15. Oktober 2025
Die internationale Presseschau

Einige ausländische Zeitungen beleuchten die Chancen für einen dauerhaften Frieden im Gazastreifen. Auch die politische Lage in Madagaskar ist Thema. Doch zunächst geht es um die Regierungserklärung des französischen Premierministers Lecornu.

Frankreichs Premierminister Sebastien Lecornu steht am Rednerpult in der Französischen Nationalversammlung und spricht.
Ein Thema in den Kommentaren: Die Regierungserklärung des französischen Premierministers Lecornu in der Nationalversammlung. (picture alliance / SIPA / Stephane Lemouton)
Die französische Zeitung OUEST FRANCE bilanziert, die Ansprache Lecornus sei das, was man "als 'ein Angebot, das man nicht ablehnen kann' bezeichnet. Dies gilt umso mehr, als der Haushaltsentwurf am selben Morgen im Ministerrat vorgelegt wurde. Es ist für alle Seiten etwas dabei, aber mit dem klaren Willen, den Forderungen nach 'Steuergerechtigkeit' und Erhalt der Kaufkraft der Franzosen nachzukommen. Und auch wenn Lecornu zu vielen Zugeständnissen bereit ist, setzt er doch Grenzen: 'Ich werde nicht alles mitmachen', warnt er. Die Aussetzung der Rentenreform, die 2026 400 Millionen Euro und 2027 1,8 Milliarden Euro kosten wird, muss 'ausgeglichen werden' und 'darf nicht auf Kosten eines erhöhten Defizits gehen'. Am Ende überwiegt der Eindruck: Die Debatte ist so offen wie nie zuvor. Noch ist nichts entschieden, aber ein Weg aus der Blockade scheint gefunden zu sein", hält OUEST FRANCE aus Rennes fest.
Die italienische Zeitung LA REPUBBLICA aus Rom bewertet die angekündigte Aussetzung der Rentenreform wie folgt: "Eine überraschende Wendung, die zumindest vorerst einen der heftigsten sozialen und politischen Kämpfe seit Emmanuel Macrons Amtsantritt im Élysée-Palast beendet. Eine Kapitulation, die den Beigeschmack eines politischen Niedergangs hat. Die Symbolreform des Macronismus geht unter, sie war die umstrittenste, die am meisten gehasste, aber auch die vom Staatschef am hartnäckigsten verteidigte."
"Die politische Unsicherheit in Frankreich wird vermutlich nicht so schnell überwunden werden", schätzt die schwedische Zeitung SYDSVENSKAN: "Die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU stagniert damit weiter wegen ihrer fehlenden Reformbereitschaft, was Probleme für ganz Europa nach sich zieht. Das Risiko steigt, wenn sich das französische Parlament weiterhin nicht auf einen Haushalt verständigen kann. Dann könnte die Unzufriedenheit wachsen, was den Ultrarechten Aufwind bei den Präsidentschaftswahlen 2027 verschaffen könnte", spekuliert SYDSVENSKAN aus Malmö.
Themenwechsel. Die chinesische Zeitung XINMIN WANBAO beschäftigt sich mit der Lage im Gazastreifen: "Neue israelische Drohnenangriffe lassen Zweifel daran aufkommen, ob der vereinbarte Waffenstillstand wirklich Bestand haben wird. Vielmehr drohen nun neue Feindseligkeiten zwischen Israel und der Hamas, anstatt, dass neue Punkte von Trumps 20-Punkte-Plan angepackt werden. Es stellt sich die Frage, ob Israel sein Ziel, die Hamas vollständig zu vernichten, tatsächlich aufgegeben hat. Genauso muss man sich aber auch fragen, ob die Hamas bereit sein wird, Kompromisse einzugehen", notiert XINMIN WANBAO aus Schanghai.
Die polnische Zeitung GAZETA WYBORCZA aus Warschau geht auf die militant-islamistische Hamas ein. Diese habe inzwischen bestätigt, dass sie "die Verantwortung für die Sicherheit in der Enklave übernimmt. Das wird nicht einfach – zwei Jahre Krieg haben Gaza in völliges Chaos gestürzt. Kriminalität ist weit verbreitet und lokale Banden und bewaffnete Clans gewinnen an Stärke. Das amerikanische Friedensprojekt sieht die Aufstellung einer internationalen Truppe im Gazastreifen und die Errichtung einer Technokratenregierung vor. Darüber wurde aber bislang nicht weiter gesprochen – es gibt weder einen Zeitplan für solche Aktionen noch Informationen darüber, was nach dem Waffenstillstand in Gaza geschehen wird", wendet die GAZETA WYBORCZA ein.
Die dänische Zeitung POLITIKEN aus Kopenhagen stellt heraus: "Sollte es gelingen, auf die Waffenruhe zu bauen und einen realen Frieden zwischen Israel und Palästina herzustellen, wäre das tatsächlich ein kleines Wunder. Und obwohl es bis dahin noch ein langer Weg ist, besteht jetzt konkrete Hoffnung. Man muss ein Herz aus Stein haben, wenn einen die Freilassung der verbleibenden 20 israelischen Geiseln nach mehr als zwei Jahren Gefangenschaft kaltlässt", urteilt POLITIKEN.
Die panarabische Zeitung SHARQ AL-AWSAT sieht auch die Palästinenser in der Verantwortung: "Sie müssen sehen, dass es zu einer gerechten Lösung des palästinensisch-arabisch-israelischen Konflikts kommt - und zwar einem, der das Gesicht der Region dauerhaft verändert. Dazu gehört auch, dass die Autorität über den Gazastreifen wieder an sie übergeht und die Voraussetzungen zur Umsetzung der Zweistaatenlösung geschaffen werden. All dies wird dazu beitragen, eben jenem gerechten und umfassenden Frieden näher zu kommen, den der Gipfel in Scharm El-Scheich anvisiert hat." Das war SHARQ AL-AWSAT mit Sitz in London.
Die israelische Zeitung HAARETZ aus Tel Aviv kritisiert, dass der Premierminister nicht bei der Unterzeichnung des Gaza-Abkommens in Ägypten dabei war: "Netanjahu lehnte die Teilnahme an dem Gipfeltreffen unter Berufung auf die Bedeutung des jüdischen Feiertags Simchat Tora ab. Das war eine Ausrede, hinter der sich eine einfache Wahrheit verbirgt: Israels Premierminister fürchtet den Frieden mehr als den Krieg. Anstatt den historischen Moment zu nutzen,verweigerte sich Netanjahu - aus Angst vor einer Konfrontation mit seinen Koalitionspartnern."
Die estnische Zeitung POSTIMEES verweist auf die Ansprache des US-Präsidenten in der Knesset, dem israelischen Parlament: "Mehrere Male kam Trump in seiner Rede auch auf Russlands Angriffskrieg in der Ukraine zu sprechen. Mit Sicherheit hat Wladimir Putin dieser Rede nicht gerne gelauscht. Auch die Beruhigung der Lage im Nahen Osten dürfte ihm wohl kaum gefallen, denn damit wendet sich die Aufmerksamkeit der Welt wieder verstärkt der Ukraine zu. 'Als Nächstes konzentrieren wir uns auf Russland', bestätigte Trump und bekräftigte damit seine Entschlossenheit, auch einen Frieden in der Ukraine zu erreichen. Wie er das schaffen will, bekommen wir hoffentlich schon bald zu sehen", notiert POSTIMEES aus Tallinn.
Nun geht es um die politische Lage in dem vor der afrikanischen Ostküste liegenden Inselstaat Madagaskar. Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN konstatiert, das Militär habe dort die Machtübernahme verkündet: "Der Kommandeur der Eliteeinheit des Militärs, Randrianirina, erklärte vor dem Präsidentensitz, er werde Proteste der Bevölkerung respektieren und Parlamentswahlen organisieren. Präsident Rajoelina, der unter Druck stand, soll das Land verlassen haben. Die vor allem von jungen Menschen organisierten Anti-Regierung-Proteste breiteten sich Ende September landesweit aus. Am Anfang gab es noch tödliche Zusammenstöße mit Sicherheitskräften, aber die Eliteeinheit zeigte nach und nach ihre Solidarität mit der Bevölkerung. Die Kraft der so genannten 'Generation Z', die sich über die sozialen Netzwerke organisiert, sollte man nicht unterschätzen. In letzter Zeit häufen sich weltweit solche großen Demonstrationen: in Nepal, Indonesien oder Marokko, aber auch in Kenia oder Mosambik", schreibt ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Auch die norwegische Zeitung VERDENS GANG aus Oslo analysiert: "Der Zorn der jungen Menschen richtet sich oft gegen eine korrupte Führungsschicht. Wenn die Kinder von Politikern ihr luxuriöses Leben und ihre tollen Jobs vorführen, die sie den Kontakten ihrer Eltern zu verdanken haben, wächst die Wut. Das haben wir in Nepal erleben können, aber auch in Bangladesch, in Peru, in Serbien oder zuletzt in Madagaskar. Hier verließ der Präsident nach wochenlangen, von der 'Generation Z' angeführten Protesten in einem französischen Militärflugzeug das Land. Die Proteste richteten sich zuerst gegen den Mangel an Wasser und Strom, entwickelten sich aber rasch zu einem Aufstand gegen Korruption und Misswirtschaft. Die Proteste der 'Generation Z' sind effektiv, aber auch vom Zugang zu sozialen Medien abhängig. Darum haben es die jüngeren Menschen schwerer, sich in einem Land zu versammeln, in dem die Behörden die sozialen Medien kontrollieren", schätzt VERDENS GANG zum Ende der internationalen Presseschau.