25. April 2024
Die internationale Presseschau

Unter anderem mit Kommentaren zu den Spionage-Vorwürfen gegen einen AfD-Mitarbeiter und zum wachsenden Druck auf die Internetplattform Tiktok in den USA. Zunächst geht es erneut um die militärische Unterstützung der Ukraine, nachdem US-Präsident Biden das neue Hilfspaket offiziell unterzeichnet hat.

Eine sich im Abschuss befindende Rakete vor blauem Himmel
Die Bedeutung der US-Ukraine-Hilfen für die Verteidigung gegen Russland ist weiter Thema in internationalen Zeitungen. (picture alliance / Photoshot / U.S. Army / Avalon)
"Europa muss nun die Führung übernehmen", fordert das WALL STREET JOURNAL aus New York und erläutert: "Die Sicherheit des Kontinents kann nicht länger von den USA abhängen. Die vom Kongress bewilligten 60 Milliarden Dollar werden nicht ausreichen, um einen ukrainischen Sieg zu ermöglichen. Wenn die Ukraine verliert, wird der Westen mit einem viel gefährlicheren Russland und einem höchst instabilen Sicherheitsumfeld konfrontiert sein. Mit der jüngsten Tranche aus Washington dürfte die Ukraine in diesem Jahr überleben. Aber auch wenn die Europäer viel geleistet haben: Jetzt müssen sie noch mehr tun, um die Ukraine militärisch zu unterstützen", meint das WALL STREET JOURNAL.
Die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER schreibt: "Es ist allerhöchste Zeit. Nun also kommen 60 Milliarden Dollar, und sie dürften Kiew und damit Europa für etwa ein Jahr Luft verschaffen. Aber was passiert nach den US-Wahlen im Herbst? Alles steht auf dem Spiel, wenn Biden die Wahlen verliert, und Europa ist auf ein solches Szenario noch immer nicht ausreichend vorbereitet. Wenn jedoch der Westen zusammenhält und die Ukraine unterstützt, spricht die Zeit nicht mehr für Putin. Das US-Hilfspaket könnte das letzte gewesen sein - und das muss ein Alarmsignal für Europa sein und nicht etwa eine Ausrede, sich wieder zurückzulehnen", mahnt DAGENS NYHETER aus Stockholm.
Die tschechische Zeitung HOSPODARSKE NOVINY aus Prag glaubt ebenfalls, dass die US-Hilfen nicht ausreichen: "Die weiteren Aussichten sind beunruhigend. Unter Experten herrscht die Meinung vor, dass die Ukraine für rund zwölf Monate mit den nötigsten Mitteln ausgerüstet sein wird. Das realistischste Szenario für die Ukraine lautet nun, sich einzugraben, die Front zu halten und sich eine politische Lösung auszudenken."
"Wie wollen wir uns künftig verteidigen?", fragt die LIETUVOS RYTAS aus Vilnius: "Dazu müssen auch wir hier in Litauen wichtige Entscheidungen treffen – und dazu gehört auch, weniger zu reden und mehr zu handeln. Litauen muss als verantwortungsbewusstes, starkes und sicheres Land auftreten, das seine Verteidigungsausgaben erhöht und der Ukraine hilft. Es scheint, als sei Europa endlich aufgewacht, denn die Rüstungsausgaben steigen und liegen teilweise bereits höher als während des kalten Kriegs. Außerdem müssen wir mehr in die Produktion von Rüstungsgütern investieren, denn das bringt nicht nur Geld, sondern auch neue Technologien und Qualifikationen. Ja, das alles können und müssen wir tun", empfiehlt LIETUVOS RYTAS aus Litauen.
Die Londoner TIMES greift nach dem Treffen von Bundeskanzler Scholz und dem britischen Premierminister Sunak in Berlin die Differenzen bei der Unterstützung Kiews auf: "Getragen von einem parteiübergreifenden Konsens hat Rishi Sunak die Militärhilfe für die Ukraine stets konsequent unterstützt. Die Haltung von Olaf Scholz war hingegen eher mehrdeutig. Der Bundeskanzler hat mit einer gewissen Skepsis in Deutschland gegenüber dem Unterstützung der Ukraine zu kämpfen. Diese grundlegende Spannung zwischen den britischen und deutschen Vorstellungen vom Ukraine-Krieg muss aufgelöst werden", verlangt die englische TIMES.
Die Spionage-Affäre rund um einen Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten für der Europawahl, Krah, wird auch im Ausland thematisiert. "Verbindungen zu Peking, Moskau, Nazi-Parolen. Die Probleme der AfD vervielfachen sich", titelt die polnische RZECZPOSPOLITA und führt aus: "Dabei sollte es eigentlich ein Jahr des Durchbruchs für die populistische und rechtsextreme AfD werden, die auf der politischen Bühne Deutschlands isoliert ist. Die Parteivorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla leiteten Anti-Krisen-Maßnahmen ein. Es scheint, dass die AfD-Spitze die 'China-Affäre' für ein ernsteres Problem hält als die Berichte über Verbindungen ihrer Spitzenkandidaten nach Moskau. Pro-russisch zu sein, scheint die AfD-Wählerschaft nicht zu stören. Spionageaktivitäten für China im Büro des Spitzenkandidaten für das Europaparlament haben nun eine ganz andere Dimension. Immerhin ist hier jetzt von einer Bedrohung der Sicherheit Deutschlands durch Teile der AfD die Rede", notiert die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Der italienische CORRIERE DELLA SERA aus Mailand bemerkt: "Der Skandal, der die Alternative für Deutschland heimgesucht hat, ist gigantisch. Die Partei ist in höchster Alarmstufe oder besser gesagt im Modus der Schadensbegrenzung. Bleibt die Frage: Wie sehr wird der Skandal der AfD schaden? Wahrscheinlich wird sie sich wie in der Vergangenheit verhalten, die Schuld abwälzen und zwischen Opferrolle und Verschwörung hin und her schwanken."
Gestern endete der dreitägige Besuch von Bundespräsident Steinmeier in der Türkei. Die Istanbuler Zeitung STAR nimmt die Reise als Anlass, die Kritik an der deutschen Unterstützung Israels zu erneuern: "Wegen der Vergangenheit, wegen des Holocausts, hat Deutschland das Gefühl, hinter Israel stehen zu müssen. Damit macht es sich aber mitschuldig. Deutschland hat Israel 30 Prozent der Waffen geliefert, mit denen tausende Kinder und Frauen getötet wurden. Was kann schlimmer sein? In einer solchen Situation kann weder die Döner-Diplomatie noch der Besuch des Bundespräsidenten im 'Museum der Unschuld' diese Schande verdecken. Denn die Schuld lebt in Gaza, nicht im Museum." Das war ein Kommentar der türkischen Zeitung STAR.
Die USA haben der Video-Plattform Tiktok des in China ansässigen Mutterkonzerns ByteDance ein Ultimatum gestellt. Tiktok soll innerhalb eines Jahres den Eigentümer wechseln, ansonsten droht ein Verbot. Die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO kritisiert: "Das amerikanische Gesetz, das Tiktok zum Verkauf zwingen will, ist beispiellos. Unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit geht die US-Regierung hart gegen ein Unternehmen vor, nur weil dessen Mutterkonzern chinesisch ist. Beweise für die Gefährdung der Sicherheit gibt es bisher nicht. All das ist den geopolitischen Spannungen geschuldet und dient der Eindämmung Chinas, dem besonderen Schutz amerikanischer Unternehmen und zusätzlich Bidens Wiederwahl. Dennoch bedeutet das Gesetz noch nicht das Ende des Konzerns. TikTok wird sich juristisch wehren. Schließlich schreiben die USA die Meinungsfreiheit groß", betont JIEFANG RIBAO aus Schanghai.
DER STANDARD aus Wien verteidigt das US-Ultimatum: "Bei aller Kritik an dem Gesetz muss man aber auch sagen, dass Tiktok wirklich alles in seiner Macht Stehende getan hat, um möglichst rasch verboten zu werden. Schon im Vorjahr machte CEO Shou Zi Chew mit einem Kurzvideo Stimmung gegen die Pläne des US-Kongresses. Schon damals wurde Chew versuchte Manipulation der US-Innenpolitik vorgeworfen. Die US-Höchstrichter werden nun abwägen müssen, ob die Gefährdung der nationalen Sicherheit die Einschränkung der Redefreiheit durch einen Tiktok-Bann rechtfertigt. Die Argumente dafür hat Tiktok selbst geliefert und ist ins offene Messer gesprungen - mit Salto und Pirouette", vermerkt DER STANDARD aus Österreich.
Zum Abschluss ein Kommentar aus Papua-Neuguinea. Dort hat eine Aussage von US-Präsident Biden über angebliche Kannibalen in abgelegenen Gebieten des Pazifik-Staats Irritationen ausgelöst. Nun wird eine Entschuldigung verlangt. Der POST COURIER aus der Hauptstadt Port Moresby richtet direkte Worte an Biden: "Was ist so schwer daran, um Verzeihung zu bitten? Ist das Wort 'Sorry' mit seinen fünf Buchstaben so schwer auszusprechen? Es würde die dicke Luft beseitigen. Wir würden vergeben. Wenn Ihre Aussage nur ein unabsichtlicher Fehler war, dann richten Sie sich auf und entschuldigen Sie sich. Das ist alles was wir von Ihnen wollen, Herr Biden. Wenn Sie sich aber nicht entschuldigen, sind die Chinesen mehr als bereit, ihre einflussreiche Rolle hier im Land zu übernehmen."