28. April 2025
Die internationale Presseschau

Die Zeitungen im Ausland blicken auf die Wahl in Kanada und ziehen Bilanz der ersten 100 Tage Amtszeit von US-Präsident Trump. Zunächst aber nach Rom, wo es am Rande der Trauerfeier für Papst Franziskus auch diplomatische Gespräche über den Ukraine-Krieg gegeben hat:

Das Foto zeigt den ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Er steht zusammen mit Frankreichs Staatspräsident Macron, dem britischen Premierminister Starmer und US-Präsident Trump.
Die diplomatischen Gespräche über den Ukraine-Krieg vor der Trauerfeier für Papst Franziskus sind eins der Kommentarthemen in den ausländischen Zeitungen. (AFP / HANDOUT)
Die lettische Zeitung NEATKARĪGĀ RĪTA AVĪZE meint: "Das Treffen zwischen Trump und Selenskyj im Petersdom hat eine neue Welle der Hoffnung ausgelöst, darauf, dass Trump den Krieg in der Ukraine endlich so begreift wie der Großteil der westlichen Welt: Russland ist der Aggressor, Putin ist ein Kriegsverbrecher, und die Ukraine ist das Opfer, das sich heldenhaft verteidigt. Diese Erkenntnis wäre grundlegend für eine Beendigung der Kampfhandlungen und einen echten Friedensprozess. Allerdings war es bislang jedes Mal so, dass Trump in Bezug auf den Umgang mit Putin kurz darauf wieder eine Kehrtwende vollzog", erinnert NEATKARĪGĀ RĪTA AVĪZE aus Riga.
Die polnische Zeitung DZIENNIK GAZETA PRAWNA ist überzeugt, die Ukrainer hätten eher keine gute Meinung vom verstorbenen Papst Franziskus: "Sie erinnern sich an seine Worte, sie sollten 'den Mut finden, die weiße Fahne zu hissen'. Zudem verstehen sie nicht, warum er die Ukraine nicht besucht hat und dies mit seiner Gesundheit begründete, obwohl er viel anstrengendere Reisen unternommen hat. Aber die Realität war differenzierter. Franziskus vermittelte im Austausch von Kriegsgefangenen, er setzte sich ein für Kinder, die von den Russen aus den besetzten Gebieten entführt worden waren. All dies kann allerdings den Schaden nicht aufwiegen, den Franziskus mit seiner Gleichsetzung von Aggressor und Opfer für die Wahrnehmung des Ukraine-Kriegs besonders in den katholischen Ländern des Globalen Südens angerichtet hat", unterstreicht DZIENNIK GAZETA PRAWNA aus Warschau.
Die ungarische Zeitung NEPSZAVA befasst sich mit dem jüngsten amerikanischen Vorschlag für einen Frieden: "Die Schwarzmeer-Halbinsel Krim soll künftig zu Russland gehören, das ist eines der Schlüsselelemente. Dabei ist die Krim seit mehr als 70 Jahren Teil der Ukraine. Zudem zwang Kiew den Kreml ohne eigene Kriegsmarine und mit selbst gefertigten Raketen und Drohnen dazu, seine Flottenbasis von dort abzuziehen. Damit wurde das westliche Schwarze Meer zu einem sichereren Gewässer. Putin will die Ukraine also ihres militärischen Haupterfolges berauben. Zugleich wird sich auch Europa nicht mehr sicher fühlen können, wenn der Aggressor die im Krieg abgetrennten Gebiete auch de jure und sogar mit Billigung der USA für sich behalten darf", betont NEPSZAVA aus Budapest.
Auch die russische Zeitung KOMMERSANT kommentiert die Gespräche über den Ukraine-Krieg: "Rund um den Verhandlungsprozess hat sich eine Art diplomatisches 'Viereck' aus Russland, den USA, Europa und der Ukraine herausgebildet. Die Ansätze und Ziele der verschiedenen Parteien sind kaum miteinander zu vereinbaren, und der Nervenkrieg könnte sich über Jahre hinziehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Russland und die Vereinigten Staaten letztlich dazu verdammt sind, erneut in eine Konfrontation zu geraten. Im Gegenteil: Da Washington die Haltung Kiews satt hat, könnte die Frage nach dem Schicksal der Ukraine völlig aus dem Blick geraten", mutmaßt der KOMMERSANT aus Moskau.
Seit 100 Tagen ist Donald Trump Präsident der USA. Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA zieht Bilanz "In diesen nur hundert Tagen haben sich die Vereinigten Staaten deutlich verändert. Trump hat gemeinsam mit seinem Verbündeten Elon Musk in vielen Bereichen der Gesellschaft Angst gesät: bei Einwanderern, an Universitäten und auch unter Klimaschutzaktivisten. Angesichts dieses Rückschritts in der amerikanischen Demokratie fragen sich viele, ob die neue Regierung ihren Kurs ohne Widerstand durchsetzen wird - oder ob es früher oder später zu einer Gegenbewegung kommt. Die große Frage ist, ob sich die amerikanische Gesellschaft mobilisieren lassen wird - etwa bei den Zwischenwahlen - oder ob sie sich nach und nach betäuben lässt", notiert LA VANGUARDIA aus Barcelona.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN vermerkt: "Trumps Deal-Diplomatie steckt in einer Sackgasse. Vor allem, was die Verhandlungen für eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg betrifft, geht sein Kalkül nicht auf. Dabei will der republikanische Präsident zu den Zwischenwahlen im Herbst 2026 unbedingt etwas erreichen, was er den Wählern als seine eigene außenpolitische Leistung verkaufen kann."
USA TODAY blickt auf die Wirtschaft nach 100 Tagen Trump-Regierung: "Die Stimmung bei Verbrauchern und Unternehmen ist gedrückt. Laut führenden Wirtschaftswissenschaftlern droht den USA eine Rezession. Millionen Amerikaner haben mit den anhaltend hohen Kosten für Benzin und Lebensmittel zu kämpfen, während sie unter einem wachsenden Berg von Kreditkartenrechnungen begraben werden. Unternehmer sehnen sich verzweifelt nach ein paar Wochen konsistenter Politik, Landwirte mussten mit ansehen, wie ihre Bundesverträge zur Finanzierung von Lebensmitteln versiegten, und gemeinnützige Organisationen im ganzen Land entlassen Mitarbeiter, weil das Weiße Haus die Ausgaben kürzt. Zudem hat Trumps Hin- und Her bei der Zollpolitik zu einer breiten Verunsicherung in der Wirtschaft geführt", schreibt USA TODAY aus Arlington.
Die türkische Zeitung CUMHURIYET vergleicht Trumps Regierung mit faschistischen Regimen: "Während linke und liberale Publikationen über Rassismus, sexuelle Freiheit und die Geschichte der USA aus den Bibliotheken entfernt werden, bleibt Hitlers 'Mein Kampf' in den Regalen. Universitäten, die sich diesem kulturellen Angriff widersetzen, werden mit finanziellen Sanktionen bestraft. Am deutlichsten zeigen sich die antidemokratischen Praktiken in der Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftspolitik. Das Trump-Regime scheint besessen von sogenannter ethnischer 'Reinheit', was ebenfalls an Säuberungskampagnen im Faschismus erinnert", bemerkt CUMHURIYET aus Istanbul.
AL-QUDS AL-ARABI mit Sitz in London bewertet Trumps Haltung gegenüber der arabischen Welt: "Trumps Politik insbesondere gegenüber den Palästinensern hat die wildesten Träume der extremen Rechten in der israelischen Regierung noch übertroffen. Nicht nur unterstützt Trump weiterhin Netanjahu und dessen Verbündete, er hat auch vorgeschlagen, den Gazastreifen unter US-Kontrolle zu bringen und die Bevölkerung in andere arabische Länder umzusiedeln. Und im Inland lässt Trump arabische Studenten verfolgen. Dennoch scheint er überzeugt zu sein, all dies werde ihm den Friedensnobelpreis einbringen" wundert sich die arabische Zeitung AL-QUDS AL-ARABI.
Die vorgezogenen Parlamentswahlen in Kanada sind Thema im australischen SYDNEY MORNING HERALD. Die Zeitung erwartet: "Die Kanadier werden sich weitgehend darauf stützen, wer ihrer Meinung nach am besten mit den Turbulenzen, Drohungen und Feindseligkeiten aus Washington umgehen kann. Der Trump-Effekt könnte Mark Carneys Liberaler Partei einen Sieg bescheren, der noch vor einigen Monaten fast undenkbar gewesen wäre. Der ehemalige Zentralbankchef wirkt wie geschaffen für diesen Moment: ein besonnener, finanzkundiger Banker, der Trumps Sprache beherrscht und ihm Paroli bieten kann", heißt es im SYDNEY MORNING HERALD.
"Die Wahl in Kanada zeigt, was auch Dänemark blühen könnte, wenn es das nächste Mal vor dem Hintergrund der von Donald Trump geschaffenen neuen chaotischen Weltordnung wählt", gibt die dänische Zeitung POLITIKEN zu bedenken: "Die Schicksalsgemeinschaft zwischen Dänemark und Kanada ist unverkennbar. Kanadische Wähler äußern immer wieder Verständnis für die dänische Situation, denn sie haben Trumps Drohungen in Bezug auf Grönland gehört. Paradoxerweise geht es jetzt nicht darum, ein möglichst guter Verbündeter und enger Partner der USA zu sein, sondern mit einem mühsamen Balanceakt zu versuchen, das Schlimme nicht noch schlimmer zu machen. Die Wahl in Kanada zeigt, dass Außenpolitik künftig eine größere Rolle bei nationalen Wahlen spielen und andere Themen überschatten wird.“ Das war zum Ende der Internationalen Presseschau POLITIKEN aus Kopenhagen.