23. September 2024
Die internationale Presseschau

Es geht um die Regierungsbildung in Frankreich und die Lage in Nahost. Aber auch das Ergebnis der Landtagswahl in Brandenburg findet im Ausland Beachtung, etwa in der italienischen Zeitung LA REPUBBLICA:

Dietmar Woidke, Ministerpräsident und Vorsitzender der SPD in Brandenburg steht nach Bekanntgabe der ersten Prognosen bei der SPD-Wahlparty auf der Bühne.
Die guten Ergebnisse der SPD bei der Landtwagswahl in Brandenburg werden auch in Zeitungen aus dem Ausland kommentiert. (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
"Es klingt paradox, ist es aber nicht. Die SPD hat die Wahl in Brandenburg trotz Olaf Scholz gewonnen. Ministerpräsident Woidke hat es auf den letzten Metern geschafft, die seit Monaten in allen Umfragen vorn liegende AfD doch noch zu überholen. Zwei Faktoren haben dazu beigetragen, die Wähler zu mobilisieren: Die Drohung, dass der sehr populäre Woidke bei einem zweiten Platz für die SPD das Handtuch werfen würde - aber vor allem seine Bitte an den Kanzler, sich von den Wahlkampf-Kundgebungen der brandenburgischen SPD fernzuhalten", ist LA REPUBBLICA aus Rom überzeugt.
DER STANDARD aus Österreich führt aus: "Auf Dietmar Woidkes Schultern lag in den vergangenen Wochen eine große Last. Er hätte diese Wahl in Brandenburg unbedingt gewinnen müssen, am besten natürlich haushoch und ganz eindeutig. Auch in der Union, bei den Grünen und der FDP hatten viele Woidke einen richtig schönen Sieg gewünscht. Woidke nämlich sollte der AfD Einhalt gebieten, ihr ein großes sozialdemokratisches Stopp-Schild entgegenhalten. Nach der dritten Wahl in Ostdeutschland innerhalb von drei Wochen ist klar: Sachsen und Thüringen waren keine Ausrutscher, auch in Brandenburg legte die AfD zu. Sie hat einfach einen Lauf", stellt DER STANDARD aus Wien fest.
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA ergänzt: "Für die Eliten ist das AfD-Ergebnis nach wie vor eine beunruhigende Warnung. Die Politik der Bundesregierung und der wichtigsten Oppositionspartei CDU in den Feldern Migration und Krieg in der Ukraine stieß bei den meisten Brandenburgern auf Missfallen. Im Wissen um die einwanderungsfeindliche Stimmung, die die AfD ausnutzt, führte die Bundesregierung Kontrollen an allen deutschen Grenzen ein, um ihre Entschlossenheit im Kampf gegen die illegale Einwanderung zu zeigen. In Brandenburg selbst kündigte der Chef des Landesinnenministeriums drei Tage vor der Wahl einen äußerst strengen Kurs gegenüber Migranten an", hält die RZECZPOSPOLITA aus Warschau fest.
Die britische FINANCIAL TIMES überlegt, was die Wahl für Bundeskanzler Scholz bedeuten könnte: "Das Ergebnis in Brandenburg wird den Druck auf Scholz verringern, der von Meinungsforschern als unbeliebtester Kanzler seit der deutschen Wiedervereinigung bezeichnet wird. Viele in der SPD haben intern nahegelegt, dass Scholz seine Ambitionen auf eine zweite Amtszeit aufgeben und die Chancen der Partei verbessern sollte, indem er Platz macht für einen populäreren Politiker wie Verteidigungsminister Boris Pistorius. Doch mit dem Sieg der SPD in Brandenburg könnten solche kritischen Stimmen zumindest vorübergehend verstummen", schätzt die FINANCIAL TIMES aus London.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz greift die Ergebnisse weiterer Parteien auf: "Die CDU, die in Brandenburg als Juniorpartner mitregierte, erlebte ein Debakel. Der Partei hängt noch immer Angela Merkels Migrationspolitik wie ein Mühlstein um den Hals. Die Grünen erlebten ein noch größeres Desaster und flogen aus dem Landtag. Vor allem wirkte sich der Abwärtstrend der auf Bundesebene immer unbeliebter werdenden Grünen auch in Brandenburg aus. Die im Bund mitregierende FDP wiederum verfehlte erneut den Einzug in den Brandenburger Landtag und darf in Ostdeutschland als politischer Faktor getrost abgeschrieben werden. Insgesamt also sendet das Brandenburger Wahlergebnis das klare Signal an die Bundespolitik aus: Wie es ist, darf es nicht bleiben", notiert die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
Nun nach Frankreich, wo Präsident Macron elf Wochen nach der vorgezogenen Parlamentswahl eine neue Regierung ernannt hat. Nach Ansicht der spanischen Zeitung EL PAIS ist die politische Krise damit aber noch nicht vorbei: "Macron und Premierminister Barnier setzen auf explizit konservative Kräfte. Aber genau das verstärkt das Gefühl bei den Bürgern, verraten worden zu sein. Das linke Lager ist schließlich bei den Wahlen die stärkste Kraft geworden. Von der politischen Erneuerung, die Macron 2017 bei seinem Einzug in den Elysée-Palast versprach, ist wenig bis nichts übrig geblieben. Vor allem aber ist die breite Front gegen rechts nun definitiv Geschichte", hält EL PAIS aus Madrid fest.
Die lettische Zeitung NEATKARIGA RITA AVIZE ist dagegen voll des Lobes für Macron: "Er hat über Monate hinweg verhindert, dass die eine oder andere Art populistischer Extremisten in Frankreich an die Macht kommt. Für die Partnerländer Frankreichs ist das eine gute Nachricht: Es wird im Elysée-Palast weiterhin einen Anführer geben, auf den wir zählen können, und der tatsächlich die gemeinsame Außenpolitik verfolgt, die unsere Länder untereinander vereinbart haben." Das war NEATKARIGA RITA AVIZE aus Riga, und soviel zu diesem Thema.
Wir blicken in den Nahen Osten. Die panarabische Zeitung AL QUDS geht auf die jüngsten Raketenangriffe der Hisbollah auf israelisches Territorium ein: "Damit hat die Hisbollah gezeigt, dass sie massiven Schaden anrichten kann. Sie macht zudem das Versprechen der Netanjahu-Regierung zunichte, dass die Bewohner der nördlichen Gebiete Israels in absehbarer Zeit in ihre Heimat zurückkehren könnten. Zudem sind weitere Angriffe aus Richtung des Roten Meers denkbar, wo die Huthi-Milizen einen großen Teil der weltweiten Schifffahrt nach Israel stoppen, ebenso aus dem Iran. All dies zeigt, dass es im Nahen Osten ohne eine politische Lösung zu umfassender Gewalt kommen könnte, die letztlich eine strategische Niederlage für Israel nach sich zieht", heißt es in AL QUDS, die in London erscheint.
Die norwegische Zeitung VERDENS GANG greift die Spekulationen über die Herkunft der im Libanon explodierten Pager auf: "Israel hat wahrscheinlich davon Wind bekommen, dass die Hisbollah-Miliz zur Anwendung von Pagern übergehen wollte. Also wurde eine langwierige Operation in Gang gesetzt, die dazu führte, dass die Hisbollah die Pager ausgerechnet von ihrem schlimmsten Feind kaufte. Augenscheinlich wollen die wenigsten - von anonymen israelischen Quellen abgesehen - zugeben, etwas mit der Sache zu tun gehabt zu haben. Das ist auch nicht allzu erstaunlich: Keine Firma, kein Geheimdienst und keine Behörde möchte mit einem grausamen Massenmord in Verbindung gebracht werden", stellt VERDENS GANG aus Oslo klar.
Zu einem weiteren Thema. Die Länder der Quad-Gruppe - USA, Indien, Japan und Australien – haben sich nach einem Treffen in Washington besorgt über die Lage im ost- und südchinesischen Meer geäußert. Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN erläutert: "In der Abschlusserklärung wurde die Zusammenarbeit in der marinen Sicherheit der vier Länder festgehalten, ebenso eine verstärkte Unterstützung für die pazifischen Inselstaaten. Bislang haben sich die QUAD-Staaten bei ihrer Zusammenarbeit auf die Themen Gesundheit und Wirtschaft konzentriert. Es ist begrüßenswert, dass sie nun auf Sicherheitspolitik ausgeweitet wird. In der indo-pazifischen Region gibt es zunehmend sogenannte 'mini-laterale' Kooperationen einiger weniger Staaten. Anders als in bilateralen und multilateralen Beziehungen können in diesem Rahmen leichter Einigungen erzielt werden. Die Kooperationen haben zudem eine stärkere Auswirkung auf die Stabilisierung der Region", konstatiert NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die chinesische Staatszeitung HUANQIU SHIBAO ist sich sicher: "Auch wenn die Gastgeber in Washington öffentlich beteuerten, dass der Gipfel an keinen Dritten gerichtet sei, so weiß doch jeder, dass es um China geht. Laut der gemeinsamen Abschlusserklärung scheint allerdings weder etwas Neues noch etwas Konkretes herumgekommen zu sein. Einerseits will das Weiße Haus offenbar den Block gegen Peking verstärken, andererseits will es das lieber nicht offen zugeben. Wir raten der amerikanischen Führung, auf diese Geheimnistuerei zu verzichten und wieder auf den Pfad der Kooperation zurückzukehren", betont HUANQIU SHIBAO aus Peking, und damit endet die Internationale Presseschau.