
DER STANDARD aus Österreich erwartet: "Es wird nicht nur im politischen Berlin ein Aufatmen zu hören sein – wenn denn alles klappt. Wenn also der deutsche Kanzler Olaf Scholz, wie von ihm vorgesehen, die Vertrauensfrage im Bundestag verliert. Dies nämlich bringt Deutschland einen entscheidenden Schritt weiter Richtung Neuwahlen am 23. Februar. Der Wahlkampf wird ein Duell zwischen Scholz und Merz werden, die beiden werden einander vermutlich nichts schenken. Übertreiben dürfen es Scholz und vor allem Merz auch nicht. Eine Totalblockade der Union, nur um Scholz auflaufen zu lassen, wäre verantwortungslos. Auch wenn Wahlkampf herrscht, sollten er und Scholz in wichtigen sachlichen Fragen aufeinander zugehen. Es könnte nicht nur zum Wohle des Volkes sein, auch zu ihrem eigenen", meint DER STANDARD aus Wien.
Eine Gastkommentatorin der japanischen Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN vermutet, dass vor allem der Ukraine-Krieg eine Rolle im Wahlkampf spielen wird: "Die rechtsextreme AfD und das populistische Bündnis Sahra Wagenknecht behaupten, der Ukraine-Krieg sei die Ursache für die gestiegenen Lebenshaltungskosten in Deutschland, unter denen die Menschen litten. Sollte sich eine berechtigte Hoffnung auf Frieden in der Ukraine ergeben, dürfte das Rückenwind für Scholz und eine Schwächung von AfD und BSW bedeuten. Für Unions-Kanzlerkandidat Merz, der die Ukraine-Politik der Scholz-Regierung stets kritisiert hat, wäre eine solche Entwicklung eher Gegenwind. Auch wird interessant zu beobachten sein, wie sich der Machtwechsel in den USA auf die Lage in der Ukraine und damit auch auf den deutschen Wahlkampf auswirken wird. Es könnte ein Wahlkampf werden, in dem sich die Prognosen durch die aktuelle Weltlage ständig ändern", hält NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio fest.
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA überlegt, was das Ende der Ampel-Koalition und vorgezogene Bundestagswahlen für Russland bedeuten: "Nach der aktuellen politischen Kräfteverteilung gibt es zwei wahrschenliche Optionen: entweder eine Koalition der Union mit der SPD oder mit den Grünen. Dabei ist das kategorische Veto von CSU-Chef Söder gegen das Bündnis seiner Partei mit den Grünen zu berücksichtigen. Allerdings hat Söder auch ein Bündnis mit der SPD bereits in Frage gestellt. Letztlich könnte auch auf Bundesebene das Bündnis Sahra Wagenknecht noch relevant werden. Für Russland wäre eine 'Brombeer‘-Koalition' – nach Thüringer Vorbild – von allen möglichen Koalitionen die günstigste. Jedes Regierungsbündnis mit Beteiligung der Grünen könnte dagegen die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Russland und Deutschland noch weiter verschärfen", heißt es in der NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
In Georgien ist der pro-russische Politiker Kawelaschwili von einem Wahlgremium zum neuen Präsidenten bestimmt worden. Die estnische Zeitung POSTIMEES analysiert die Optionen der EU-freundlichen Opposition: "In diesen Tagen endet die Amtszeit von Georgiens Staatspräsidentin Surabischwili, aber sie weigert sich, ihren Posten zu räumen. Zur Begründung verweist sie auf die Fälschung der Parlamentswahlen und darauf, dass sie aktuell die einzige demokratische und legitimierte Institution im Land ist. Die von dem Oligarchen Bidzina Iwanischwili dominierte Partei 'Georgischer Traum' hat sich davon nicht beeindrucken lassen und den ehemaligen Fußballer Kalewaschwili zum neuen Präsidenten gewählt. Surabischwili steht vor einer schwierigen Entscheidung. Verlässt sie freiwillig ihren Amtssitz, käme das einer Kapitulation der Opposition gleich. Weigert sie sich, könnte die Regierung Gewalt gegen sie einsetzen, was mit Sicherheit zu einer Eskalation der Lage führen würde. Der beste Weg für eine Entspannung der Lage wären Neuwahlen unter internationaler Beobachtung", stellt POSTIMEES aus Tallinn klar.
Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT ist überzeugt, Präsident Kawelaschwili sei nur eine Marionette des Oligarchen Iwanischwili. "In Wirklichkeit liegt in Georgien alle Macht in den Händen von Bidsina Iwanischwili, dem Gründer der Partei 'Georgischer Traum'. Obwohl der Milliardär kein öffentliches Amt bekleidet trifft er ausländische Politiker, nimmt an internationalen Gipfeltreffen teil und macht offizielle Besuche, bei denen er wie ein Präsident oder Premierminister auftritt. Der Oligarch kann zum Präsidenten, Premierminister oder Parlamentspräsidenten ernennen, wen er will, und zu gegebener Zeit wieder abberufen. Kawelaschwili wurde nicht vom Volk zum Präsidenten bestimmt, sondern vom georgischen Parlament, und dieses Parlament ist Iwanischwilis Parlament. Sollte sich Kawelaschwili als störrisch oder verräterisch erweisen, kann ihn Iwanischwili innerhalb weniger Tage seines Amtes entheben oder sogar ins Gefängnis werfen lassen", glaubt MÜSAVAT aus Baku.
Nun nach Südkorea, wo das Parlament für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Yoon gestimmt hat, wegen Vorwürfen des Verfassungsbruchs. Die taiwanesische Zeitung LIANHE BAO freut das: "Die Abstimmung im Parlament verlief reibungslos und die Bevölkerung bejubelt diese Entscheidung. Möglich wurde sie, weil neben der Opposition auch Abgeordnete aus Yoons eigenen Reihen für das Amtsenthebungsverfahren plädiert haben. Damit hatte Yoon wohl nicht gerechnet. Südkorea zeigt gerade, wie wichtig die Aufsichts- und Kontrollfunktion der oppositionellen Kräfte in einem demokratischen System ist. Wenn eine Regierung ihr Amt nicht im Interesse des Volkes ausübt, sondern nur machtpolitisch nutzt, muss sie abgewählt werden", betont LIANHE BAO aus Taipeh.
THE KOREA HERALD analysiert: "Yoons bizarre Ansichten über die Existenz 'staatsfeindlicher Kräfte' und der Einsatz des Militärs bei dem gescheiterten Staatsstreich weckten schreckliche Erinnerungen bei denjenigen, die die bis in die 1980er Jahre andauernden Militärdiktatur noch miterlebt haben. Yoons Argumentation war jedoch weit entfernt von der Realität Südkoreas, einer fortschrittlichen Demokratie in Asien mit einer lebendigen Kultur und wirtschaftlichem Gewicht - einer Nation, die nicht in die dunkle Vergangenheit der Militärherrschaft zurückkehren will. Aber die Übergangsregierung steht jetzt vor einer Reihe von Herausforderungen. Auch die koreanische Wirtschaft dürfte in den kommenden Monaten von den politischen Turbulenzen beeinflusst werden. Außerdem muss das Land das Vertrauen seiner wichtigsten Verbündeten wiederherstellen", schreibt THE KOREA HERALD aus Seoul.
Zum Schluss noch zwei Kommentare zur Lage in Syrien nach dem Sturz des Machthabers Assad. "Jetzt werden die Karten im Nahen Osten neu gemischt", konstatiert die chilenische Zeitung LA TERCERA: "Zwischen Regionalmächten wie Israel, der Türkei, dem Iran und Saudi-Arabien wird jetzt ein neues Gleichgewicht gefunden werden müssen, aber bis dahin ist der Weg mit Unsicherheit gepflastert. Die wichtigste Frage bleibt, welche Richtung die neuen Machthaber in Damaskus einschlagen werden. Rebellen-Anführer Dscholani versichert, er habe seine islamistische Vergangenheit hinter sich gelassen, und geht auf die Minderheiten des Landes zu. Seine Herausforderung besteht jetzt darin zu zeigen, dass seine Politik der offenen Arme nicht nur eine PR-Strategie ist, sondern auf echter Überzeugung beruht – und das muss er durch konkrete Schritte nachweisen", verlangt LA TERCERA aus Santiago de Chile.
Und der britische GUARDIAN findet, außenpolitische Prognosen und Sorgen sollten nicht den Jubel über den Sturz des Regimes ersticken: "Der Kompass für die Zukunft Syriens sollte die syrische Zivilbevölkerung sein. Sie ist sie es, die jetzt den Weg zeigen muss. Wir schulden den Syrern unser Vertrauen und unsere Unterstützung."