07. Oktober 2025
Die internationale Presseschau

Heute mit Stimmen zum Nahost-Konflikt anlässlich des zweiten Jahrestags des Überfalls der militant-islamistischen Hamas auf Israel. Weiteres Thema ist der Rücktritt von Frankreichs Premierminister Lecornu.

Sébastien Lecornu hält eine Rede
Ein Thema in den Zeitungskommentaren: In Frankreich hat Sébastien Lecornu seinen Rücktritt als Premierminister erklärt. (IMAGO / Eliot Blondet)
Dazu bemerkt die norwegische Zeitung DAGBLADET aus Oslo: "Lecornu, der siebte Premierminister des Landes seit 2017, hat nach nur vier Wochen im Amt aufgegeben. Gleichzeitig gehen die Streiks und Demonstrationen weiter. Manchmal ist es schwer, den Überblick zu behalten, worüber das Volk in Frankreich eigentlich böse ist. Das hängt natürlich auch mit der politischen Instabilität zusammen, die sowohl Frankreich als auch mehrere andere westliche Länder betrifft. Populistische, rechtsradikale Parteien wachsen und wachsen, was die Bildung von Regierungsmehrheiten erschwert. Dies gilt auch für Frankreich. Es scheint unmöglich zu sein, eine Mehrheit für welche französische Regierung auch immer zu bilden", vermutet DAGBLADET.
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA konstatiert mit Blick auf Emmanuel Macron: "Seit der unglücklichen vorzeitigen Auflösung des Parlaments durch den Präsidenten im Sommer 2024 ist dies die dritte Regierung, die zum Rücktritt gezwungen wurde. Da der dem Élysée-Palast treue Block nicht nur keine Mehrheit im Parlament hat, sondern auch seine Verbündeten immer dünner werden, dürften auch weitere vom Präsidenten ernannte Kabinette zum Scheitern verurteilt sein. Und die Ausrufung weiterer vorgezogener Neuwahlen durch das Staatsoberhaupt würde wahrscheinlich zur Machtübergabe an den rechtsextremen Rassemblement National führen. Jede dieser Optionen sorgt in Europa für Besorgnis", notiert die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die italienische Zeitung LA REPUBBLICA aus Rom wundert sich, denn Macron "beauftragt ausgerechnet den zurückgetretenen Regierungschef mit einer letzten Mission - neue Konsultationen bis Mittwoch zu führen, um die Legislaturperiode vielleicht doch noch zu retten. Im Falle eines Scheiterns verspricht Macron, 'Verantwortung zu übernehmen'. Eine zweideutige Formel, die auf die Möglichkeit einer Auflösung des Parlaments und Neuwahlen hindeutet. Frankreich versinkt somit in einem beispiellosen politischen Chaos", schreibt LA REPUBBLICA.
Die französische Zeitung LIBÉRATION aus Paris empfiehlt: "Um das Ausmaß einer Krise zu verstehen, ist es auch hilfreich, zu ihren Ursprüngen zurückzugehen. Das kann dabei helfen, einen Ausweg zu finden. Die Ursache für die derzeitige Unruhe ist Emmanuel Macron. Als er nach der Europawahl die Auflösung des Parlaments verkündete, spielte er wie ein Zauberlehrling mit den Institutionen. Anschließend verschlimmerte er seine Lage, indem er sich von der Wahlrealität abwandte. Wie kann man von anderen politischen Akteuren verlangen, Kompromisse einzugehen, wenn man selbst dies abgelehnt hat?", fragt LIBÉRATION.
In einem Gastkommentar der japanischen Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio heißt es: "Ein Premierminister tritt direkt nach der Kabinettsbildung ab: Das ist ein beispielsloses Ereignis. Der Kapitän rechnete wohl damit, dass sein Schiff direkt nach der Abfahrt sinken würde. Lecornus Kalkulation: Mit dem eigenen Rausschmiss will er die Opposition unter Druck setzen. Nun muss Macron den achten Premier seit seinem Amtsantritt 2017 finden, allerdings gibt es derzeit nirgendwo solch' eine Persönlichkeit, auf die sich die Parteien einigen könnten", unterstreicht NIHON KEIZAI SHIMBUN.
Die US-amerikanische Zeitung THE WALL STREET JOURNAL aus New York betont, man solle nicht erwarten, dass "ein neu gewähltes Parlament die tiefere Krise Frankreichs lösen wird. Sie ist auf einen aufgeblähten Haushalt mit untragbaren Ausgaben zurückzuführen, die einer schwachen Wirtschaft den Lebenssaft entziehen. Die aufstrebende rechte Partei Rassemblement National von Marine Le Pen und das linke Lager – von denen vermutlich einer die Wahl gewinnen könnte – sind sich in kaum einem Punkt einig - außer darin, Kürzungen im Sozialstaat zu verhindern", hält THE WALL STREET JOURNAL fest.
Die spanische Zeitung EL PAÍS aus Madrid sieht Frankreichs Präsident in einer schwierigen Lage: "Emmanuel Macron ist nun isolierter denn je und steht vor einem nahezu unlösbaren Dilemma: Entweder hält der Präsident an seiner bisherigen Linie fest, auch wenn dies die politische Instabilität und die Kluft zwischen Bevölkerung und politischer Klasse weiter vertieften wird - oder er akzeptiert endlich das Ergebnis der von ihm selbst ausgerufenen Wahlen und gesteht der Linken zu, zumindest den Versuch einer Regierungsbildung zu unternehmen. Ein dritter Weg bestünde darin, das Parlament erneut aufzulösen - mit dem Risiko, das Rassemblement National weiter zu stärken und in der Nationalversammlung wieder in derselben Blockadesituation zu landen. Für diese Option könnte sich Macron aber trotzdem entscheiden", spekuliert EL PAIS.
Themenwechsel. Am Jahrestag des Überfalls der Terrororganisation Hamas auf Israel zieht die dänische Zeitung POLITIKEN eine Bilanz: "Heute, zwei Jahre später, ist es Netanjahu selbst nicht gelungen, die israelischen Geiseln der Hamas zurückzuholen. Er hat es nicht geschafft, die Hamas zu eliminieren. Laut dem israelischen Verteidigungschef ist er noch mehrere Monate davon entfernt, Gaza zu erobern. Eine Art Sieg für die Hamas. Netanjahus Wunsch, die Diskussionen über einen palästinensischen Staat zu beenden, ist völlig gescheitert. Israels beste Freunde im Westen erkennen heute Palästina als Staat an", bemerkt POLITIKEN aus Kopenhagen.
Die israelische Zeitung THE JERUSALEM POST zieht in ihrer Online-Ausgabe folgendes Fazit: "Auch wenn die Hamas militärisch besiegt ist, setzen andere den Angriff auf den einzigen jüdischen Staat und das jüdische Volk in Westeuropa, Nordamerika und Australien fort. Das Ziel dieser gut finanzierten, organisierten Kampagnen? Delegitimieren und Demoralisieren. Das ist kein Protest. Es ist Verfolgung, die sich als Prinzip tarnt. Es ist die Wiedergeburt des Ghettos – nicht mit Stacheldraht, sondern mit Hashtags, Petitionen und selektiver moralischer Empörung", kritisiert THE JERUSALEM POST.
Die chinesische Zeitung TAKUNGPAO blickt auf die laufenden Verhandlungen in Ägypten über den von US-Präsident Trump initiierten Plan für ein Ende des Gaza-Kriegs: "Kurzfristig ist nicht mit einem Durchbruch zu rechnen, und Frieden ist weiterhin nicht in Sicht. Der Grund dafür ist, dass sich Kernfragen wie der Rückzug der israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen und die Entwaffnung der Hamas nur sehr schlecht lösen lassen. Erschwerend hinzu kommt, dass die USA als Vermittler deutlich eine Position zugunsten Israels einnehmen. Der israelische Premier Netanjahu wird zudem von seinen rechtsextremen Koalitionspartnern bedrängt, die konsequent jeglichen Waffenstillstand ablehnen", argumentiert TAKUNGPAO, die in Hongkong erscheint.
Die panarabische Zeitung AL QUDS glaubt mit Blick auf die militant-islamistische Hamas, diese habe "keine andere Wahl, als den von Trump vorgelegten Plan zu akzeptieren, in der Hoffnung, dass der Druck der internationalen Gemeinschaft dazu beitragen wird, das Töten und die Zerstörung zu stoppen. In der Summe kann man sagen, dass Israel den Krieg politisch verloren hat, wie seine starke internationale Isolation und die wachsende Zahl von Ländern zeigen, die die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates im Rahmen einer Zweistaatenlösung fordern. Doch auch die Hamas hat eine Niederlage hinnehmen müssen. Sie blickt zurück auf einen zweijährigen Krieg, in dem mehr als 60.000 palästinensische Zivilisten getötet wurden." Wir zitierten AL QUDS mit Sitz in London.
Die britische Zeitung THE GUARDIAN aus London mahnt: "Jede Möglichkeit, diesen Vernichtungskrieg zu beenden, muss genutzt werden. Etwas Gutes könnte entstehen, wenn – und das ist ein großes Wenn – Trump und andere Druck auf Netanjahu ausüben und ein Abkommen schmieden, das die arabischen Nationen in jeder Hinsicht unterstützen können." Das war zum Ende der internationalen Presseschau ein Auszug aus THE GUARDIAN.