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Die Kinder-Uni Tübingen geht in die zweite Saison

Thomas Wagner | 20.06.2003
    Im großen Hörsaal des so genannten "Kupferbaus" der Universität Tübingen ist an diesem Nachmittag kein Platz mehr frei: Über 1000 Mädchen und Jungen drängeln sich auf den Bänken. An diesem Nachmittag ist ihr Tag. An diesem Nachmittag ist "Kinder-Universität".

    Mich interessieren hier die Fragen auch. Was hier erklärt wird und so. Warum Menschen nicht geklont werden dürfen"

    "Wir sind hier mit der Klasse hergekommen. Und ich finde es schon interessant hier, den Vortrag anzuhören"

    Genau das ist das Thema. Eine "echte" Nobelpreisträgerin tritt vor die große Kinderschar: Professor Christiane Nüsslein-Vollhard, eine der wohl berühmtesten Naturwissenschaftlerinnen Deutschlands. Alles rund ums Klonen erzählen, und das gerade mal in einer Stunde - das ist selbst für die renommierte Tübinger Wissenschaftlerin eine harte Nuss. Zumal sie über das Thema mit den Kindern völlig anders reden muss als mit ihren Studenten. Natürlich kommt die Rede, wenn s ums Klonen geht, schnell auf das berühmte Klon-Schaf Dolly.

    Und bei Dolly war das so, dass sich bei 300 Versuchen nur eines zu einem Schaf entwickelt hat. Und daran sieht man, dass es kein leichtes Experiment ist. Und inzwischen geht es auch nicht leichter. Das muss man auch wissen. Man kann also nicht einfach in den Laden gehen und sagen: Mach mir mal ein Tier. Das ist ganz, ganz schwierig.

    Das ist die Sprache, die auch Kinder verstehen. Und so wird dann komplizierte Wissenschaft in der Tübinger Kinder-Uni zum Kinderspiel - vor allem dann, wenn die Mädchen und Jungen selbst betroffen sind. Warum darf man Menschen nicht Klonen ? Ganz einfach:

    "...weil das schlecht für die Kinder ist. Ich weiß nicht, ob Ihr gerne jemand sein wolltet, der noch einmal auf der Welt rumläuft, noch nicht einmal vielleicht bekannt für Euch. Ihr wisst das gar nicht, vielleicht trefft er den dann mal und sagt: Du lieber Himmel, genau das Gleiche noch einmal !Ich weiß auch nicht, wer gerne ein Klon wäre,. Und ich finde es auch lustig und nett, dass Ihr alle verschieden seid. Wenn Ihr jetzt alle gleich wäret, nämlich ein Klon, dann wär’ das furchtbar langweilig. Da kann man sich gar nicht lange mit Euch unterhalten, weil Ihr alle das gleiche denken würdet vielleicht. Und das ist auch ein wichtiger Grund, weshalb ich finde, dass sich das Klonen beim Menschen überhaupt nicht gehört. So, jetzt bin ich fertig.

    So kann Wissenschaft viel spannender sein als die Tele-Tubbies - der brausende Beifall beweist es.

    Es war spannend. Nur mich hat erst gewundert, ob die Frage noch kommt, ob der Mensch also , ob es gefährlich ist und so, und das kam dann zum Glück noch.

    Dieses Thema fand ich jetzt nicht so gut. Letztes Jahr kamen irgendwie bessere Themen: Wie Vulkane entstehen und sowas.

    Naja, die Themen der Tübinger Kinderuniversität sind ein bisschen auch Geschmacksache . Allerdings, so Pro-Rektorin Professor Barbara Schlotmann: Alles, was im Rahmen der Tübinger Kinder-Universität angeboten wird, sollte irgendwie schon einen Bezug zur Welt der Kinder haben:

    Also beispielsweise so Themen wie: Warum fallen die Sterne nicht vom Himmel? 'Das ist ja eine Frage, die sich viele Kinder, viele intelligente Kinder stellen. Oder: Warum träumen wir ? Warum haben wir einen kleinen Mann im Ohr? - ein medizinisches Thema. Oder: Warum dürfen Erwachsene mehr als Kinder? Ein Thema für einen Kinderpsychologen. Wichtig ist, dass die Kinder einen unmittelbaren Zugang haben von der Themenstellung her.

    Den Wissensdurst der Kinder stillen - das ist ein Ziel der Tübinger Kinderuniversität. Daneben steckt ein ganz und gar nicht uneigennütziger Gedanke hinter dem Konzept.

    Ein bisschen war vielleicht auch der Gedanke, die Kinder an die Universität heranzuführen. Das ist ja, wie man sieht, auch ganz hervorragend gelungen.

    Wohl wahr, denn fast alle Vorlesungen der Tübinger Kinderuniversität sind vollbesetzt. Und das lässt für Barbara Schlotmann den Schluss zu: Die Kinder von heute sind in Sachen Wissensdurst und Bildungshunger viel besser als ihr - teilweise schlechter - Ruf:

    Aber dass Kinder ein ganz hohes Potential haben an Interesse, an Bereitschaft und Fähigkeit, zu lernen - das steht für mich ganz außer Zweifel. Und so eine Veranstaltung wie die Kinder-Uni demonstriert das in hohem Maße.