31. Dezember 2025
Die internationale Presseschau

Mit Rückblicken und Ausblicken zum Jahreswechsel und mit Kommentaren zu den zunehmenden Spannungen zwischen den USA und Venezuela.

US-Soldaten stehen auf einem Kriegsschiff, die US-Flagge weht an einem kleinen Mast.
Das US-Militär hat eine Hafenanlage in Venezuela angegriffen - ein Thema der internationalen Kommentar. (AFP / MARTIN BERNETTI)
"Die Kanonenbootdiplomatie ist zurück", wird im britischen GUARDIAN getitelt. "Trump hat tödliche Angriffe auf mutmaßliche Drogenboote in internationalen Gewässern angeordnet – außergerichtliche Tötungen, die die Regierung zu legitimieren versucht, indem sie Drogenhändler willkürlich als Terroristen einstuft – und er hat mit Militärschlägen gegen Mexiko, Venezuela und jedes andere Land gedroht, das er für den Drogenkonsum in den USA verantwortlich macht. Berichten zufolge hat sich sogar die CIA mit Drohnen an Angriffen auf eine venezolanische Hafenanlage beteiligt. Wie weit werden die USA noch gehen?", wird in einem Kommentar im GUARDIAN aus London gefragt.
Ein Kommentator der Zeitung JIEFANG RIBAO aus Schanghai analysiert: "Trump benötigte vor Jahresende dringend eine Erfolgsmeldung, und dafür hat sich diese gezielte CIA-Operation gegen angebliche Drogenschmuggler angeboten. Ein Einsatz mit US-Kampfflugzeugen wäre wegen der russischen Luftabwehrraketen, über die Venezuela verfügt, zu riskant gewesen. Da eine große Mehrheit der US-Bürger eine groß angelegte Militäraktion ablehnt, wird es Trump wohl auch künftig bei wiederholten Einschüchterungsversuchen belassen. Derzeit ist außerdem zu beobachten, dass Venezuela in der ganzen Welt umso mehr Zuspruch erhält, je aggressiver Washington gegen das Land vorgeht". Eine Stimme aus der chinesischen Zeitung JIEFANG RIBAO.
Ein Autor des US-Medienportals COMMON DREAMS mit Sitz in Portland mahnt: "Ein sogenannter 'Krieg gegen Drogen' hat noch nie zu einer Eindämmung des Verkaufs oder Konsums von Betäubungsmitteln oder zu einem Schutz der amerikanischen Bevölkerung geführt. Vielmehr diente er als Mittel zum Zweck, um den amerikanischen Machteinfluss zu steigern."
Ein Kommentator der pakistanischen Zeitung THE DAWN aus Karatschi meint: "Der US-Präsident ist besessen von einem Regimewechsel in Venezuela, kümmert sich aber wenig darum, dass die USA unter den Ländern mit den höheren Durchschnittseinkommen in der OECD den ersten Platz in Bezug auf relative Armut und den zweiten Platz in Bezug auf Kinderarmut und Säuglingssterblichkeit einnehmen."
"Welchem Zweck dient ein Krieg mit Venezuela?", lautet eine Frage in der MANILA TIMES mit Blick auf mögliche Folgen für Ostasien. "Einige Analysten befürchten, dass ein Krieg der USA in Lateinamerika die Taiwanstraße für China völlig offen lassen würde - obwohl die USA stets entschlossen betont haben, Taiwan und seine berühmte Halbleiterindustrie gegen die kommunistischen Chinesen zu verteidigen. Als Deal-Maker par excellence sollte es Trumps Aufgabe sein, ein Abkommen zu schließen, das Krieg und Kriegsnebel vermeidet und einen funktionierenden Frieden hervorbringt", lautet ein Kommentar aus der philippinischen MANILA TIMES.
Ein Leitarktikel der japanischen NIHON KEIZAI SHIMBUN greift die Militärübung Chinas vor der taiwanischen Küste auf: "Diese gefährliche Aktion Chinas, die die Stabilität in Ostasien erschüttert, ist völlig inakzeptabel. Besorgniserregend ist die Reaktion von US-Präsident Trump: Er sagte, er sei von Chinas Manöver nicht beunruhigt. Wird Trumps Peking-freundliche Haltung noch stärker, könnte die Abschreckungsfähigkeit des Westens gegenüber China sinken. Tokio und Washington sollten die Lage analysieren und sich mit dem Aufbau von Gegenmaßnahmen beeilen", wird in der Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio gefordert.
"Schnallen Sie sich an für ein turbulentes Jahr mit Trump, Xi und Kim", erwartet eine Kommentatorin des US-Nachrichtenportals BLOOMBERG aus New York. "In 2025 blühte die Bromance zwischen US-Präsident Trump und Chinas Staatschef Xi auf, der Druck auf Taiwan stieg an und ein erstarkter nordkoreanischer Machthaber Kim näherte sich sowohl Moskau als auch Peking an. Diese Dynamik wird im neuen Jahr zunehmen und vor allem in Asien zu spüren sein."
In der Zeitung THE INDIAN EXPRESS aus Mumbai wird auf 2026 geblickt: "Morgen, wenn das neue Jahr beginnt, müssen wir nach einem neuen Kompass suchen. Wir haben uns auf einen alten Kompass verlassen, der ausgedient hat. Nach einer langen Zeit der Selbstzufriedenheit stehen wir nun vor zerbrochenen Handels- und Lieferketten, geopolitischen Spannungen und orientierungslosen multilateralen Institutionen."
In der türkischen Zeitung POSTA aus Istanbul wird die Lage im Nahen Osten aufgegriffen: "Das schmerzlichste Bild des Jahres war das der Palästinenser in Gaza. Auch für die Aktivisten der islamischen Welt war das Jahr 2025 eine Enttäuschung. Die Hisbollah ist zusammengebrochen. Die Führung der Hamas ist komplett verschwunden. Der Iran ist nicht mehr der Königsmacher der Region und weder politisch noch militärisch in der Lage, Israel die Stirn zu bieten."
In der panarabische Zeitung AL ARABY AL-JADEED wird kommentiert: "Im Gazastreifen wird dieser Tage nicht über den Beginn eines neuen Jahres, sondern über das Ende der Welt geschrieben. Der Landstreifen ist dabei, sich von einem Krieg zu erholen, der vom Verlust jeglicher Menschlichkeit geprägt war. Die extreme Gewalt ist vorüber, doch die Lage bleibt düster. Denn es scheint, als würde die Welt Gaza zunehmend vergessen. Diese Gleichgültigkeit reißt bei den Bewohnern einen neuen Schmerz auf, nämlich den der Vernachlässigung. Die Bevölkerung hat zunehmend das Gefühl, isoliert zu sein. Mehr und mehr verliert sie die Hoffnung, jemals wieder ein wirkliches, also ganz normales Leben führen zu können". Das war eine Stimme aus der Zeitung AL ARABY AL-JADEED mit Sitz in London.
Ein Kommentator der ägyptischen Zeitung AL-AHRAM blickt auf die Beziehungen zwischen Ägypten und der EU im kommenden Jahr: "Seit Jahrzehnten ist Kairo unverzichtbar für die Stabilität im Nahen Osten und in Nordafrika. Ägypten hat Millionen von Flüchtlingen aufgenommen, in Konflikten in Libyen, im Sudan und im Gazastreifen vermittelt und seine Grenzen kontrolliert, um ein Übergreifen der Krisen auf Europa zu verhindern. Dennoch sieht sich Ägypten nun mit einer Reihe schwieriger und unvermeidbarer Fragen hinsichtlich seiner Partnerschaft mit der Europäischen Union konfrontiert. Es muss erkannt werden, dass nur eine auf Gleichberechtigung und Respekt basierende Partnerschaft Stabilität, Wohlstand und Sicherheit gewährleisten kann. Das Jahr 2026 wird den Kurs dieser Partnerschaft bestimmen, von der viel abhängt", erwartet ein Autor von AL-AHRAM aus Kairo.
"Das düstere, schwierige Jahr 2025. Gab es irgendetwas Gutes in diesem Jahr?", wird in der polnische GAZETA WYBORCZA erörtert. "Zu den positiven Entwicklungen könnten auch Kriege zählen, die nicht ausgebrochen sind, aber laut Expertenprognosen hätten ausbrechen können. So gab es weder eine chinesische Invasion Taiwans noch eine venezolanische Invasion Guyanas. Und auch das Worst-Case-Szenario, dass israelische Luftangriffe auf den Iran und den Libanon zu einem langwierigen regionalen Konflikt führen würden, trat nicht ein. China, der größte CO2-Emittent, hat bewiesen, dass es wirtschaftlich wachsen und gleichzeitig Emissionen reduzieren kann. China installiert derzeit mehr Solaranlagen als der Rest der Welt zusammen und kann so die Kohleproduktion herunterfahren. Auch Indonesien hat Programme gestartet, um Kohlekraftwerke vorzeitig stillzulegen. Die Welt ist also nicht dem Untergang geweiht", lautet ein Fazit aus der Warschauer GAZETA WYBORCZA.
Zum Abschluss ein Appell zum Jahreswechsel aus der südafrikanischen Zeitung THE CITIZEN aus Johannesburg. "Wenn heute Nacht die Uhr Mitternacht schlägt, könnte es Zeit für Neuanfänge sein. Wenn wir uns bemühen, unseren kleinen Teil der Welt ein bisschen besser zu machen, andere ein bisschen besser zu behandeln, dann werden unsere Worte und Taten vielleicht zum Auslöser für die Veränderungen, die wir uns wünschen."