16. Oktober 2025
Die internationale Presseschau

Deutschlandfunnk - die internationale Presseschau

Angetretene Rekrutinnen und Rekruten der Bundeswehr beim feierlichen Gelöbnis in Zweibrücken.
Angetretene Rekrutinnen und Rekruten der Bundeswehr beim feierlichen Gelöbnis in Zweibrücken. (imago / Björn Trotzki)
Themen sind heute der Streit in der deutschen Regierungskoalition über den neuen Wehrdienst. Außerdem geht es um die Regierungskrise in Frankreich und um das geplante Treffen zwischen dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und US-Präsident Trump in Washington. Doch zunächst ins Inland. "Den Umgang mit der Wehrdienstfrage kann man nur als mutlos und konfus bezeichnen", meint die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG. "Es lässt tief blicken, dass sich die Koalition selbst auf einen solchen Minimalkompromiss nur nach wochenlangem Gezänk einigen konnte. So schreckt Deutschland keinen einzigen Russen ab. Eher dürfte sich Putin in seiner Destabilisierungsstrategie bestätigt fühlen. Dass sich die Regierung selbst bei diesem für sie so zentralen Thema zerreibt, schmälert die Aussicht auf eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit beträchtlich. Wenn die Regierung nicht wie die Ampelkoalition enden will, muss sie sich jetzt endlich zusammenreißen. Wer den Ernst der Lage beschwört, muss auch entsprechend handeln. Sonst nimmt ihm keiner mehr ab, dass die Lage wirklich ernst ist", unterstreicht die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG
Die österreichische Zeitung DER STANDARD schreibt zu dem vorgeschlagenen Losverfahren: "Eine Tombola passt zum Volksfest, wo es ein Wellness-Wochenende oder ein Bierfass zu gewinnen gibt. Aber nicht zur Rekrutierung von jungen Menschen, die im Ernstfall Deutschland verteidigen müssen und ihr Leben verlieren könnten. Es wird nun ohnehin nichts draus. Union und SPD sind schon wieder zerkracht. Sie jagen eine Idee nach der anderen durch Berlin, finden keine Lösung und geben damit wieder einmal ein schlechtes Bild ab. Dabei will Kanzler Friedrich Merz die Bundeswehr zur stärksten Armee Europas machen. Anspruch und Wirklichkeit klaffen im Moment allerdings stark auseinander", konstatiert der Wiener STANDARD.
Die russische Zeitung KOMMERSANT notiert: "Die Zukunftsaussichten des Gesetzentwurfs sind unklar: Inhaltliche Verhandlungen zwischen den Koalitionspartnern sind gescheitert. Die Initiative geht heute in den Bundestag, wo sie in erster Lesung behandelt wird. Voraussichtlich wird das Dokument nachgebessert. Es ist jedoch noch unklar, ob dies tatsächlich geschieht und ob der Versuch, einen Kompromiss zu finden, in einem neuen Skandal endet“, erläutert der KOMMERSANT aus Moskau.
Nun zum nächsten Thema. Zum anstehenden Treffen des ukrainischen Präsidenten Selenskyj mit US-Präsident Trump in Washington heißt es im WALL STREET JOURNAL: "Trump erwägt, der Ukraine Langstreckenwaffen zur Verfügung zu stellen. Diese Marschflugkörper wären wertvoll, um Ziele tief im Inneren Russlands zu treffen und Putin zu zeigen, dass er keinen sicheren Rückzugsort in seiner Heimat hat. Sie wären auch ein Signal an Europa, dass es ebenfalls Langstreckenraketen an die Ukraine liefern kann. Das größere Kriegsrisiko liegt im Nichtstun. Putin testet die Entschlossenheit der NATO mit Drohnen und Luftraumverletzungen, und er wird weiter eskalieren, wenn er keinen Preis dafür zahlt. Manchmal tragen Tomahawks zum Frieden bei", glaubt die Zeitung WALL STREET JOURNAL, die in New York herausgegeben wird.
Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA erwartet: "Das Treffen des ukrainischen Präsidenten mit Trump wird aller Voraussicht nach dazu dienen, die Luftverteidigung und den Einsatz von Langstreckenwaffen wie den 'Tomahawk'-Marschflugkörpern zu besprechen. Dadurch könnte nicht nur der Krieg eine neue Wendung nehmen, sondern es würde auch eine klare Distanzierung zwischen Trump und Putin erfolgen, denn diese Waffen haben eine Reichweite von bis zu 2.500 Kilometern, was Moskau und den gesamten europäischen Teil Russlands einschließt. Trump ist wie immer unberechenbar, aber es könnte sein, dass er Putin damit ein Ultimatum stellen will: Entweder kehrt der russische Präsident an den Verhandlungstisch zurück, oder aber die Ukraine erhält Raketen, die Russland schwere Schäden zufügen können", analysiert LA VANGUARDIA aus Barcelona.
Die chinesische Zeitung WENHUI BAO ist der Ansicht: "Der russische Präsident lässt sich offenbar von Trumps Drohungen nicht beeindrucken. Noch vor Kurzem unterzeichnete er ein militärisches Abkommen mit Kuba und drohte den USA damit, Iskander- und andere ballistischer Raketen auf Kuba zu stationieren. Ferner versucht Putin die Ukraine-Frage wieder auf die Schiene der russisch-amerikanischen Verhandlungen zu bringen, indem er neue Gespräche mit dem Weißen Haus über die nuklearen Rüstungskontrolle führen will. Der Kreml drohte früher bereits mit einem Dritten Weltkrieg", erinnert WENHUI BAO aus Schanghai
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN kommentiert Trumps Aussage, wonach Indien kein russisches Öl mehr kaufen will: "Die Vorteile für Indien, russisches Erdöl zu kaufen, waren günstige Preise für die Bekämpfung der inländischen Inflation sowie weniger Abhängigkeit von den Golfstaaten. Aber weil die Ölpreise weltweit zuletzt niedrig geblieben sind, ist Erdöl aus Russland auch nicht mehr so attraktiv wie früher. Auch angesichts der Beziehungen zu den USA wäre es eigentlich überfällig, dass sich Indien für einen Importstopp von russischem Öl entscheidet. Für den indischen Premierminister Modi und seine Regierung, die das Image Indiens als 'starke Großmacht' pflegen, dürfte dies doch ein Rückschlag sein", unterstreicht NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Nun nach Frankreich. Mit der politischen Krise in unserem Nachbarland befasst sich die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT: "Die finanzielle Lage Frankreichs ist zwar schlecht, aber sie ist nicht hoffnungslos. Die Finanzmärkte werden ihr Vertrauen in Frankreich erst verlieren, wenn sie zu der Einschätzung gelangen, dass die Politik tatsächlich nicht mehr in der Lage ist, das Land ordentlich zu regieren und die Staatsfinanzen in den Griff zu bekommen. Dieser Moment schien in letzter Zeit allerdings immer näherzurücken. Anders als Deutschland oder die Niederlande hat Frankreich keine Tradition des Kompromisses und der Koalitionsbildung. Ein geschwächter Präsident, ein Parlament, das zersplittert und zu keinen Zugeständnissen bereit ist, und die traditionell große Macht der Straße bilden eine explosive Mischung, die zur Lähmung des Landes führen kann. Die politische Krise könnte sich zu einer Finanzkrise entwickeln, die wiederum auf die Eurozone und die EU übergreifen könnte", warnt DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.
Die Instabilität sei besorgniserregend, denn Frankreich sei die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU und habe eine Schlüsselrolle in Europa, betont die argentinische Zeitung LA NACION: "Die Lage zeigt auch, wie dysfunktional die französische Politik ist. Das Fehlen klarer Mehrheiten verhindert die Bildung stabiler Regierungen und untergräbt die internationale Glaubwürdigkeit einer der führenden europäischen Mächte. Das lässt sich an den Wirtschaftszahlen ablesen: Das Haushaltsdefizit ist hoch, und die Arbeitslosigkeit steigt, während das Bruttoinlandsprodukt auf der Stelle tritt. Die große Frage ist, ob sich die neue Regierung an der Macht halten kann", ist in LA NACION aus Buenos Aires zu lesen.
Die französische Zeitung LE FIGARO übt scharfe Kritik an den Plänen von Premierminister Lecornu: "Frankreich ist hoch verschuldet und es fehlen 23 Milliarden Euro in der Sozialversicherung. Angesichts einer solchen Katastrophe wären Vernunft und ein vorsichtiger Umgang mit öffentlichen Geldern angebracht. Außerdem wären ein Rettungsplan für die Zukunft des Sozialsystems und Garantien für die Gläubiger und Partner Frankreichs notwendig. Der Premierminister schlägt das Gegenteil vor. In diesem tragischen Stück ist der Stopp der Rentenreform ein unverzeihlicher Fehler. Wie alle Länder sieht sich auch Frankreich mit einer alternden Bevölkerung konfrontiert. Sein Rentensystem ist in jeder Hinsicht marode", hebt der Pariser FIGARO hervor.