIBAO aus Taipeh.
Themenwechsel. Die schwedische Zeitung SVENSKA DAGBLADET thematisiert die antisemitischen Proteste an US-Hochschulen: "An mehreren amerikanischen Universitäten ist die Lage so weit eskaliert, dass ein Mob Juden körperlich attackiert hat und Parolen zur Auslöschung Israels skandiert. Die Proteste haben längst den Rahmen der freien Meinungsäußerung gesprengt. Vielmehr werden andere durch Blockaden in ihrer Versammlungsfreiheit behindert. Längst haben diese Aktivisten auch die Sache und das Schicksal der Palästinenser hinter sich gelassen. Die Bevölkerung im Gazastreifen wird als Speer gegen Israel, den Westen generell und alles andere eingesetzt, was diesen Aktivisten nicht passt. Darüber hinaus werfen sie mit grotesken Anschuldigungen um sich wie der haltlosen Behauptung, der Krieg gegen die Hamas sei ein Völkermord. Wenn die Hamas nun bejubelt wird, zeigt das nur, wie wenig sich die Aktivisten um die Lebensbedingungen der Palästinenser scheren", beobachtet SVENSKA DAGBLADET aus Stockholm.
Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA erläutert: "Der Krieg im Gazastreifen richtet Kollateralschäden weitab von seinem eigentlichen geografischen Radius an. Dazu gehört eine Polarisierung der westlichen Gesellschaft. Das hat sich bei propalästinensischen und judenfeindlichen Kundgebungen in vielen Ländern gezeigt. Eine Bühne solcher Proteste sind inzwischen auch die Universitäten in den USA geworden. Gerade richten sich die Augen auf die Universität von Columbia, wo die Leitung entschieden hat, den Präsenzunterricht auszusetzen, nachdem Studentenorganisationen jüdische Kommilitonen mit antisemitischen Beschimpfungen überzogen hatten." Das war zum Ende der internationalen Presseschau LA VANGUARDIA aus Barcelona.