01. Oktober 2025
Die internationale Presseschau

Weiterhin im Mittelpunkt der Kommentare steht die Initiative von US-Präsident Trump für ein mögliches Ende des Gazakriegs. Daneben geht es um die Haushaltssperre in den USA, den sogenannten Shutdown.

Mehrere Kämpfer der Hamas halten Waffen in die Höhe, ihre Gesichter sind vermummt.
Die Zeitungen gehen u.a. der Frage nach, wie die militant-islamistische Hamas auf den 20-Punkte-Plan von US-Präsident Trump reagieren wird (Archivbild). (picture alliance / Zumapress.com / Yousef Masoud)
Mit Blick auf Trumps 20-Punkte-Plan findet die italienische Zeitung LA REPUBBLICA aus Rom: "Die entscheidende Frage bleibt unbeantwortet: Wird dieses Dokument wirklich zu einem Waffenstillstand und dem Austausch palästinensischer Gefangener gegen israelische Geiseln führen? Zwei Haupthindernisse stehen diesem Ziel im Weg: Zunächst einmal die Hamas. Wer hat das Recht, für die Organisation zu sprechen, die das Massaker vom 7. Oktober verübt hat? Es bräuchte einen allgemein anerkannten Anführer. Er ist nicht da, oder wenn doch, dann lässt er sich nicht blicken. Andererseits ist der politische Kampf im jüdischen Staat bereits im Gange und könnte entscheidend sein. Die Macht ist stärker denn je gespalten, angefangen beim Geheimdienst und der Armee. Indes kritisieren Smotrich und Ben-Gvir, Minister der extremen Rechten, Trumps Plan scharf. Der Krieg geht vorerst weiter. Zwischen Worten und Taten – zumindest bis zur Umsetzung des Plans – liegt ein großer Unterschied", gibt LA REPUBBLICA zu bedenken.
Der Schweizer TAGES-ANZEIGER kritisiert: "Jedes eindeutige Bekenntnis zu einem Palästinenserstaat fehlt, was inakzeptabel ist. Und die Hamas ist bisher nicht eingebunden. Die Militanten sollen kapitulieren und abrüsten, ohne endgültig geschlagen und besiegt zu sein. Warum sollten die Islamisten das ohne Gegenleistung für sich tun? Aber falls sie ihre Waffen nicht niederlegen, darf der israelische Ministerpräsident Netanyahu eben doch 'den Job selbst erledigen', wie er bereits androhte. Auch sonst hakt der Trump-Entwurf. Da ist das Konstrukt einer palästinensischen Technokratenverwaltung, die unter der Aufsicht eines internationalen 'Friedensgremiums' arbeiten soll. Die Palästinenser werden dies als Rückfall in Kolonialgebaren verstehen. Und dass in diesem Gremium Tony Blair sitzen soll, ist absurd. Der britische Ex-Premier mag ein internationaler Strippenzieher sein. Aber seit seiner Unterstützung des Irak-Kriegs 2003 ist er in der arabischen Welt diskreditiert", argumentiert der TAGES-ANZEIGER aus Zürich.
Die israelische Zeitung THE JERUSALEM POST gibt zu bedenken, es handele sich um ein "Angebot, das man annehmen oder ablehnen kann. Der von Trump vorgestellte und von Jerusalem begrüßte Plan könnte tatsächlich einen neuen Anfang für den Nahen Osten bedeuten – einen Anfang, der Frieden, Wohlstand und Sicherheit für alle Völker der Region bringt. Es hängt davon ab, ob alle beteiligten Parteien bereit sind, maximalen Druck auf die Hamas auszuüben, damit sie zurücktritt und diese Vision Gestalt annehmen kann." Das war THE JERUSALEM POST.
Die palästinensiche Zeitung AL AYYAM sieht die Hamas in einer Zwickmühle, denn der Plan wurde "von arabischen und regionalen Akteuren akzeptiert, selbst von jenen, die der Hamas nahestehen wie etwa Katar und die Türkei. Nähme die Hamas das Abkommen nun an, würde sie damit ihre Niederlage eingestehen. Lehnt die Miliz den Plan dagegen ab, gäbe sie Netanjahu jegliche Rechtfertigung, den Krieg mit Hilfe amerikanischer und nicht-amerikanischer Unterstützung fortzusetzen. Dies würde die Macht der Hamas letztlich vollständig vernichten", vermutet AL AYYAM aus Ramallah.
Der Fokus liege nun auf der noch ausstehenden Entscheidung der militant-islamistischen Hamas, schreibt die japanische Zeitung MAINICHI SHIMBUN aus Tokio: "Einerseits ist die Entwaffnung der Hamas eine Bedingung, die ihre Existenz als Organisation gefährden könnte. Andererseits hat dieser Plan einen Charakter wie ein Ultimatum. Im Fall einer Absage wird die Hamas einen hohen Preis zahlen müssen."
Die britische Zeitung THE TIMES aus London geht der Frage nach, wer bei der Hamas eigentlich das Sagen hat: "Ist es die politische Führung, die komfortabel am Golf lebt, oder sind es die Hardliner, die im Labyrinth der Tunnel unter dem Gazastreifen die Geiseln kontrollieren? Werden sich die Fanatiker, die fast zwei Jahre lang durchgehalten haben, einfach ergeben, um die eigene Haut zu retten? Die bisherigen Erfahrungen sprechen eher nicht dafür."
Die französische Zeitung LA CROIX macht den Erfolg des Konzepts abhängig von einer "Tugend, die der Trump-Regierung schmerzlich fehlt: Ausdauer. Der Wiederaufbau und die Stabilisierung des Gazastreifens werden ein langwieriges Unterfangen sein. Dazu ist ein Prozess unter Einbeziehung der Länder der Region, der Europäer und der UNO erforderlich. In den letzten zwanzig Jahren ist es den Vereinigten Staaten nicht gelungen, den Irak und dann Afghanistan neu zu gestalten. Es braucht ein Wunder, damit ihr Vorhaben diesmal gelingt", vermerkt LA CROIX aus Montrouge nahe Paris.
Die SALZBURGER NACHRICHTEN aus Österreich stellen fest: "Die vergangenen zwei Jahre haben die Menschen auf beiden Seiten radikalisiert, erneut wächst da wie dort eine traumatisierte Generation heran, die von der jeweils anderen Seite nur Hass kennt und jene politischen Kräfte auf den Schild hebt, die ihn am Lodern halten. Sollte der Friedensplan umgesetzt werden, so ist es ein Plan – Frieden ist da noch keiner. Wie auch? Es bräuchte eine Phase der Abkühlung und der Vertrauensbildung", verlangen die SALZBURGER NACHRICHTEN.
Die spanische Zeitung EL PERIÓDICO vertritt folgende Ansicht: "Gewiss handelt es sich nicht um den besten Plan, der hätte entworfen werden können und müssen, um den Krieg zu beenden und alle Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Aber es ist der einzige, der bewirken könnte, dass keine Menschen im Gazastreifen mehr sterben. Mehr noch: Sollten die Dinge gut verlaufen, könnte sich vielleicht sogar der Weg zu einer Zweistaatenlösung öffnen", schätzt EL PERIÓDICO aus Madrid.
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA aus Warschau ist überzeugt: "Es gibt keinen anderen Weg als ein zukünftiges Zweistaatensystem – die friedliche Koexistenz zweier souveräner staatlicher Einheiten. Sicherlich nicht heute, vielleicht nicht in diesem oder im nächsten Jahrzehnt. Vielleicht lange nachdem Netanjahu und sein kriegstreiberisches Team weg sind. Das palästinensische Volk sehnt sich nach Freiheit. Es wird nicht ruhen, bis es sie erreicht hat", notiert die RZECZPOSPOLITA.
Themenwechsel. In den USA gilt eine Haushaltssperre. Im Senat in Washington scheiterte ein Versuch, den sogenannten Shutdown noch abzuwenden. Die in Hongkong erscheinende chinesische Zeitung TAKUNGPAO erläutert: "In der Haushaltskrise schieben sich in Washington die beiden großen Parteien gegenseitig die Schuld zu. Insbesondere im Gesundheitsbereich sind die Demokraten nicht bereit, Zugeständnisse zu machen. Der Republikaner Trump will diese Gelegenheit wiederum dazu nutzen, Entlassungen im öffentlichen Dienst durchzusetzen. Anders als noch bei früheren Haushaltskrisen wird die US-Wirtschaft diesmal sehr wahrscheinlich schwere Schäden erleiden. Wenn Fluglotsen wegen der Haushaltssperre unbezahlten Urlaub nehmen müssen, wird dies massive Flugausfälle und Verspätungen an den Flughäfen des Landes zur Folge haben. Anstatt ernsthafte Verhandlungen zu führen, hat der US-Präsident ein KI-generiertes Video verbreitet, in dem führende Demokraten verspottet werden", hält TAKUNGPAO fest.
Die US-amerikanische Zeitung THE WASHINGTON POST ist skeptisch: "Die Chancen stehen schlecht, dass sich die beiden Parteien auf einen Kompromiss einigen, den demokratische Aktivisten als entscheidenden Sieg ansehen würden. Dennoch will die Basis der Partei, dass sie trotzdem kämpfen - selbst wenn dies bedeutet, die Regierung als Geisel zu nehmen. Das soll nicht heißen, dass allein die Demokraten für diesen 'Shutdown' verantwortlich sind. Die republikanischen Führer wussten, dass sie die Zustimmung der Demokraten brauchen würden, um die Regierung am Laufen zu halten. Sie zeigten jedoch wenig Interesse an ernsthaften Gesprächen", resümiert THE WASHINGTON POST.