
Dazu schreibt die chinesische Zeitung XINMIN WANBAO: "Die Kehrtwende des französischen Präsidenten Macron, seinen Premier Lecornu doch noch einmal mit dem Versuch einer Regierungsbildung zu betrauen, ist angesichts der festgefahrenen politischen Krise des Landes zwangsläufig zum Scheitern verurteilt. Macron könnte nun das Parlament auflösen und Neuwahlen ausrufen. Da seine Zustimmungswerte inzwischen jedoch in den Keller gerutscht sind, würde dies das Ende seiner eigenen politischen Karriere bedeuten, weshalb es eher unwahrscheinlich ist, dass er sich für diesen Schritt entscheiden wird", vermutet XINMIN WANBAO aus Shanghai.
In der niederländischen Zeitung DE VOLKSKRANT heißt es dazu: "Einmal mehr wird deutlich, dass sich Macron in eine unmögliche Lage manövriert hat. Er will Sparmaßnahmen und Reformen durchsetzen, für die sich jedoch im Parlament keine Mehrheit finden lässt. Mit einem Umfang von mehr als 57 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gehören die Staatsausgaben Frankreichs zu den höchsten weltweit. Es scheint unvermeidlich, dass der Gürtel enger geschnallt werden muss, aber die Bevölkerung ist dazu bislang nicht bereit. Macron und seine bisherigen Premierminister wollen Kürzungen bei den Sozialleistungen und im riesigen Staatsapparat vornehmen. Aber die Mehrheit der Bevölkerung, insbesondere der politisch eher linksstehende Teil, wünscht sich im Gegensatz dazu mehr soziale Sicherheit", analysiert DE VOLKSKRANT aus den Niederlanden.
Die russische NESAWISSIMAJA GASETA blickt auf mögliche wirtschaftliche Folgen der Regierungskrise: "Die französische Wirtschaft erfüllt die Maastricht-Kriterien - und damit die Voraussetzungen für eine EU-Mitgliedschaft – seit Jahren nicht mehr, und es gibt keine Anzeichen für Wirtschaftswachstum. Werden die Staatsausgaben nicht gekürzt, wird die Investitionsattraktivität des Landes noch weiter sinken. Dann muss sich Frankreich von seiner bisherige Rolle verabschieden, eine der führenden Wirtschaftsnationen Europas zu sein", ist die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau überzeugt.
Die französische Zeitung LE FIGARO sorgt sich um die Außenwirkung der Regierungskrise im eigenen Land: "Macrons Nabelschau-Denken schadet leider auch Frankreich im Ausland. Jenseits der Grenzen beobachten unsere europäischen Verbündeten fassungslos ein Schauspiel, das sie bestürzt. Lange Zeit waren sie uns gegenüber nachsichtig, aber nun können sie diese Leichtfertigkeit nicht mehr ertragen. Unsere Unfähigkeit, trotz Rekorddefiziten einen seriösen Haushalt aufzustellen, betrübt sie. Da die Ermahnungen Europas bei uns kein Gehör finden, könnte der Elektroschock von den Finanzmärkten kommen, die ebenfalls alarmiert sind über diese chronisch gewordene Instabilität. In wenigen Tagen könnte die Ratingagentur Moody's die Bonität Frankreichs erneut herabstufen. Vorsicht vor den Folgen!", warnt LE FIGARO.
DIE PRESSE aus Wien vermutet: "In den USA blicken Präsident Trump und sein Vize Vance und Co. wohl genüsslich über den Atlantik und schauen zu, wie die Alte Welt implodiert. Das absurde Theater in Paris beflügelt die 'MAGA'-Elite in ihrer Hoffnung, dass das alte Europa jetzt wirklich untergeht. Frankreich ist für Amerikas Rechte seit jeher Inbegriff europäischer Dekadenz, aber es symbolisiert weit mehr für die Trump-Welt: Macron ist derzeit die mächtigste außenpolitische Stimme der verhassten EU. Einer Union, die immer noch internationale Kooperation, Handel, Marktwirtschaft und Rechtsstaat predigt, so, als wären die 1990er nie vorübergegangen. Die Herausforderung für Europas gemäßigte Parteien ist es, zu vermitteln, warum es kostbar ist, Teile der alten Welt zu bewahren. Zu zeigen, dass Politik sehr wohl gestalten kann – vielleicht einfach durch gutes Management und mit weniger Eitelkeit. Auch in Frankreich", empfiehlt DIE PRESSE aus Österreich.
Themenwechsel. Zum zweiten Jahrestag des Angriffs der palästinensischen Hamas auf Israel am 7. Oktober schreibt die ungarische Tageszeitung NEPSZAVA: "Die Erinnerung an die Gräuel des Terrorüberfalls wurde durch die Bilder vom Leiden im Gazastreifen schon längst in den Hintergrund gerückt. Die in Trümmer geschossene Enklave, die notleidenden Palästinenser, die hungernden Kinder zeugen von einer Hölle auf Erden. Die Welt draußen schreibt sie ausschließlich Israel zu, als hätte es den 7. Oktober 2023 nie gegeben. Weltweit tobt der Antisemitismus, Israel ist isoliert. Und warum? Weil die Regierung und ihr Chef Netanjahu, die die Demokratie in Israel nach und nach abbauen und sich auf rechtsextreme und ultrareligiöse Parteien stützen, in der Fortsetzung des Krieges die einzige Garantie für ihr politisches Überleben sehen. Und das um jeden Preis, auch um den der Aufopferung der israelischen Geiseln, der palästinensischen Zivilisten und selbst der Zukunft Israels", beklagt die in Budapest erscheinende NEPSZAVA.
Für die Zeitung AL AYYAM aus Ramallah befindet sich Israel in der "schwierigsten Lage seit seiner Gründung": "Zwei Jahre nach Beginn des Krieges ist das Land in den Augen vieler nicht mehr der Staat, als den es sich zumindest im Westen darstellte – nämlich als Oase der Demokratie und des Fortschritts im Nahen Osten sowie als Staat, der internationales Recht und internationale Normen respektiert. Doch angesichts der israelischen Gewalt haben eine Reihe westlicher Länder nicht nur den Staat Palästina anerkannt, sie haben zudem begonnen, Sanktionen gegen Israel und seine Vertreter zu verhängen. Eine der schwerwiegendsten Entwicklungen ist aber, dass Israel die Unterstützung der amerikanischen Juden verliert. Mehrheitlich lehnen sie die israelische Politik ab. Es ist an der Zeit, dass Israel auf ein Ende des Konflikts hinarbeitet. Dies aber ist unter der rechtsextremen Regierung sehr unwahrscheinlich", befürchtet AL AYYAM aus dem Westjordanland.
US-Präsident Trump hat einen Friedensplan für Gaza vorgelegt, über den derzeit Israel und die Hamas in Ägypten indirekt verhandeln. Der Kommentator der BANGKOK POST hebt hervor: "Wenn ein schlechter Mensch etwas Gutes tut, sollten wir ihn dafür ehren, auch wenn seine Motive egoistisch sind. Donald Trump versuche nur, Frieden im Nahen Osten zu schaffen, weil er den Nobelpreis haben wolle, heißt es. Er schimpft und droht und lügt. Er prahlt mit den sieben Kriegen, die er angeblich beigelegt/beendet/verhindert hat, aber er kann nicht einmal den Unterschied zwischen Armenien (wo es kürzlich einen Krieg gab) und Albanien (wo es keinen gab) erkennen. Das ist alles wahr, aber na und? Die Motive von Herrn Trump spielen keine Rolle, ebensowenig seine geopolitische Unkenntnis. Als US-Präsident ist er der einzige, der die Macht hat, die Hamas in Gaza und die derzeitige israelische Regierung zu Friedensgesprächen zu zwingen, und nach langem Zögern hat er diese Macht nun endlich eingesetzt", lobt die BANGKOK POST aus Thailand.
Für die italienische Zeitung LA STAMPA sind die indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas ein positives Signal: "Es ist bemerkenswert, dass im derzeitigen belasteten Kontext überhaupt über einen 'Friedensplan' verhandelt werden kann - mit zwei Parteien, die sich derart unversöhnlich gegenüberstehen. Für beide ist es überlebenswichtig, dass die Umsetzung der 20 Punkte des Plans von US-Präsident Trump dem jeweils anderen nicht erlaubt, sein Ziel zu erreichen. In wenigen Tagen indirekter Verhandlungen kann Scharm el Scheich nicht alle der komplexen Punkte abschließend klären, aber zumindest wäre der Plan - der erste Schimmer der Hoffnung auf Frieden in Nahost - endlich in Bewegung gesetzt. Die ersten vorsichtigen Rauchzeichen lassen darauf hoffen." Mit dieser Einschätzung von LA STAMPA endet die internationale Presseschau.