
Die polnische Zeitung GAZETA WYBORCZA aus Warschau vermutet, Babiš werde wahrscheinlich versuchen, mit der "rechtsextremen Partei für Freiheit und direkte Demokratie zusammenzuarbeiten. Letztere fordert den Austritt Tschechiens aus der Europäischen Union und der NATO. Deutet dies auf eine Abkehr von der bisherigen prowestlichen Politik Tschechiens hin? Das ist eher unwahrscheinlich. Babiš ist, wie die meisten Tschechen, ein Pragmatiker. Und noch dazu ein Geschäftsmann. Er dürfte eher das Ziel verfolgen, seine Position und die seiner Partei in der Innenpolitik zu stärken. Er wird es nicht wagen, sich mit der Europäischen Union, dem Garanten der Demokratie, anzulegen. Diese Grenze wird Babiš nicht überschreiten", prophezeit die GAZETA WYBORCZA.
Die KLEINE ZEITUNG aus Österreich hebt hervor, die Partei ANO wolle "den Green Deal, ebenfalls ein Herzstück der EU-Politik, zu Fall bringen. Noch am Wahlabend versprach Babiš, dass das neue Kabinett gleich in dessen erster Sitzung den mühsam erstrittenen EU-Migrationspakt offiziell ablehnen werde. Für die EU, die ja vor allem als Kompromissmaschine funktioniert, bedeutet das, dass es immer schwieriger werden wird, Gemeinsamkeiten zu finden. Hatte es das Tandem Viktor Orbán und Robert Fico den anderen Staats- und Regierungschefs schon schwer gemacht, wird sich ein fallweise durch Babiš verstärktes Trio nicht so leicht umgehen lassen", erwartet die KLEINE ZEITUNG aus Graz.
Die ungarische Zeitung NEPSZAVA aus Budapest ist sich sicher: "Seinen Wahlsieg hat Babiš dem Umstand zu verdanken, dass er Dinge versprach, für die es im Staatshaushalt kein Geld gibt: Erhöhung der Renten, Anhebung der Lehrergehälter auf 175 Prozent des Durchschnittslohns, Senkung der Strompreise und so weiter. Staatspräsident Petr Pavel stellte klar, dass sich der Milliardär Babiš von seinem Unternehmen, der Agrofert-Holding, trennen muss, wenn er Ministerpräsident werden will - es ist nicht ausgeschlossen, dass ihm das Staatsoberhaupt den Regierungsauftrag verwehrt. Früher oder später werden die Tschechen einsehen müssen, dass man sie mit falschen Versprechungen übers Ohr gehauen hat", glaubt NEPSZAVA.
Die tschechische Zeitung HOSPODÁŘSKÉ NOVINY aus Prag sieht das größte Risiko darin, dass sich Babiš künftig "blind an Ungarn und der Slowakei orientiert. Und nur auf alles und jeden schimpft. Das wäre ein sicherer Weg in die dauerhafte Isolation. Tschechien würde dann mit Sicherheit nicht wie ein seriöser Partner wirken. In der NATO und der EU würde Tschechien dann zwar die Rolle eines Mitglieds einnehmen, das keineswegs austreten will, aber alle anderen dafür kritisiert, was sie falsch machen. Und zu Hause dann diese Institutionen, vor allem die EU, als schlecht funktionierend verunglimpft. Dabei ist Tschechien wirtschaftlich und sicherheitspolitisch vollständig von der EU-Mitgliedschaft abhängig", betont HOSPODÁŘSKÉ NOVINY.
In einem Gastkommentar beleuchtet die taiwanesische Zeitung LIANHE BAO die Gründe für das Wahlergebnis in Tschechien: "Der ehemalige Ministerpräsident Babiš konnte im Wahlkampf die Unzufriedenheit der Wähler für sich nutzen und schaffte das Comeback. Eine rechtspopulistische Wirtschaftspolitik plus Nationalismus waren aber nicht nur das Erfolgskonzept von Babiš und seiner Partei. Das Wahlergebnis in Tschechien zeigt erneut die Tendenz zu einer sich ändernden politischen Stimmung. Das Lager der rechten Parteien in Europa mit der AfD in Deutschland, dem Rassemblement National in Frankreich, der Fratteli d’Italia in Italien und Viktor Orban in Ungarn bekommt mit dem Sieg der tschechischen ANO Verstärkung", heißt es in der LIANHE BAO aus Taipeh.
Themenwechsel. Die italienische Zeitung CORRIERE DELLA SERA geht auf die Gespräche in Ägypten über den Gaza-Plan von US-Präsident Trump ein: "Vielleicht kommen schon heute erste Signale aus Scharm el Scheich, wo die indirekten Verhandlungen zwischen den Parteien unter Vermittlung Ägyptens, Katars und unter Aufsicht einer US-Delegation wieder aufgenommen werden. In diplomatischen Kreisen herrscht jedoch die Meinung, dass die Verhandlungen komplizierter sein werden, als Trump es sich offenbar vorstellt. Sowohl die Hamas als auch Israel haben dem Grundschema grundsätzlich zugestimmt. Doch es gibt zentrale Punkte, die noch geklärt werden müssen. Die Frage ist also, ob Trump tatsächlich in der Lage ist, die Verhandlungen zu einem Abschluss zu bringen - beginnend mit dem dringendsten Schritt: der Freilassung der israelischen Geiseln, die sich noch in der Gewalt der Hamas befinden. Derzeit unterstützen praktisch alle europäischen Staats- und Regierungschefs - mehr oder weniger enthusiastisch - den Versuch Trumps, für Frieden im Nahen Osten zu sorgen", konstatiert CORRIERE DELLA SERA aus Mailand.
Die dänische Zeitung POLITIKEN aus Kopenhagen begrüßt die Entwicklungen im Nahostkonflikt: "Dass die Hamas und Israel nach zwei Jahren unerbittlichen Krieges endlich bereit zu sein scheinen, Geiseln und Gefangene auszutauschen und eine Pause einzulegen, ist nur einleuchtend. Aber eine Waffenruhe allein reicht nicht aus. Palästinenser und Israelis brauchen Frieden. Trotzdem hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Donald Trumps Friedensplan bereits einen Stock in die Speichen geworfen, indem er sich weigert, mehrere Forderungen des Plans zu erfüllen. Die Hamas macht dasselbe von der Gegenseite. Trump und starke Staaten des Nahen Ostens wie Katar, die Emirate, Ägypten und Saudi-Arabien müssen daher standhaft bleiben", mahnt POLITIKEN.
Die panarabische Zeitung AL QUDS mit Sitz in London rechnet mit zähen Verhandlungsrunden: "Die Regierung Netanjahu dürfte versuchen, die Klauseln des Plans wie auch dessen Umsetzung zu manipulieren. Die arabisch-islamischen Länder hingegen haben amerikanische Garantien und Zusagen im Blick - so etwa die, die Verwaltung des Gazastreifens den Palästinensern anzuvertrauen und ihnen auch wieder die Verantwortung für die Kontrolle der Grenzübergänge nach Gaza zu übergeben."
Die israelische Zeitung HAARETZ aus Tel Aviv beobachtet: "Die Frage, die derzeit im Mittelpunkt der Diskussion in den arabischen Medien steht, lautet: Was bleibt den Palästinensern, wenn die Hamas die Geiseln freilässt und Israel seine Massenmorde und ethnischen Säuberungen fortsetzt? Sie behaupten, dass sie ohne die Geiseln keine Verhandlungskarten mehr haben. Dieses Argument lässt sich nicht von der Hand weisen."
Die französische Zeitung LIBÉRATION aus Paris analysiert: "Das Engagement Washingtons, das zweifellos durch die französische Initiative zur Anerkennung eines palästinensischen Staates vor der UNO beflügelt wurde, erklärt zum großen Teil, warum die Diplomatie endlich Vorrang vor den Waffen hat. Aber nicht nur das. In Israel stand Benjamin Netanjahu zunehmend unter dem Druck der öffentlichen Meinung. In Gaza ging die Hamas, die zu geschwächt war, um ihre tödliche Strategie fortzusetzen, ebenfalls das Risiko ein, dass sich die Bevölkerung gegen sie wenden könnte. Die hungernden Menschen haben genug vom Krieg und vom Kampf ums Überleben." Das war LIBÉRATION.
Der TAGES-ANZEIGER aus der Schweiz gibt zu bedenken: "Immer wieder endeten Verhandlungen zwischen Israel und Hamas über eine Waffenruhe und einen Geiseldeal in einer Sackgasse. Die Gefahr besteht, dass sie auch dieses Mal scheitern. Auf der anderen Seite gibt es jetzt einen Unterschied: Trump, der wie kein anderer Politiker Einfluss auf die israelische Politik ausübt, hat seinem Friedensplan ein großes Gewicht gegeben. Er hat schon fast die Lösung des Nahostkonflikts verkündet und möchte beiden Seiten Zugeständnisse abringen. Ihn nachhaltig zu enttäuschen, kann sich Netanyahu nicht leisten", kommentiert der TAGES-ANZEIGER aus Zürich, mit dem die internationale Presseschau endet.