22. Dezember 2025
Die internationale Presseschau

Es geht um die politischen Folgen des Attentats am Bondi Beach in Australien, um den Zustand der Europäischen Union und um die teilweise Freigabe der Epstein-Akten durch das US-Justizministerium.

Teilweise geschwärzte Seiten zeigen die Vorladung der New Yorker Grand Jury im Rahmen der Ermittlungen gegen Jeffrey Epstein und Ghislaine Maxwell.
Teilweise geschwärzte Seiten zeigen die Vorladung der New Yorker Grand Jury im Rahmen der Ermittlungen gegen Jeffrey Epstein und Ghislaine Maxwell. Das Us-Justizministerium hat sie jetzt veröffentlicht (AP / Jon Elswick)
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA erwähnt einen "wahrhaft bizarren Vorfall" und schreibt: "Offenbar verschwanden weniger als 24 Stunden nach der Veröffentlichung 16 Dokumente von der Website des Justizministeriums. Journalisten stellten fest, dass die meisten davon mit Präsident Trump in Verbindung standen. Insbesondere ein Foto, das ihn, seine Frau Melania und Epstein mit dessen Komplizin Ghislaine Maxwell zeigte, war verschwunden. Trump hat nie bestritten, mit Epstein in Kontakt gestanden zu haben, aber er wies die Andeutungen von Journalisten, der milliardenschwere Pädophile habe ihn Melania vorgestellt, kategorisch zurück. Alle Umstände, zusammen mit der Schwärzung der Akten, deuten darauf hin, dass Donald Trump im Zusammenhang mit dem Epstein-Fall etwas zu verbergen hat", notiert die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Auch die chinesische Zeitung XINJING BAO erklärt: "Wie wohl alle gemerkt haben, sind nicht nur viele Materialien bis zur Unkenntlichkeit geschwärzt worden, sondern auch Präsident Trump ist darin wenig zu sehen. Stattdessen sieht man Ex-Präsident Clinton. Viele Zeichen deuten darauf hin, dass die republikanische US-Regierung das Thema zu Lasten ihrer politischen Gegner, der Demokraten, umdrehen wollte. Klar ist, weder Donald Trump noch Bill Clinton können die Flecken auf ihren Lebensläufen jemals wieder loswerden. Doch noch schlimmer ist der Schaden für das Land. Denn dabei erkennt man, wie die amerikanische Justiz heute immer mehr vom Machthaber instrumentalisiert wird", bemerkt XINJING BAO aus Peking.
DER STANDARD aus Österreich macht auf die Schwärzungen in den Epstein-Akten aufmerksam: "Es mag sein, dass die vielen, teils seitenlangen Schwärzungen nötig waren. Drei Terabyte an Daten binnen 30 Tagen korrekt zu anonymisieren: Das ist tatsächlich schwierig. Und es kann auch noch sein, dass rein zufällig in der ersten veröffentlichten Tranche zwar viele Promis, besonders oft Ex-Präsident Bill Clinton, aber fast nie Donald Trump vorkommt. Zusammengenommen ist es vor allem aber auch: auffällig. Zumindest der Anschein eines Ablenkungsmanövers ist schwer zu bestreiten", betont DER STANDARD aus Wien.
Veröffentlicht wurden auch neue Fotos des Bruders des britischen Königs Charles. Darauf bezieht sich der GUARDIAN. "Prinz Andrew in Sandringham, liegend auf den Beinen von fünf elegant gekleideten Frauen, während Epsteins Freundin Ghislaine Maxwell zusieht; Maxwell und Jeffrey Epstein bei einem Fotoshooting in der Nähe von Balmoral. Die scheinbar harmlosen Schnappschüsse an den exklusivsten Orten liefern einen weiteren Beweis dafür, dass König Charles keine andere Wahl hatte, als seinen umstrittenen Bruder ins Abseits zu stellen. Denn sie scheinen zu zeigen, wie der damalige Herzog von York diesem zersetzend wirkenden Paar Zugang zu den höchsten Kreisen der britischen Gesellschaft verschaffte. Jedes Mal, wenn solche Bilder auftauchen, wird die Öffentlichkeit daran erinnert, und das ist für die königliche Familie sicherlich sehr unangenehm", vermerkt THE GUARDIAN aus London.
Zu den Folgen des Terroranschlags auf ein jüdisches Fest am Bondi Beach bei Sydney meint THE DAILY TELEGRAPH aus Australien: "Was tun wir gegen die Einfuhr eines kulturellen Ökosystems, das uns nicht nur diese beiden mutmaßlichen Mörder beschert hat, sondern auch dschihadistische Prediger? Die politische Reaktion auf das Massaker von Bondi zeigt sich am besten in der erstaunlichen Forderung von Premierminister Minns, eine Kundgebung am Sonntag abzusagen – eine Kundgebung zur Verteidigung australischer Werte und zur Forderung nach Einwanderungsbeschränkungen, um den islamistischen Radikalismus einzudämmen. Wie empörend ist es, dass Politiker, die islamistische Hassprediger und todesverherrlichende palästinensische Demonstranten nicht mundtot machen wollen, nun stattdessen versuchen, die Friedlichen mundtot zu machen?", fragt THE DAILY TELEGRAPH aus Sydney.
In der italienischen Zeitung LA STAMPA ist zu lesen:  "Was in Sydney passiert ist, ist kein Zufall, sondern ein Zeichen. Es kann tatsächlich in jeder Stadt der Welt geschehen, in der noch immer leichtsinnig geglaubt wird, dass Worte nur Worte sind, dass Slogans nur diejenigen interessieren, die sie skandieren, und dass Hass, getarnt als vermeintliche Liebe zu einem leidenden Volk, sich der Verantwortung für seine Folgen entziehen kann. Der gesunde Menschenverstand gebietet uns zuzugeben, dass es Momente gibt, in denen die Geschichte Warnungen ausspricht. Sydney ist einer davon. Das müssen wir zur Kenntis nehmen." Soweit LA STAMPA aus Rom.
Mehrere Zeitungen widmen sich dem Zustand und der Zukunft der EU. So auch die türkische Wirtschaftszeitung EKONOMI: "Die Erfolgsgeschichte Europas nach dem Zweiten Weltkrieg ist einem Niedergang gewichen. Das Einstimmigkeitsprinzip in kritischen Fragen ist zum größten Problem der EU geworden. Auf dem letzten Gipfeltreffen in Brüssel konnten sich die Mitgliedstaaten nicht auf die Nutzung der eingefrorenen russischen Vermögenswerte einigen. Länder wie Ungarn, die Slowakei und Tschechien, die Moskau nahestehen, leisteten Widerstand. Die Mitgliedsländer einigten sich letztlich auf einen Kredit über 90 Milliarden Euro für die Ukraine. Mit dieser Entscheidung hat die EU einen weiteren Schlag im Hinblick auf ihre globale Wettbewerbsfähigkeit erlitten. Sie wird nicht in der Lage sein, die Investitionen zu tätigen, die notwendig sind, um mit den enormen Fortschritten der USA und Chinas in den Bereichen Technologie und Energie Schritt zu halten. Stattdessen wird das Geld für die Ukraine ausgegeben. Der Krieg in der Ukraine wird auf dem Rücken der europäischen Steuerzahler finanziert", so die Ansicht von EKONOMI aus Istanbul.
Die norwegische Zeitung VERDENS GANG stellt klar: "Es sind die USA, die der Ukraine die wirtschaftliche Unterstützung entzogen haben. Kyjiw darf allenfalls amerikanische Waffen kaufen, die von den Europäern bezahlt werden. Dagegen wenden die Europäer einen ukrainischen Staatsbankrott ab, und die eingefrorenen russischen Gelder können auch später noch auf dem Verhandlungstisch landen. Die EU hat zugegeben, dass der Kampf der Ukraine auch Europas Kampf ist. Allerdings tut sie sich noch schwer damit, die Ukraine dafür zu bezahlen, dass sie die EU verteidigt - und das, obwohl es sich um vergleichsweise wenig Geld handelt, verglichen beispielsweise mit den Kosten für die Pandemie", schätzt VERDENS GANG aus Oslo.
Die türkische Zeitung YENI BIRLIK kommentiert: "Als die USA ihre jüngste Nationale Sicherheitsstrategie bekannt gaben, wurde bereits die These vom 'Ende Europas' aufgestellt. Die internationale Konjunktur und der Hass der Trump-Regierung auf Europa bieten Europa tatsächlich kurzfristig keine guten Möglichkeiten. Aber die EU ist nach wie vor resilient. Das hat der Streit um die Finanzierung der Ukraine deutlich gemacht. Langfristig kann es der EU gelingen, sich umzugestalten und eigene Verteidigungskapazitäten aufzubauen. Kurzfristige pessimistische Szenarien können langfristige Veränderungen auslösen. Das sollte nicht vergessen werden", mahnt YENI BIRLIK aus Istanbul.
Die schwedische Zeitung EXPRESSEN stellt fest: "Europa hat durch die EU den größten und reichsten Konsumentenmarkt der Welt geschaffen. Das macht unsere Wirtschaft unglaublich attraktiv und verleiht uns große Stärke. Wir haben die beste parlamentarische Demokratie der Welt, und wir sind Weltmeister in der Bildung von Kompromissen, obwohl wir viele unterschiedliche Sprachen sprechen und unsere eigene Kultur pflegen. Wir haben ein funktionierendes Bildungs- und Gesundheitssystem und wir können in sauberen Gewässern baden. Weder das russische noch das amerikanische Modell haben ihren Bürgern so viel zu bieten wie wir. Ein Hoch auf uns und das europäische Modell", bilanziert EXPRESSEN aus Stockholm zum Ende der Internationalen Presseschau.