22. Juni 2024
Die internationale Presseschau

Kommentiert wird die China-Reise von Bundeswirtschaftsminister Habeck sowie die Auflösung des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders in der Slowakei. Zunächst geht es aber erneut um den Besuch von Russlands Staatschef Putin in Nordkorea.

Vietnam, Hanoi: Der russische Präsident Wladimir Putin (l) und der vietnamesische Präsident To Lam nehmen an einer Pressekonferenz im Präsidentenpalast teil.
Russlands Präsident Putin besuchte nach Nordkorea auch Vietnam. (Minh Hoang/Pool AP/AP/dpa)
Zum vereinbarten Abkommen beider Länder schreibt die dänische Zeitung JYLLANDS-POSTEN: "Wie nicht anders zu erwarten, wurde über die Inhalte wenig bekannt, aber Russland wird wohl noch mehr Munition für seinen Krieg in der Ukraine und unterbezahlte nordkoreanische Gastarbeiter für seine eigenen Waffenfabriken bekommen. Nordkorea hingegen braucht so ziemlich alles; von Lebensmitteln für seine hungernde Bevölkerung bis hin zu Raketentechnologie. Putins Besuch in Pjöngjang zeigt, wie isoliert Russland international ist. Vermutlich kann er nur durch eine Niederlage auf den Schlachtfeldern in der Ukraine wieder zur Vernunft gebracht werden", argumentiert JYLLANDS-POSTEN aus Århus.
"Der 71-jährige Putin hat in dem 40-jährigen Kim Jong Un einen neuen Freund entdeckt", beobachtet LA VANGUARDIA aus Barcelona. "Das ist eine schlechte Nachricht sowohl für die Ukraine als auch für Gegner Nordkoreas wie Japan und Südkorea. Kim kann seine Armee mit Hilfe russischer Technologie weiterentwickeln und damit sein Bedrohungspotenzial stärken. Die Regierungen helfen sich gegenseitig und bilden eine gemeinsame Front gegen den äußeren Feind. Diese neuen Partnerschaften erinnern an George W. Bush und seine 'Achse des Bösen', zu der er 2002 Nordkorea, den Iran und den Irak zählte", meint die spanische Zeitung LA VANGUARDIA.
"Putins erster Besuch in Pjöngjang seit 24 Jahren ist ein Alarmsignal", vermerkt die südkoreanische Zeitung KOREA HERALD: "Das Abkommen zwischen Russland und Nordkorea ist für Südkorea eine gefährliche Entwickung. Die südkoreanische Regierung muss jetzt die diplomatischen Bemühungen verstärken, um die gefährliche Zusammenarbeit von Pjöngjang und Moskau einzudämmen. Dazu muss sie - eng abgestimmt mit den USA und anderen Verbündeten - eine klare Botschaft aussenden, wo die roten Linien liegen. Die Provokationen des Nordens müssen unterbunden werden", fordert der KOREA HERALD aus Seoul.
Die Zeitung PAKISTAN TODAY aus Lahore analysiert: "Die Partnerschaft zwischen Russland und Nordkorea ist eine Reaktion auf die Veränderung der globalen Machtverhältnisse. Beide Nationen sind sich in ihrem Widerstand gegen die westliche Dominanz einig und streben eine multipolare Weltordnung an. Mit ihrem Abkommen stellen Putin und Kim die internationale Diplomatie vor neue Herausforderungen."
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA nimmt den Besuch von Putin in Vietnam in den Fokus: "Auf der Suche nach Verbündeten reiste der russische Präsident von Nordkorea weiter nach Hanoi, das diplomatisch zwischen Peking und Washington manövriert. Der vietnamesische Präsident To Lam erklärte, Russland und Vietnam wollten die Zusammenarbeit im Bereich Verteidigung und Sicherheit stärken. Unterdessen verheimlichen die Russen nicht, dass ihr größtes Interesse nicht in einer militärischen Zusammenarbeit, sondern in einer Handelskooperation besteht: dem Kauf von Waren, die westlichen Sanktionen unterliegen. Doch Russland erwartet hier Unmögliches. Wenn Vietnam sich zu einer Handels-Drehscheibe für Russland machen würde, wäre dies eine große Bedrohung für die vorsichtige Politik eines Landes, das keinem starken Bündnis angehört", betont die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT aus Amsterdam sieht es so: "Vietnam, das jahrhundertelang ein Spielball rivalisierender Großmächte war, will nicht von einer einzigen Supermacht abhängig werden. Dieser Hang zur Unabhängigkeit ändert jedoch nichts daran, dass Hanoi seinen alten russischen Freunden noch immer sehr dankbar ist für die Hilfe, die die Sowjetunion einst im Kampf gegen die französischen Kolonialherren und dann gegen die Amerikaner geleistet hat."
Die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO kommentiert den Besuch von Bundeswirtschaftsminister Habeck in Peking: "Der Minister und seine Delegation kommen ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo die Handelsbeziehungen zwischen China und der Europäischen Union zunehmend angespannter werden. Allein das Timing macht diesen Besuch deshalb ungewöhnlich. Deutschland ist als größte Volkwirtschaft Europas besonders von dem Handels-Konflikt betroffen. Berlin fährt auch deshalb einen pragmatischen Kurs. Es ist zu hoffen, dass Deutschland mit dieser Haltung auch andere europäische Länder umstimmt. Strafzölle gegen chinesische Produkte nach amerikanischem Vorbild sind unvernünftig. Wettbewerb und Kooperation sind zwei Seiten einer Medaille. Handelsprotektionismus hat keine Zukunft", führt die Zeitung HUANQIU SHIBAO aus Peking aus.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN äußert sich mit Blick auf die Folgen des Handelskonflikts zwischen der EU und China besorgt: "China verzerrt den Wettbewerb durch gigantische staatliche Zuschüsse für die heimische Industrie. Deshalb ist es einerseits nachvollziehbar, dass die EU-Kommission zusätzliche Strafzölle auf chinesische E-Autos verhängen will. Andererseits ist diese Maßnahme ein zweischneidiges Schwert, denn China wird Gegenmaßnahmen ergreifen. Zudem gehören sechzig Prozent der Elektroautos, die Europa aus China importiert, zu den europäischen oder US-amerikanischen Marken wie Tesla. Ein Handelskrieg könnte die Weltwirtschaft in ein Chaos versetzen", befürchtet die Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Themenwechsel: In der Slowakei hat das Parlament mit den Stimmen der Regierungs-Koalition beschlosen, die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt RTVS aufzulösen. Die slowakische Zeitung PRAVDA kommentiert: "Es ist grundsätzlich legitim, dass die politische Mehrheit Korrekturen einfordert, wenn ihr die Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien zu einseitig erscheint. Dies gilt umso mehr, wenn auch eine Mehrheit der Bürger mit dem Niveau unzufrieden ist und Veränderungen fordert. Allerdings wären dafür auch andere Mittel oder Gesetzesänderungen möglich gewesen. Dennoch hat sich die Regierung für diesen radikalen Schritt entschieden. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob es der Regierung wirklich um die Schaffung besserer öffentlich-rechtlicher Medien zum Wohle der gesamten Bevölkerung geht oder nur um engstirnige politische Interessen“, blickt die Zeitung PRAVDA aus Bratislava voraus.
Die BASLER ZEITUNG notiert: "In der Slowakei lässt sich wie schon in Polen zu Zeiten der rechtsnationalistischen PiS-Regierung gut beobachten, was passiert, wenn Parteien, denen unabhängige Justiz, Medienfreiheit, gesellschaftlicher Frieden lästig sind, an die Macht kommen. Sie halten ihre Wahlversprechen, indem sie ihre Drohungen wahr machen. Aufhalten lässt sich die Regierung innerhalb der Slowakei derzeit kaum. Wahlen stehen nicht an, und Proteste nutzt Ministerpräsident Fico, der am 15. Mai bei einem Attentat schwer verletzt wurde, um sich als Opfer darzustellen. Umso dringender sollte die EU-Kommission reagieren. Das neue Mediengesetz widerspricht EU-Recht. Das sollte einen Stopp von Subventionszahlungen zur Konsequenz haben – ein Argument, das Fico vielleicht versteht", ist die Meinung der BASLER ZEITUNG aus der Schweiz.
"Macht braucht Kontrolle. Der Satz gehört zum kleinen Einmaleins der Demokratiepolitik", erinnert DER STANDARD aus Wien. "Die aus Links- und Rechtspopulisten zusammengesetzte Regierung der Slowakei, die seit vergangenem Herbst im Amt ist, hat aber offenbar ihre eigene Interpretation: Hier ist es die Staatsmacht selbst, die Kontrolle 'braucht' – im Sinne von 'haben will'. Konkret: Kontrolle über das, was in den Medien über sie gesagt und geschrieben wird. Die Regierung hatte nach dem jüngsten Schussattentat auf Fico die Wahl: Soll sie den Dialog und damit die Stabilität in der Slowakei fördern – oder nur Stabilität für sich selbst? Sie hat sich für Letzteres entschieden", bedauert DER STANDARD aus Österreich.