08. Juli 2025
Die internationale Presseschau

Neben dem Gipfeltreffen der Staatengruppe BRICS in Brasilien geht es in den Kommentaren um die Handelspolitik von US-Präsident Trump. Doch zunächst zum USA-Besuch des israelischen Premierministers Netanjahu.

Zu sehen ist das Symbol des diesjährigen Gipfels: ein stilisierter Baum aus hellgrünen, -blauen, -gelben, -roten und -orangefarbenen, gewinkelten Streifen. Darunter steht BRICS und Brasil 2025 auf dunkelgrünem Grund.
Einige ausländische Zeitungen beschäftigen sich mit dem BRICS-Gipfel in Rio de Janeiro. (AFP / PABLO PORCIUNCULA)
Die türkische Zeitung SABAH aus Istanbul stellt fest: "Netanjahu ist in den sechs Monaten von Donald Trumps Amtszeit bereits zum dritten Mal im Weißen Haus. Trump, der mit dem Slogan 'America First' an die Macht kam, driftet wie andere amerikanische Präsidenten auch in Richtung 'Israel First'. Er muss sich treiben lassen. Bei diesem Tempo werden die Bemühungen Trumps, die USA aus der Misere zu ziehen, in der sie stecken, vergeblich sein. Tatsächlich drängt er immer noch auf einen Waffenstillstand in Gaza. Zumindest will der Präsident eine Lösung für den Gazastreifen in Form einer internationalen Übergangsverwaltung erreichen", vermutet SABAH.
Die chinesische Tageszeitung JIEFANG RIBAO hebt hervor, es werde darüber spekuliert, ob es sich bei Netanjahus Visite um "eine Reise des Dankes für die militärische Unterstützung gegen Teheran oder um einen Bittgang mit der Absicht handelt, der US-Präsident möge dem israelischen Regierungschef bei dessen hartem Vorgehen gegen die Mullahs und die Hamas weiter beistehen. Trotz aller atmosphärischen Störungen hinter den Kulissen, über die gemunkelt wird, stehen die Beziehungen zwischen beiden Ländern weiterhin auf einem festen Fundament", glaubt JIEFANG RIBAO aus Schanghai.
Die palästinensische Zeitung AL AYYAM spricht von einem Treffen zweier Männer, die einander als "verlässliche Verbündete betrachten, sich in strategischen Entscheidungen einig sind, aber in ihren Prioritäten unterscheiden. Dabei verfolgt Netanjahu vor allem ein Anliegen: nämlich erneut Krieg gegen den Iran zu führen, und anders als beim vergangenen Angriff nun mit voller amerikanischer Partnerschaft. Trump könnte sich dazu bereit erklären, allerdings nicht, bevor die Gaza-Frage gelöst ist. Zwar betont der US-Präsident, er wolle Sicherheit für die Menschen in Gaza. Doch diese Aussage steht im Widerspruch zu den tatsächlichen Gegebenheiten: Denn seine Regierung hat der israelischen Armee einen Blankoscheck ausgestellt, um den belagerten Gazastreifen ohne Einwände zu attackieren und auszuhungern", schreibt AL AYYAM aus Ramallah.
Themenwechsel. Die US-amerikanische Zeitung THE WALL STREET JOURNAL bemerkt zur Handelspolitik des US-Präsidenten: "Trump weiß genau, wie man die Stimmung in der Wirtschaft verdirbt. Drei Tage, nachdem er das große Haushaltsgesetz der Republikaner unterzeichnet hatte, das die Wirtschaft vor einer geplanten Steuererhöhung in Höhe von 4,5 Billionen Dollar bewahrte, spielte Trump wieder die Rolle des Zollbeamten. Eine Illusion, die gerade zerplatzt, ist die, dass Trump Zölle im Namen des Freihandels einführt. Er erhebt Zölle, weil er sie als Wirtschaftspolitik mag", ist sich THE WALL STREET JOURNAL sicher.
Die australische Zeitung SYDNEY MORNING HERALD findet, Donald Trump sei wie ein "Auktionator mit schlecht sitzendem Anzug und greller Krawatte, der versucht, eine Immobilie zu verkaufen, die niemand kaufen möchte. Wenn die Auktion zu scheitern droht, verhandelt er privat mit denjenigen, die nur geringes Interesse gezeigt haben, und setzt eine Frist, um Druck auszuüben und seinen Mindestpreis zu erzielen. Das ist der Stand der Dinge bei Trumps Versuch, Zölle zu verhängen", bilanziert der SYDNEY MORNING HERALD.
Mit Blick auf die andauernden Verhandlungen zwischen der EU und den USA gibt die irische Zeitung IRISH INDEPENDENT zu bedenken: "Handelsgespräche erfordern sehr viel Zeit, Geschick und Geduld. Jedes angebotene Zugeständnis muss eine Gegenleistung nach sich ziehen. Die Verhandlungsteams der EU verfügen über ein hohes Maß an Kompetenz und Erfahrung, wie sie beim Brexit bewiesen haben. Aber auch ihren US-amerikanischen Kollegen mangelt es nicht an Können und Geschick. Der eigentliche Knackpunkt ist jedoch, dass alle Vereinbarungen noch immer an Herrn Trump vorbei müssen", notiert der IRISH INDEPENDENT aus Dublin.
Die spanische Zeitung EL PERIÓDICO DE CATALUNYA aus Barcelona ist skeptisch, ob die EU in den Handelsgesprächen noch etwas erreichen kann: "Europa hat wieder einmal Angst. Es ist an die schützende Hand des großen Bruders gewöhnt und der Abgrund, an den uns Trump geführt hat, ist schwindelerregend. Einige EU-Länder würden gerne glauben, dass es sich nur um eine vorübergehende Episode handelt. Aber der Zollkrieg, der noch lange nicht vorbei ist, hat schon jetzt die Produktions- und Lieferketten auseinandergerissen."
Nun noch Stimmen zum Gipfeltreffen der BRICS-Staaten, einer Gruppe wichtiger Schwellen- und Entwicklungsländer. Die russische Zeitung KOMMERSANT führt aus: "Es handelt sich um den führenden Zusammenschluss nicht-westlicher Länder, der nun zum ersten Mal nach der Rückkehr von US-Präsident Donald Trump an die Macht zusammentrat. Trumps am ersten Gipfeltag geäußerte Drohung, die Handelszölle gegen Länder mit einer 'anti-amerikanischen BRICS-Politik' zu verschärfen, stellte die nicht-westliche Welt vor eine schwierige Entscheidung: die Herausforderung anzunehmen oder einer Konfrontation mit der führenden Volkswirtschaft der Welt aus dem Weg zu gehen. Zum Ende des Forums in Rio beschränkten sich die Teilnehmer auf die Kritik an einseitigen Beschränkungen des Welthandels, ohne die USA in ihrer Erklärung zu erwähnen. Trotz des wachsenden Drucks aus Washington wollen die führenden BRICS-Staaten einen Handelskrieg mit den USA vermeiden und versuchen zu zeigen, dass ihre BRICS-Mitgliedschaft nicht bedeutet, dass sie eine anti-amerikanische Politik verfolgen", resümiert der KOMMERSANT aus Moskau.
Die österreichische Zeitung DER STANDARD glaubt: "Die BRICS-Staaten sind US-Präsident Donald Trump ein Dorn im Auge. Daran lässt die zusätzliche Zollandrohung für jene Staaten, die antiamerikanische Positionen des Staatenbunds unterstützen, keinen Zweifel. Wie genau der nach den Gründungsländern Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika benannte Zusammenschluss die Interessen der USA bedroht, lässt Trump offen. Durch die Erweiterung um Mitglieder wie Iran, Saudi-Arabien oder Ägypten sind die BRICS-Staaten heterogener geworden, aber das Missfallen an der weltweiten Dominanz des US-Dollar eint sie. Ihr Ansinnen, einen Gegenpol aufzubauen, ist nicht neu. Zu den wirtschaftlichen Motiven kommen auch geopolitische wie im Fall der sanktionierten Mitglieder Russland und Iran. Schon vor Trump reagierten die USA stets allergisch auf Versuche, an der Dollardominanz zu rütteln. Gelungen ist es ohnedies nicht: Weder die Eurozone ist eine ernste Konkurrenz noch das sehr zarte Pflänzchen einer künftigen BRICS-Währung. Gedanken sollte sich Trump machen, warum der Dollar seit Jahresbeginn ein Zehntel seines Wertes verloren hat", empfiehlt DER STANDARD aus Wien.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN beobachtet: "Neben Russlands Präsident Putin, der seinen Außenminister Lawrow nach Rio de Janeiro schickte, hat auch Chinas Staatschef Xi Jinping zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt 2013 auf eine Teilnahme am BRICS-Gipfel verzichtet - womöglich wegen der innenpolitischen Lage. Das war eine gute Gelegenheit für den diesjährigen Gastgeber, Brasiliens Präsident Lula, und den nächsten Gastgeber, Indiens Premier Modi, ihren Einfluss zu erweitern. Auch nach dem Beginn des Invasionskriegs gegen die Ukraine haben Russland und China immer stärker versucht, BRICS als 'Anti-Westen-Allianz' für sich auszunutzen. Aber Brasilien und Indien, die selbsternannten Anführer des Globalen Südens, positionieren sich anderes. Lula betonte, BRICS wolle niemanden bedrohen. Modi versprach, er werde als nächster Gastgeber BRICS neu definieren. Die beiden wollen so einen Kurswechsel erreichen. Eines ihrer Ziele ist, mehr Zustimmung aus den Staaten des Globalen Süden zu gewinnen", kommentiert NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.