
Die kolumbianische Zeitung EL ESPECTADOR stellt fest, Paz habe mit seinem "Slogan 'Kapitalismus für alle' 54 Prozent der Stimmen auf sich vereinen können. Der Kandidat der Mitte setzte sich damit gegen seinen konservativen Herausforderer Jorge Tuto Quiroga durch und beendete gleichzeitig die zwanzig Jahre lange Ära der sozialistischen MAS von Evo Morales. Für den Wahlsieg von Paz gab es mehrere Gründe. So hatte einerseits Morales seine Anhänger zum Wahlboykott aufgefordert, andererseits stimmten viele von ihnen aus Angst vor einem Sieg Quirogas für Paz. Außerdem gelang es Paz, die neue indigene Mittelschicht für sich zu gewinnen, die dank der früheren Sozialprogramme die Armut hinter sich lassen konnte. Das Wahlergebnis zeigt, wie sehr sich Bolivien verändert hat", unterstreicht EL ESPECTADOR aus Bogotá.
Die bolivianische Zeitung EL DÍA verweist auf die Rede von Rodrigo Paz an die Nation. Diese war "weder triumphierend noch feierlich, sondern nüchtern und ohne die übliche Theatralik von Siegern. Das war mehr als nur eine Pose, sondern das Signal von Rodrigo Paz, dass nun der Augenblick der Wahrheit gekommen ist. Monatelang vermied er es, klare Positionen zu beziehen, um die Wähler nicht zu verschrecken. Die Wahrheit hat in Bolivien für Kandidaten einen hohen Preis. Wer sie ausspricht, wird am Ende von einer Bevölkerung abgestraft, die lieber tröstende Worte als eine schonungslose Diagnose hören will. Das wusste Rodrigo Paz, und so sprach er von Anpassungen statt von Opfern und von einem schlechten, aber nicht hoffnungslosen Zustand", bilanziert EL DÍA aus Santa Cruz.
Die chinesische Zeitung GUANGMING RIBAO aus Peking beleuchtet den politischen Hintergrund von Paz: "Während es in den Familienannalen des früheren Bürgermeisters und Senators von Tarija mehrere Politiker aus dem linken Lager gibt, entschied sich Paz für die Politik der Mitte. Er versprach, das Land wieder auf einen Wachstumspfad zu führen sowie die Korruption zu bekämpfen und die Rechte der indigenen Bevölkerung zu achten."
Die polnische Zeitung GAZETA WYBORCZA sieht das neue bolivianische Staatsoberhaupt vor großen Herausforderungen - etwa dem "schwersten Wirtschaftseinbruch seit Jahrzehnten, eine Inflation von über 40 Prozent zu überwinden und eine Erholung vom Zusammenbruch der petrochemischen Industrie herbeizuführen. Die meisten Bolivianer leben nicht vom Staat. Im Gegenteil: Sie sind größtenteils kleine und mittelständische Privatunternehmer – Landwirte, Händler und Transportunternehmen –, die jedoch weder Steuern noch Beiträge zahlen. Rodrigo Paz verspricht seinen Landsleuten keinen Wohlfahrtsstaat, sondern günstigere Bedingungen für private Unternehmen. Doch er verfügt im Parlament nicht über die absolute Mehrheit. Paz wird Verbündete brauchen, um regieren zu können“, erwartet die GAZETA WYBORCZA aus Warschau.
Die spanische Zeitung EL PAÍS ist optimistisch: "Paz' Aufstieg an die Macht bietet einem von politischen und sozialen Spaltungen gezeichneten Land die Chance zum nationalen Wiederaufbau und ermöglicht es, nach vorne zu blicken, anstatt in den Brüchen der Vergangenheit gefangen zu bleiben. Die Herausforderung ist enorm. Ebenso groß ist aber auch die Hoffnung, dass Bolivien nach so vielen Jahren der Auseinandersetzung endlich einen Weg zu Stabilität und Wachstum finden kann", hält EL PAÍS aus Madrid fest.
"Die Bedeutung der Stichwahl um das Präsidentenamt in Bolivien reicht über die Grenzen des Andenstaates hinaus", betont die peruanische Zeitung EL COMERCIO aus Lima: "Schließlich ist das Ergebnis ein weiterer Meilenstein für den Niedergang eines politischen und wirtschaftlichen Modells, das im Widerspruch zur Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Lateinamerika steht. Gemeint ist der sogenannte Sozialismus des 21. Jahrhunderts, der von Hugo Chávez in Venezuela unter Anlehnung an die Diktatur in Kuba angestoßen und von Rafael Correa in Ecuador und Evo Morales in Bolivien aufgegriffen wurde. In gewisser Hinsicht versuchten auch die Kirchners in Argentinien und Gustavo Petro in Kolumbien diesen Weg einzuschlagen, doch hielten die Verfassungen ihrer Länder diesem Angriff stand. Tatsächlich wurde die sozialistische MAS in Bolivien bereits im ersten Wahlgang geschlagen, aber die Stichwahl lieferte die Bestätigung", analyisert EL COMERCIO.
Themenwechsel. Die norwegische Zeitung VERDENS GANG beschäftigt sich mit dem Waffenruhe-Abkommen zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas, das zuletzt brüchig war: "Die gegnerischen Parteien im Nahen Osten sind es so sehr gewohnt, dass Friedensversuche missglücken, dass sie aufgrund der Geschehnisse der vergangenen Tage nicht in Panik geraten. Es ist völlig unklar, wer den Gazastreifen kontrollieren soll, nachdem das israelische Militär abgezogen wird. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist eingeklemmt zwischen einem amerikanischen Präsidenten, der weiter vom Friedensnobelpreis träumt, und extremen Stimmen in seiner eigenen Regierung, die meinen, Israel müsse weiterkämpfen", gibt VERDENS GANG aus Oslo zu bedenken.
Die österreichische Zeitung DER STANDARD aus Wien sieht einen Verantwortlichen für die Zwischenfälle im Gazastreifen: "Die Hamas hat sich nicht verändert und versucht mit blanker Gewalt, die Kontrolle zu behalten: ein Hinweis darauf, dass andere Palästinensergruppen sie ihr streitig machen könnten. Aber auch intern bröckelt es: Ganz offensichtlich akzeptieren nicht alle Hamas-Zellen im Gazastreifen die Kapitulationsentscheidung der Verhandler in Ägypten."
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN aus Tokio warnt: "Sollten wieder heftige Kämpfe ausbrechen, wäre auch der Einsatz einer internationalen Truppe nicht mehr möglich. Das Problem ist, dass es nach der ersten Phase des Abkommens kein System zur Überwachung des Waffenstillstandes gibt. Die Lage um Rafah beispielsweise ist komplex und instabil."
Die türkische Zeitung DÜNYA aus Istanbul findet: "Es hatte sich abgezeichnet, dass dieser Frieden nicht über die 'Trump-Show' hinaus Bestand haben wird. Obwohl man sich irren möchte und sich einen dauerhaften Frieden wünscht, geben die Ereignisse, die seitdem stattgefunden haben, immer noch kein Vertrauen in die Entwicklung des Prozesses. Viele haben die Hoffnung verloren, nachdem sie die Reden von Netanjahu und Trump am Tag vor Ägypten in der Knesset, dem israelischen Parlament, gehört hatten. Von Frieden oder Prozess war da nichts zu hören", schreibt DÜNYA.
Die italienische Zeitung CORRIERE DELLA SERA bemerkt zu der vorgesehenen internationalen Stabilisierungstruppe: "Das Pentagon versucht, dafür eine Kerngruppe von Ländern zu bilden. Bisher haben die Konsultationen jedoch nicht die erwarteten Ergebnisse gebracht. Nur drei Länder - Aserbaidschan, Indonesien und Pakistan - sind bereit, sofort Truppen zu entsenden. Trump hingegen setzt vor allem auf Ägypten, die Türkei und Katar. Deren Staatschefs haben klargemacht, dass sie nur dann handeln würden, wenn die Mission durch ein UNO-Mandat gedeckt sei. Mit anderen Worten: Keiner der drei will ein Unternehmen im Dunkeln wagen." Das war der CORRIERE DELLA SERA aus Mailand.
Die panarabische Zeitung AL QUDS vermutet: "Dem amerikanischen Engagement zur Beilegung des Gaza-Krieges liegen ganz unterschiedliche Motive zugrunde. Der Wichtigste dürfte sein, bei den US-Verbündeten in der Region und in Europa wenigstens ein Mindestmaß an Glaubwürdigkeit zu behalten. Außerdem geht es Trump wohl auch darum, Israel vor den Folgen von Netanjahus rücksichtsloser Politik zu bewahren. Auf die Anliegen der Palästinenser ist diese Politik weniger ausgerichtet", moniert AL QUDS mit Sitz in London. Und mit diesem Kommentar endet die internationale Presseschau.